Industrie 4.0: Standards für Sicherheit fehlen noch
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Industrie 4.0: Kaum ein anderer Begriff sorgt derzeit für dermaßen viel Diskussion. Während die einen darin eine Möglichkeit sehen, die industrielle Fertigung wieder zurück nach Europa zu holen und mit Know-How zu glänzen, befürchten Kritiker massive Jobverluste. Der übliche Aufschrei, wenn es um das Thema Digitalisierung geht? Geht es nach Jörg Krautter, Vice President für den Bereich Automation bei Murrelektronik, sei die Aufregung verfrüht. “Das Schlagwort Industrie 4.0 klingt zunächst großartig und wird auch bereits überall diskutiert. Doch was es bedeutet, ist nicht so wirklich klar”, so Krautter.
Noch keine Gefahr
Er arbeitet als Mitglied des Industrie 4.0-Fachausschusses des ZVEI (Zentralverband Elektroindustrie) aktiv an der Definition der neuen Standards mit. “Wir haben vor mehr als zehn Jahren erstmals mit den Planungen begonnen”, erklärt Krautter. Während man sich in vielen Bereichen bereits auf technische Standards geeinigt hat, fehlen diese in einigen kritischen Bereichen noch - unter anderem bei der Sicherheit. “Aus der Sicht von Hackern, die eine Firma angreifen wollen, ist das Ziel klar. Dieses Problem ist bis heute nicht gelöst - und ohne eine Antwort wird Industrie 4.0 nie existieren.”
Die virtuelle Fabrik
Die wahre digitale industrielle Revolution werde es aber erst geben, wenn auch die Vernetzung der Firmen untereinander ermöglicht werden kann. Dann erhalte jede Fabrik auch eine virtuelle Identität, die Informationen über vorhandene Produktionsanlagen beinhaltet. Erste Ansätze gibt es bereits in der Automobil-Industrie, in der sich das auf XML basierende Format AutomationML durchgesetzt hat. So können auf Basis der Produktinformationen virtuelle Fertigungslinien aufgebaut und die Produktion simuliert werden. Die Idee: Fertigungslinien werden nicht mehr für die Produktion von bestimmten Produkten aufgebaut, sondern das Produkt sucht sich die passenden Fertigungsstätten aus.
Von Österreich in den Osten
Ein Zwischenschritt auf dem Weg zur vernetzten Fabrik sieht Murrelektronik in “Zero Cabinet”. Dabei wird die Installationstechnik vom Schaltschrank ins Feld, direkt bei den Maschinen, verlegt. Das soll auf die Dauer Zeit bei der Installation und Wartung sparen sowie längerfristig Kosten sparen, wie Andreas Chromy, Geschäftsführer für Murrelektronik Österreich und CEE, erklärt: “Ich bin überrascht, wie viele Hersteller noch mit Point-to-Point- statt dezentralen Installationen arbeiten.” Er hat den Österreich-Standort des deutschen Unternehmens 2008 aufgebaut, mittlerweile expandiert man von hier aus nach Ost- und Zentraleuropa.
Mensch bleibt der Fokus
Vorbereitend darauf baut der deutsche Hersteller von Automatisierungstechnik sein Osteuropa-Geschäft stark aus - und Österreich dient als Zentrale hierfür. Der österreichische Markt sei wichtig für Murrelektronik, auch wenn man hier bei weitem nicht so rasch wachse wie in Osteuropa. “Wir sehen von der technologischen Seite viel mehr Wachstumspotential in Österreich als von der ökonomischen”, wie Schyboll erklärt. So befinde man sich dank zahlreicher österreichischer “Global Player” technologisch fast auf Augenhöhe mit Deutschland. Unter anderem zählen Magna, Palfinger und Doppelmayr zu Murrelektroniks Kunden.
Auf dem Weg dorthin ist man aber noch mit einigen Hürden konfrontiert. Neben der Suche nach technischen Standards müssen sich auch die Arbeitsweisen im Unternehmen an die neue industrielle Welt anpassen. So sollen künftig alle Abschnitte des Produktzyklus digital erfasst werden, von der Entwicklung bis hin zum Recycling. Auch nach der Produktion sollen die realen Produkte mit ihrem virtuellen Gegenstück verbunden bleiben. Dazu soll es eine eindeutige ID geben, die die Geschichte des Produktes erzählt. Den Kern der digitalen Fabrik sollen aber nicht etwa Roboter, sondern weiterhin Menschen bilden, wie Krautter betont: “Die Menschen treffen letztendlich die Entscheidungen. Wir wollen keine vollautomatisierte Welt ohne uns.”
Kommentare