"Leute sind bereit für Inhalte zu bezahlen"
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Die Leute seien durchaus bereit für Inhalte im Internet zu bezahlen, sagte die Medienwissenschaftlerin Gisela Reiter am Donnerstag beim futurezone Day am Wiener Erste Campus, bei dem neben E-Sports und Mobilitätskonzepten auch Chancen und Herausforderungen von Paid Content erörtert wurden. Wie aber können österreichische Medien diese Zahlungsbereitschaft nutzen? "Man muss Inhalte schaffen, die einen einzigartig machen", sagte ORF-Online-Direktor Thomas Prantner. "Wer die besten Inhalte hat, wird den Kampf um die Kunden gewinnen."
Man brauche die richtigen Inhalte für die jeweilige Nutzergruppe, meinte Kurier-Geschäftsführer Thomas Kralinger. Dabei werde vor allem die Marke eine wichtige Rolle spielen. Medien müssten auch die Bedürfnisse der Menschen stärker berücksichtigen: "Geschichten müssen so geschrieben sein, dass die Bürger etwas mitnehmen können, nur dafür wird man bezahlen."
Übergangsphase
Für Journalismus hätten die Leute auch vor dem Internet bezahlt, meinte Marlene Auer, Herausgeberin des Medienmagazins "Horizont". Was die Zahlungsbereitschaft betreffe, habe sich die Situation gegenüber den vergangenen Jahren verbessert, die Branche befinde sich nun in einer Übergangsphase. Und die sei trotz erster Erfolge, etwa bei der "New York Times" aber auch bei deutschen Medien wie der "Zeit", noch lange nicht vorbei. Medienhäuser müssten Interessen gezielt ansprechen und individuelle Pakete für einzelne Nutzer schnüren, mahnte Auer. "Man muss den Leuten Inhalte geben, die sie woanders nicht bekommen."
Vor ein paar Jahren hätte auch niemand für Musik im Internet bezahlt, meint Kralinger. Heute würde die Musikbranche wieder Geld verdienen. Im Nachrichtenbereich sei man gerade dabei, die Phase der Gratisinhalte zu beenden.
"Qualität ist ein Problem"
Für den Journalismus habe die Suche nach Geschäftsmodellen im Netz bisher hauptsächlich negative Auswirkungen gehabt, sagte der Medienhistoriker Fritz Hausjell von der Universität Wien. "Wir haben heute viel schlankere Redaktionen, die Qualität ist ein Problem." Österreichische Medien hätten der Gratiskultur im Netz lange nichts entgegengesetzt, kritisierte Hausjell. Zeitungen hätten ihre Online-Inhalte mit den Einnahmen aus dem damals noch lukrativen Printwerbegeschäft querfinanziert und darauf gesetzt, dass sie mit Online-Werbung einmal Geld verdienen würden. "Das hat aber nicht funktioniert, das Geld geht heute vor allem an die US-Giganten."
ORF-Rückzug von Facebook
Fast 50 Prozent aller Online-Werbeeinnahmen würden an Google und Facebook gehen, sagte ORF-Direktor Prantner: "Das geht allen ab." Prantner kündigte an, dass der ORF sich in den nächsten Jahren schrittweise von Facebook und auch von YouTube zurückziehen werde. "Wir haben die TVThek und die Webseiten österreichischer Zeitungen, wo auch ORF-Videos zu sehen sind."
Prantner regte auch Allianzen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern an, um gegen Internetkonzerne, wie Google oder Facebook, bestehen zu können: "Wir können nur gewinnen und überleben, wenn wir gemeinsam vorgehen." Bei teuren Inhalte sei es sinnvoll zusammenzuarbeiten, entgegnete Kurier-Geschäftsführer Kralinger. "Wenn es gleichzeitig aber freie Angebote gibt, haben es Bezahlmodelle für Print-Medien schwer."
Vertrauen
Die Leute würden wieder zu klassischen und öffentlich-rechtlichen Medien gehen, um sich zu informieren, sagte Medienwissenschaftlerin Reiter. Dazu hätte nicht zuletzt die Debatte über Fake-News beigetragen. Den Medienmarken werde Vertrauen entgegengebracht: "Darauf kann man aufbauen."
Kommentare