Beschwerden über Paketzustellung stark gestiegen
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Pakete, die im Paketshop abgegeben wurden, obwohl man zum Zustelltermin zuhause war, oder über deren Abgabeort die Empfänger gar nicht informiert werden. Fast jeder, der online einkauft, hat damit schon Erfahrungen gemacht. Die Beschwerdefälle bei der Schlichtungsstelle der Telekommunikations-Regulierungsbehörde RTR, die auch für Postdienste zuständig ist, sind im vergangenen Jahr jedenfalls stark gestiegen.
Der Zuwachs betrug 48 Prozent. Insgesamt habe man es mit 519 Fällen zu tun gehabt, sagt Klaus Steinmaurer, Geschäftsführer des Bereichs Telekommunikation und Post bei der RTR, bei der Präsentation des Streitschlichtungsberichts 2019 am Mittwoch in Wien. 351 betrafen Pakete, 124 Briefe. Der Anstieg sei zwar enorm, er werde aber durch das hohe Paketvolumen relativiert, meint der RTR Geschäftsführer. Insgesamt seien immerhin 245 Millionen Pakete und 612 Millionen Briefe verschickt worden.
Post Spitzenreiter, kaum Beschwerden über Amazon
Die meisten Beschwerden bezogen sich mit 336 auf die Österreichische Post, gefolgt von DHL Paket (82), das mittlerweile auch zur Post gehört, sowie auf den Anbieter DPD (36). Beschwerden zum hauseigenen Amazon-Zustelldienst, der seit einem Jahr auch in Österreich aktiv ist, scheinen in der Statistik nicht auf. Darüber sei man verblüfft gewesen, sagt Gregor Goldbacher, Teamleiter Schlichtungsstelle und Nutzerrechte bei der RTR. Die RTR sei möglicherweise auch nicht die erste Ansprechstelle bei Beschwerden, vermutet Goldbacher: "Viele machen sich das direkt aus."
Ansonsten entspreche die Verteilung grob der Marktmacht der einzelnen Anbieter. Die Post sei auch der größte Zusteller und auch der einzige, der Briefzustellungen anbiete. Rückschlüsse auf die Arbeitsbedingungen der Zusteller, die oft in Subunternehmen beschäftigt sind und auch häufig nach Stückzahlen bezahlt werden, ließen sich aus den Zahlen nicht ableiten, sagte RTR-Geschäftsführer Steinmaurer. Für das laufende Jahr rechnet man mit ähnlichen Zahlen.
Vertragsstreitigkeiten überwiegen im Telekom-Bereich
Bei Kommunikationsdiensten kam es im vergangenen Jahr nur zu einem geringfügigen Anstieg von 10 Prozent. Insgesamt gab es 1952 Schlichtungsfälle, 1870 davon betrafen die Telekommunikation. Das Gros nahmen dabei mit 920 Fällen Vertragsstreitigkeiten ein. Die Vertragsbedingungen seien selbst für Juristen oft nur schwer verständlich, sagte Steinmaurer: "Das sich Verbraucher nicht mehr auskennen ist Faktum."
Abhilfe soll eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes bringen, mit der neue EU-Regeln in Österreich umgesetzt werden. Spätestens ab 21. Dezember 2020 müssen Mobilfunkanbieter dann verpflichtend eine leicht verständliche Vertragszusammenfassung mit den wesentlichen Informationen zum Produkt bereitstellen.
Roamingregelung voller Erfolg
Entgeltstreitigkeiten haben abgenommen. Die zunehmende Verbreitung von Flatrates habe dazu geführt, dass bei Abrechnungen weniger Probleme entstehen, sagt Goldbacher. Dazu hätten auch die neuen EU-Regeln zum Roaming beigetragen, der Wegfall der Roaming-Gebühren innerhalb der EU habe sich zu einem großen Erfolg entwickelt. Immerhin 266 Fälle hat es trotzdem gegeben, sie betreffen vor allem Roaming in Staaten außerhalb der EU oder auf Kreuzfahrten. Die Streitwerte hätten dabei bis zu 24.000 Euro betragen, erzählt Goldbacher. In den Verfahren konnten sie stark reduziert werden. Bis zu 2500 Euro mussten Nutzer in manchen Fällen aber dennoch bezahlen.
14.000 Euro für ein Gigabyte, wie sie etwa in Serbien fällig würden, müssten wohl auf europäischer Ebene gelöst werden, sagt Steinmaurer. Viele Betreiber würden aber bereits eine selektive Sperre für Roaming außerhalb der EU anbieten.
Starker Anstieg bei Magenta
Die meisten Beschwerden fielen mit 730 beim Marktführer A1 an, gefolgt von Magenta (569) und Drei (476). Den Anstieg bei Magenta, das in den vorangegangenen Jahren die wenigsten Beschwerden verzeichnete, führt die RTR auf die Zusammenlegung mit dem Kabelnetzanbieter UPC zurück. Das sei auch bei früheren Übernahmen nicht anders gewesen, sagt Goldbacher. "In der Kundenbetreuung ergeben sich durch die Integration der elektronischen Systeme und die Vereinheitlichungen bei den Geschäftsbedingungen oft kritische Situationen."
Diskonter vorbildlich
In der Statistik nicht oder kaum scheinen die Diskontmarken auf. Die Fälle von Anbietern wie Hot oder spusuu ließen sich an einer Hand abzählen, sagt Goldbacher. Das habe damit zu tun, dass die Billiganbieter einfache Verträge und kaum gestützte Geräte anbieten würden.
Sorgen bereiten der RTR belästigende Anrufe, etwa Ping-Anrufe, die, ruft man die unbekannte Nummer zurück, hohe Kosten verursachen können, Betrugsanrufe oder Anrufe mit gefälschten Nummern. "Das wird mehr", sagt Goldbacher. Probleme gebe es vor allem mit gefälschten Nummern. Das könne leicht bewerkstelligt werden und komme häufig bei Betrugsversuchen zum Einsatz. "Die Rufnummer, die ich am Display sehe, muss nicht stimmen", warnt Goldbacher: "Sie kann leicht manipuliert werden."
Netzqualität
Beschwerden in Bezug auf die Netzqualität sind im Festnetz kostant geblieben, im Mobilfunkbereich haben sie geringfügig auf 104 Fälle zugelegt. Die RTR bietet dazu für Festnetzanschlüsse nun auch ein Online-Tool zur zertifizierten Messung an, die aus einer Vielzahl von Einzelmessungen besteht und im Falle von Streitigkeiten die Beweislage für den Verbraucher verbessert.
Dass die Netze im Zuge der Einschränkungen durch den Coronavirus und die verstärkte Nutzung des Internets für Heimarbeit und Streaming einknicken könnten, schließt RTR-Chef Steinmaurer aus: "Die Netze sollten das aushalten."
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