Corona-Krise bringt Schub für Online-Drogenhandel
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Die Coronakrise hat Auswirkungen auf viele Bereiche des Lebens. Der Drogenbericht der Europäischen Union zeigt nun, dass sich auch der Drogenmarkt gewandelt hat. Besonders durch die Ausgangsbeschränkungen in vielen Ländern Europas im Frühjahr 2020 hat sich die Situation der Konsumenten stark verändert. Dealer und ihre Abnehmer nutzten verstärkt das Darknet, Social-Media-Plattformen sowie Paket- und Heimlieferdienste, wie der am Dienstag in Lissabon veröffentlichte Bericht zeigt. Zahlreiche Drogenhilfeeinrichtungen waren zur Aufgabe oder Einschränkung ihrer Tätigkeit gezwungen.
In ganz Europa wurden heuer "in Friedenszeiten beispiellose restriktive Maßnahmen unterschiedlichen Ausmaßes ergriffen", hält die EU-Drogenbeobachtungsstelle EMCDDA in ihrem 25. Jahr der Beobachtung der Drogensituation in der Europäischen Union fest. Die anschließenden Lockerungen und Aufhebungen der Vorgaben hätten die Bedingungen für eine allmähliche Rückkehr zur Lage vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie geschaffen. Allerdings sei die Situation weiterhin instabil, da die Pandemie viele zentrale Politikbereiche beeinflusst hat, darunter auch die Drogenpolitik.
Weniger Schmuggel auf dem Luftweg
"Die Covid-19-Pandemie hatte unmittelbar störende Auswirkungen auf den Drogenkonsum, das Drogenangebot und die Drogenhilfeeinrichtungen und brachte die besonderen Bedürfnisse von Menschen, die Drogen konsumieren, ans Licht", betonte EMCDDA-Direktor Alexis Goosdeel in einer Aussendung. Organisierte Banden änderten rasch ihr Vorgehen, da der Straßenverkauf von Drogen durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit schwierig war. Auf Großhandelsebene nahm der Schmuggel auf dem Luftweg ab. Die Herstellung synthetischer Drogen und der Cannabisanbau in Europa waren dagegen von den Lockdowns weitgehend unbeeinflusst.
Beim Konsum zeigten sich unterschiedliche Auswirkungen. Es gab Hinweise auf ein nachlassendes Interesse an Stoffen, die häufig in Gesellschaft konsumiert werden - wie MDMA und Kokain. Dagegen schien der Konsum anderer Substanzen - z.B. Cannabis, neue Benzodiazepine - in einigen Gruppen zuzunehmen, berichtete die EMCDDA aus Studien aus dem Frühjahr 2020. Auf den lokalen Drogenmärkten war das Angebot demnach zu Beginn eingeschränkt, was zu Verknappungen und Preisanstiegen führte.
Beratung mit Telemedizin
Drogenhilfeeinrichtungen schafften es laut dem Bericht durch Anpassungen und Innovationen wie der Telemedizin den Zugang zu Behandlungen und anderen Hilfsmaßnahmen sicherzustellen. "Wir müssen jedoch darauf gefasst sein, dass einige der betroffenen Gruppen im Zuge der wirtschaftlichen Folgen der Krise anfälliger für Drogen und eine Involvierung in den Drogenmarkt werden können, was unsere bereits ausgelasteten Einrichtungen noch stärker unter Druck setzen wird", erläuterte Goosdeel. Die Situation erfordere eine regelmäßige Beobachtung, heißt es in dem Jahresbericht.
Laut Drogenbericht nahmen mehr Betroffene eine Therapie auf. Der Bericht ortet auch das Potenzial für vermehrten Heroinkonsum und eine generell gestiegene Drogen-Verfügbarkeit. Mit Abstand am häufigsten wurde laut den Schätzungen der EU-Drogenbeobachtungsstelle EMCDDA im Jahr 2019 in der Europäischen Union erneut Cannabis konsumiert. Mit 69 Prozent wurden Cannabisprodukte zudem am häufigsten sichergestellt.
Cannabisharz und Cannabiskraut weisen dabei heute im Schnitt doppelt so viel des Drogeninhaltsstoffes THC (Tetrahydrocannabinol) auf wie noch vor zehn Jahren, warnte die EMCDDA vor den Folgen von hochpotentem Cannabis für die öffentliche Gesundheit. Außerdem wurde in den vergangenen drei Jahren fast wöchentlich eine Neue Psychoaktive Substanz (NPS) erstmals in Europa entdeckt, im Vorjahr waren es insgesamt 53. Hinzu kamen im Jahr 2019 acht neue nicht kontrollierte synthetische Opioide. Die Zahl der Sicherstellungen von Kokain erreichte mit den aktuellsten Daten aus dem Jahr 2018 mit 110.000 Beschlagnahmungen und insgesamt 181 Tonnen Rekordniveau.
Gestiegene Verfügbarkeit
"Die gestiegene Verfügbarkeit jeglicher illegaler Drogen erhöht die gesundheitlichen Risiken", betonte EU-Innenkommissarin Ylva Johannson. Die EMCDDA forderte einen besseren Zugang zu Präventions-, Test- und Behandlungsmaßnahmen von Hepatitis C für Menschen, die Drogen injizieren. Drogenüberdosen seien zudem zunehmend mit einer alternden Population verbunden.
In der Gruppe der Über-50-jährigen nahm die Zahl der Überdosierungen von 2012 bis 2018 um 75 Prozent zu, geht aus dem Jahresbericht der EU-Drogenbeobachtungsstelle hervor. Im Jahr 2018 starben in der EU schätzungsweise 8.300 Menschen aufgrund einer Überdosis, in Österreich waren es 184.
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