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© APA/AFP/SHAUN CURRY / SHAUN CURRY

Digital Life

„Das iPhone hat keine Chance“: Diese Prognosen gingen völlig in die Hose

„Der Weltmarkt liegt bei fünf Computern“

Eine der meist zitierten Fehleinschätzungen wird dem damaligen IBM-Chef Thomas Watson im Jahr 1943 zugeschrieben: „Ich denke, der Weltmarkt liegt bei vielleicht fünf Computern“. Bei genauerer Betrachtung ist die vielzitierte Watson-Prognose in mehrerer Hinsicht fragwürdig. Denn das Zitat konnte bis heute nicht einwandfrei dem damaligen IBM-Chef nachgewiesen werden.

Man glaubt mittlerweile, dass es von seinem Sohn Thomas Watson Jr. stammt, der lediglich die internen Verkaufsziele für das besagte Jahr und nicht eine langfristige Prognose kommuniziert haben soll. So oder so klingt das aus heutiger Sicht absurd. Im Jahr 2011 wurden am Höhepunkt des PC-Booms sagenhafte 365 Millionen Geräte verkauft. Mittlerweile hat sich der Markt bei 260 Millionen Geräte jährlich stabilisiert – Tablets sind in dieser Statistik nicht mit eingerechnet.

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„Tablets werden PCs in fünf Jahren ablösen“

Die Tablet-Kategorie ist heute untrennbar mit dem Namen Apple verbunden. Was die wenigsten wissen: Der US-Konzern war mit der iPad-Präsentation im Jahr 2010 in Wahrheit reichlich spät dran. Denn während Steve Jobs im Jahr 2001 gerade den ersten iPod vorgestellt hatte, überraschte Microsoft-Gründer Bill Gates im selben Jahr mit dem ersten Windows-Tablet. Gates damals gezeigter Optimismus sollte sich aber als krasse Fehleinschätzung erweisen.

„Das Tablet ist ein PC ohne Einschränkungen. Man kann es überall verwenden, wenn man es braucht. In fünf Jahren wird er die meistverkaufte Art von PC in den USA sein“, sagte Gates während der Präsentation. Gates sollte mit dieser Prognose nicht nur daneben liegen, das Konzept der Windows-Tablets scheiterte in den Folgejahren derart, dass sie bald komplett vom Markt genommen wurden.

Dass es neun Jahre später Erzrivalen Apple beschieden war, mit dem iPad die Tablet-Geschichte neu zu schreiben und einmal mehr als Pionier zu gelten, dürfte bis heute eine der schmerzhaftesten persönlichen Niederlagen für Bill Gates sein. Der Erfolg Apples änderte allerdings nichts daran, dass seine Prognose auch 18 Jahre später grundfalsch ist. Bis heute werden zwei Mal mehr PCs (Desktop/Laptop) als Tablets verkauft.

„Das iPhone hat keine Chance“

Absolut legendär sind diverse Fehleinschätzungen, was den Eintritt Apples in den Smartphone-Markt betrifft. Während der damalige Marktführer Nokia den Konkurrenten und dessen Preispolitik schlichtweg unterschätzte, ließ sich Bill-Gates-Nachfolger Steve Ballmer zu besonders markigen Sprüchen hinreißen: „Das iPhone hat keine Chance irgendeinen signifikanten Marktanteil zu erreichen. Keine Chance.“ Maximal zwei bis drei Prozent seien realistisch, meinte der damalige Microsoft-Chef.

In einem besonders berühmten Videointerview, das auf YouTube für die Ewigkeit festgehalten ist, bekommt Ballmer bei der Frage nach dem iPhone einen Lachkrampf. „500 Dollar?! Gestützt mit einem Mobilfunkvertrag? Das ist das teuerste Telefon der Welt. Und es spricht keine Business-Kunden an, weil es keine Tastatur hat und daher kein sehr gutes E-Mail-Gerät ist.“ Bis Mai 2019 hat Apple über 1,6 Milliarden iPhones verkauft, schon 2018 wurde die Marke von daraus erzieltem Umsatz von einer Billion Dollar geknackt.

 „Niemand will einen Stylus

Dass auch Apple-Gründer Steve Jobs nicht unfehlbar war, wenn es darum ging künftige Entwicklungen vorherzusagen, zeigt der Blick auf die legendäre iPhone-Präsentation im Jahr 2007. „Wer will einen Stylus? Niemand will einen Stylus“, platzte es aus ihm heraus, während er die Bedienung mittels Finger auf dem Touchscreen bewarb.

Bei der iPad-Präsentation drei Jahre später, das ebenfalls ohne Stift ausgeliefert wurde, legte er nach. „Wenn ein Stylus auftaucht, weiß man, dass sie es verbockt haben“, richtete er sämtlichen Konkurrenten aus. Ob Steve Jobs sich 2015 im Grab umgedreht hat, als Apple-Manager Phil Shiller den Apple Pencil für das iPad Pro vorstellte, ist unbekannt. Fakt ist: Im Jahr 2019 wurden mehr Eingabestifte für Tablets und große Smartphones verkauft, als jemals zuvor.

„Es gibt kein Geschäftsmodell für Streaming

Die Stift-Sache war nicht die einzige komplette Fehleinschätzung von Steve Jobs. So prognostizierte er 2003, dass Musik-Streaming niemals erfolgreich sein könne: „Menschen wollen ihre Musik nicht als Abonnement kaufen. Sie kauften Schallplatten, Kassetten, dann CDs. Sie werden Downloads kaufen wollen.“

2004 meinte Jobs zudem, dass es kein Geschäftsmodell gebe, mit dem man 10.000 Songs für zehn Dollar pro Monat auf den iPod laden könne. Spotify durchbrach 2019 die 100-Millionen-User-Marke, Apple Music knackte mit seinem Streaming-Service 60 Millionen Abonnenten.

„Das Internet wird kein Massenmedium“

Bei Menschen, die sich großmäulig selbst als „Trend- und Zukunftsforscher“ bezeichnen, ist Vorsicht angesagt. Für Medien sind solche Personen natürlich dankbare Gesprächspartner, da sie sich ohne Rücksicht auf Verluste aus der Deckung wagen. „Das Internet wird kein Massenmedium“ behauptete der selbsternannte Visionär Matthias Horx im Jahr 2001.

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Da das Internet knapp 20 Jahre später nicht nur das Massenmedium schlechthin ist, sondern auch nicht vergisst, zählt diese Fehlprognose zu den meistzitierten bei derartigen Rückblicken. Horx hat sich mittlerweile wortreich diesbezüglich verteidigt.

„Von Facebook wird in 5 Jahren niemand mehr reden“

Bei einer anderen Fehleinschätzung, die Horx zufolge aus dem Jahr 2005 stammt, tatsächlich aber 2010 gefallen sein dürfte, könnte die Geschichte dem „Zukunftsforscher“ am Ende sogar Recht geben. „Von Facebook wird in 5 Jahren niemand mehr reden“, posaunte er in einer öffentlichen Veranstaltung und einem Interview heraus.

Neun Jahre später wurde angesichts diverser Datenskandale und politischer Einflussnahme auf Wahlkämpfe noch nie so viel über Facebook diskutiert – und zwar auf höchster politischer Ebene. Gleichzeitig ist der Trend aber unübersehbar, dass das soziale Netzwerk von der jüngeren Generation praktisch kaum mehr genutzt wird und tatsächlich Gefahr droht, irrelevant zu werden.

Ob soziale Netzwerke – wie von Horx mehrfach in der Vergangenheit angeführt – „schon weit über ihren Hype hinaus“ sein sollen, mag jeder selbst beurteilen. Die 2010 diagnostizierten „massiven Ausstiegswellen“ haben sich letztlich doch eher als Hirngespinst erwiesen. So weist Facebook aktuell über 2,4 Milliarden aktive Nutzer weltweit auf, Tendenz weiter steigend. Instagram hat vor längerem bereits die Grenze von einer Milliarde User geknackt.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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