Das sind die Tops des Jahres 2019
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Vor mehr als 10 Jahren habe ich den Science-Fiction-Autor Bruce Sterling in Berlin interviewt. Thema unseres Gesprächs war auch eine Abhandlung, die Sterling geschrieben hatte und die mich sehr beeindruckte: Shaping Things. Darin geht es um grünes Design und um sogenannte Spimes - Funkchips, in denen die Herstellungsprozesse und Nutzungsarten von Dingen gespeichert werden.
Sie sollen dazu beitragen, Produkte nachhaltiger zu gestalten. Sterling wollte darüber aber nicht wirklich reden. Er meinte, dass der Klimawandel - obwohl die Fakten auch schon damals seit Jahren auf dem Tisch lagen - leider nun einmal keine Sau interessiere.
Das hat sich spätestens seit dem vergangenen Jahr geändert. Sterling ist heute wahrscheinlich froh, dass seine damalige Einschätzung nicht mehr stimmt. Das Bewusstsein, dass es so nicht weitergehen kann, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Millionen Menschen demonstrieren weltweit für eine wirkungsvollere Klimapolitik. Greta Thunberg, die daran nicht unbeteiligt ist, wird völlig zurecht allerorts als Mensch des Jahres gefeiert. Bei den Entscheidungsträgern ist die Botschaft noch nicht angekommen, aber das kann ja noch werden.
Auch Technologie kann viel dazu beitragen, die Folgen des Klimawandels abzufedern. Sterlings Spimes, quasi ein Vorläufer für klimafreundliche Technologie, sind aktueller denn je und heute nur noch ein Beispiel unter vielen. Klimafreundliche Technologie boomt. Und das ist gut so.
Durchbruch bei Quantencomputern
200 Sekunden brauchte laut einem im vergangenen Jahr veröffentlichtem Forschungsbericht ein von Google entwickelter Quantencomputer, um eine nicht näher bezeichnete spezielle Rechenaufgabe zu bewältigen. Damit war der Moment erreicht, in dem Quantenrechner herkömmliche Supercomputer übertrafen. Im Fachjargon gibt es dafür den schönen Begriff "Quantenüberlegenheit" ("Quantum Supremacy").
Zwar gab es einen Disput darüber, ob ein klassischer Supercomputer für die selbe Aufgabe 10.000 Jahre gebraucht hätte - oder wie von IBM entgegengehalten etwas weniger als 3 Tage. Dass Googles Quantenrechner schneller war, ist unbestritten. Der Anfang ist jedenfalls gemacht.
Auf absehbare Zeit ist der Einsatz von Quantenrechnern noch auf wenige Bereiche begrenzt. Sie nutzen Qubits, die anders als binäre Bits nicht nur zwei (0 und 1), sondern unendliche viele Zustände einnehmen können. Bei der Simulation von Molekülen in der Chemie, aber auch im Verkehrsmanagement oder bei Aktienprognosen, dürften die Rechner bald erste Anwendungsbereiche finden.
Die Erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs
Es ist 55 Millionen Lichtjahre entfernt und hat 6,5 Milliarden Mal mehr Masse als die Sonne. Acht Radioteleskope auf vier Kontinenten hatten sich zu einem Superteleskop zusammengeschlossen. Bis die mehrere Petabyte umfassenden Bilddaten analysiert waren, dauerte es 2 Jahre. Im April wurde sie schließlich veröffentlicht: Die erste Aufnahme eines Schwarzen Loches.
Zu sehen ist ein dunkler Fleck vor einem verschwommenen, leuchtenden Ring. Genau genommen sieht man den Schatten des Schwarzen Lochs. Gezeigt wird auch nicht sichtbares Licht, sondern Radiowellen, die Farben wurden willkürlich gewählt.
Mehr als 200 Menschen in 20 Ländern arbeiteten an dem Projekt. Die Forscher erwarten sich nun eine Vielzahl neuer Beobachtungen, die unbekannte Details der kosmischen Schwerkraftfallen enthüllen könnten.
Aus für den Bundestrojaner
Vermarktet wurde es von der ÖVP-FPÖ-Regierung als Sicherheitspaket, Kritiker sprachen von einem Überwachungspaket. Seit 10. Dezember sind weite Teile davon Geschichte. Der Verfassungsgerichtshof erklärte sowohl den Bundestrojaner, mit dem verschlüsselte Handy-Nachrichten mitgelesen werden sollten, als auch die automatische Erfassung und Verarbeitung von Autokennzeichen als verfassungswidrig.
Beide, befanden die Verfassungsrichter, seien ein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre und könnten auch eine Vielzahl unbeteiligter Personen treffen. Darüber hinaus könne nicht gewährleistet werden, dass sie nur bei der Verfolgung schwerer Straftaten zum Einsatz kämen. Auch beim Rechtsschutz beim Einsatz des Bundestrojaners erkannte der VfGH Defizite.
Gestärkt wurde mit dem Urteil die digitale Privatsphäre. Die Verfassungsrichter strichen ausdrücklich hervor, dass computergestützte Technologien heute wichtige Mittel für die Persönlichkeitsentfaltung und private Lebensführung seien. Die Entscheidung, den Bundestrojaner zu kippen, meinte deshalb auch Kollegin Barbara Wimmer, sei ein großer, wichtiger und zudem historischer Schritt für das Recht auf Privatsphäre im digitalen Zeitalter.
2019 war das Jahr der Smartphone-Kameras
Wirkliche Innovationen sind am Smartphone-Markt rar oder gehen, wie es bei den bisher wenig überzeugenden Falthandys der Fall war, in die Hose. Im Zentrum stehen inkrementelle Verbesserungen. 2019 waren die Smartphone-Kameras dran.
Alle großen Hersteller rüsteten bei den Kameramodulen ihrer Geräte auf. 3 oder 4 Linsen sind heute in Smartphones keine Seltenheit. Huawei, Samsung, Google, OnePlus, Xiaomi und auch Apple brachten Geräte mit eindrucksvollen Kamera-Setups auf den Markt.
Selbst Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen und Nachtaufnahmen, traditionell ein Schwachpunkt der Handyfotografie, wissen durch den ebenfalls mittlerweile weit verbreiteten Nachtmodus bei vielen Smartphone-Modellen zu überzeugen. Der Trend dürfte sich im nächsten Jahr fortsetzen.
Kolportiert wird etwa, dass das nächste Samsung-Spitzenmodell, das Galaxy S11, das im Februar präsentiert werden soll, über einen eigens für Nachtaufnahmen entwickelten Sensor verfügen wird.
Tesla Cybertruck: Mindset Mad Max
Kein anderes Auto hat heuer für so viel Aufsehen gesorgt wie der Ende November vorgestellte Tesla Cybertruck. Tesla-Chef Elon Musk will mit der futuristischen Konstruktion aus Edelstahl und Panzerglas den in den USA großen und lukrativen Markt für Pick-up-Trucks erschließen. Und damit auch ein Bevölkerungssegment für die Elektromobilität begeistern, das bisher nicht durch übertriebenes Umweltbewusstsein aufgefallen ist.
Die Strategie ist gewagt, aber durchdacht. Während andere Anbieter, wie etwa Ford oder Rivian, auf traditionelle Formen setzen, signalisiert die kantige, rohe Optik des Cybertruck, dass die Zukunft jetzt endlich so werden darf, wie wir sie uns in düsteren Science-Fiction-Filmen schon immer vorgestellt haben. Mindset Mad Max.
Panzerglas und hartes Metall sollen für die Bedrohungslagen der Postapokalypse rüsten. Darum, dass der Wagen für den Straßenverkehr des 21. Jahrhunderts nur bedingt geeignet ist, geht es nicht. Deshalb sollte man die Frage, warum jemand, der nicht von Schussattentaten oder Drive-by-Shootings bedroht ist, einen Wagen mit schusssicherer Verglasung braucht, gar nicht erst stellen. Paranoia kann auch schön sein.
Die Sci-Fi-Romantik könnte verfangen. 200.000 Leute haben laut Musk den E-Pick-up gegen eine Anzahlung von 100 Dollar bereits vorbestellt. Erhältlich sein wird er frühestens Ende 2021. Ein Internet-Phänomen ist der Cybertruck schon jetzt.
Baby Yoda: Unser liebster grüner Zwerg
Ebenfalls in kürzester Zeit zum Online-Liebling wurde Baby Yoda. Zwar wird noch eifrig darüber spekuliert, ob der putzige grüne Zwerg das uneheliche Kind von Meister Yoda ist oder sein Wiedergänger, den Weg in unsere Herzen hat der heimliche Star der Serie "The Mandalorian" längst gefunden.
In Online-Netzwerken herrscht wegen dem angeblich 50-jährigen Wesen aus dem Star-Wars-Universum die reinste Verzückung. Viele kriegen sich wegen dem kleinen grünen Wicht gar nicht mehr ein. Tausende Nutzer teilen Bilder und Gifs und schreiben cute mit 3 oder mehr Us darunter.
Dabei ist "The Mandalorian" hierzulande zumindest offiziell noch gar nicht zu sehen. Denn Disney+ ist in Österreich noch nicht verfügbar. Der ist für den 31. März 2020 geplant.
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