Das Kapitel Bundestrojaner ist endlich Geschichte
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Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, den Bundestrojaner zu kippen, ist ein großer, wichtiger und zudem historischer Schritt für das Recht auf Privatsphäre im digitalen Zeitalter.
Die geplante Ausweitung der Überwachungsbefugnisse in Österreich hat nämlich bereits eine lange Geschichte. Das ÖVP-geführte Justizministerium wollte im Jahr 2016 eine staatliche Überwachungssoftware zum Zwecke der Online-Durchsuchung einführen. „Bundestrojaner“ durfte diese Überwachungssoftware damals freilich nicht genannt werden. „Es gibt keinen Bundestrojaner“, hieß es seitens des Justizministeriums.
Nun hat der Verfassungsgerichtshof (VfgH) am Mittwoch die von der ÖVP gemeinsam mit der FPÖ beschlossene Ermittlungsmaßnahme nicht nur offiziell als „Bundestrojaner“ bezeichnet, sondern diese auch noch als verfassungswidrig gekippt.
Rückschlüsse auf Privatleben
Das Gericht hat dabei ausdrücklich davon gesprochen, dass computergestützte Technologien heutzutage wichtige Mittel für die Persönlichkeitsentfaltung und private Lebensführung darstellen und Daten über die Nutzung dieser Systeme sensible Rückschlüsse auf Neigungen und Gesinnung zulassen sowie über erhebliche Teile des Privatlebens. Damit verstößt die Überwachungsmaßnahme gegen die Menschenrechtskonvention. Klare Worte für den Stopp des Bundestrojaners.
Aber es gibt noch einen zweiten Grund für die Aufhebung: Die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Regelung liegt laut Verfassungsgerichtshof darin, dass der Schutz der Privatsphäre nicht hinreichend sichergestellt werden kann - und zwar auch für Personen, die sich gar nicht verdächtig gemacht haben. Also für vollkommen unbescholtene Bürger, die ins Visier der Behörden geraten, weil vielleicht der "verdächtige" Paketbote ihre Nummer eingespeichert hatte.
Der Bundestrojaner ist eine Überwachungsmaßnahme, die kaum an Intensität zu überbieten ist. Seit Jahren warnen zahlreiche hochrangige Wissenschaftler, Computerexperten, IT-Sicherheitsfachkräfte und Datenschützer – schon seit der ersten, geplanten Einführung – vor dieser Maßnahme. Der Staat müsste nämlich für das Abhören von verschlüsselten Nachrichten, wie etwa WhatsApp, Sicherheitslücken schaffen. Dabei wäre es die Aufgabe des Staates, die Kommunikation jedes Einzelnen gegen Gefahren und Zugriffe zu schützen.
Ausgelagerte Sicherheitslücken bleiben Lücken
Das Argument der Gegenseite war bei der letzten Anhörung: Nicht der österreichische Staat würde derartige Sicherheitslücken einsetzen. „Das macht nicht die Behörde, sondern der Auftragnehmer“, so die Argumentation der juristischen Vertretung der damaligen schwarz-blauen-Bundesregierung. Doch auch eine an eine externe Firma ausgelagerte Sicherheitslücke bleibt eine Sicherheitslücke – und damit würde im Zeitalter von Cyberangriffen ein Einfallstor für Kriminelle geschaffen, die diese Lücke ebenfalls ausnutzen könnten, wenn sie Kenntnis von ihr erlangen. Wollen wir das? Ist das gut für uns? Nein. Daher gut, dass der Bundestrojaner gestoppt wurde. Danke, lieber Verfassungsgerichtshof.
Sowohl die Verhandlung als auch die Urteilsverkündung vom Verfassungsgerichtshof waren öffentlich zugänglich. Damit hat der Gerichtshof für Transparenz gesorgt – im Gegensatz zur ehemaligen Bundesregierung, die den Bundestrojaner als „geheim“ einstufen ließ und als Amtsgeheimnis zum Wohle der „nationalen Sicherheit“.
Der Bundestrojaner, der keiner sein darf, ist noch vor seinem offiziellen Start Geschichte. Die Partei, die ihn seit mehr als drei Jahren forciert hat, ist allerdings Teil der nächsten Regierung. Hoffen wir, dass Österreich damit nicht neue „geheime“ Überwachungsmaßnahmen bekommt.
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