Das sind die Flops des Jahres 2019
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Man kann es nicht anders nennen als eine Katastrophe. Mutmaßlich wegen der fehlerhaften Steuersoftware MCAS stürzten innerhalb weniger Monate zwei Boeing 737 MAX in Indonesien und Äthiopien ab. Die Folge waren insgesamt 346 Tote und ein seit März weltweit geltendes Startverbot für den einstigen Hoffnungsträger des US-Flugzeugherstellers, das auch Airlines und Zulieferer zunehmend in Bedrängnis bringt.
Hinweise darauf, dass Boeing das Nachfolgemodell der 737 überstürzt auf den Markt gebracht und dabei die Sicherheit vernachlässigt hat, verdichten sich. Ermittelt wird auch, ob bei der Zertifizierung des Flugzeuges alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Wann Flugzeuge des Typs wieder abheben dürfen, ist ungewiss.
Zuletzt gab Boeing bekannt, die Produktion des Unglücksfliegers vorübergehend einzustellen. Dem Konzern drohen Zahlungen in Milliardenhöhe. Gewinner gibt es bei dem Desaster keinen - das gilt auch für den europäischen Konkurrenten Airbus. Der ist ohnehin auf Jahre hin ausgebucht und hat wenig davon, dass nun die gesamte Branche in Schwierigkeiten ist.
Falt-Desaster
2019 sollte für Smartphones eigentlich zum Falt-Jahr werden. Modelle wurden unter anderem von Samsung, Huawei, Xiaomi und Lenovo/Motorola erwartet. Es roch nach einem großen Geschäft. Doch es sollte anders kommen.
Mitte Februar preschte Samsung vor und präsentierte wenige Tage vor dem Konkurrenten Huawei sein erstes faltbares Smartphone: das Galaxy Fold. Das Vertrauen in das Gerät war groß. DJ Koh, Leiter der Mobilsparte des südkoreanischen Konzerns, schwärmte von einer „komplett neuen Gerätekategorie“. Der Preis des faltbaren Handys hatte es mit knapp 2000 Dollar in sich. Die entsprechende Fallhöhe war erreicht.
Als wenige Monate später erste Geräte US-Journalisten zum Testen überlassen wurden, nahm das Desaster seinen Lauf. Die faltbaren Handys gaben aus unterschiedlichen Gründen den Geist auf. Samsung musste das Gerät zurückziehen. Der Imageschaden war groß. Das Vertrauen in faltbare Smartphones war mindestens genauso beschädigt wie die Samsung-Testgeräte.
Als Samsung schließlich im September eine überarbeitete Version des Fold auf den Markt brachte, waren die Erwartungen niedrig. Geringer waren auch die Probleme, die Tester mit dem Gerät hatten. Ein Kollege des US-Techportals CNet berichtete lediglich von Barthaaren, die sich beim Telefonieren im Spalt zwischen äußerem Display und Scharnier verfingen.
Handelskrieg setzt Huawei zu
Der chinesische Technologiekonzern Huawei hatte im vergangenen Jahr wenig zu lachen. Die Diskussionen über den Ausschluss des Konzerns beim Aufbau von 5G-Netzen wurden nach der Festnahme eines Huawei-Mitarbeiters Anfang des Jahres wegen Spionageverdachts in Polen auch in der EU zunehmend heftiger geführt. Auf Druck der USA, die den Konzern wegen seiner Verbindung zur chinesischen Regierung bereits seit längerem verdächtigen, Staats- und Firmengeheimnisse auszuspionieren, hatten Neuseeland und Australien diesen Schritt gesetzt.
Im Mai setzte US-Präsident Donald Trump den Gerätehersteller und Netzwerkausrüster im Zuge des Handelskriegs mit China auf eine schwarze Liste von Unternehmen, mit denen US-Firmen nicht mehr zusammenarbeiten dürfen. Damit geriet auch das Gerätegeschäft des Herstellers unter Druck. Denn Huawei-Smartphones laufen auf dem Google-Betriebssystem Android. Das ist zwar Open Source und darf weiter genutzt werden, allerdings ohne aktuelle Sicherheits-Updates. Auch essenzielle Apps fehlen. Neue Smartphones ohne die eng mit Android verzahnten Google-Apps und dem Google Play Store lassen sich außerhalb Chinas kaum verkaufen.
Huawei arbeitet zwar seit Jahren an einem eigenen Betriebssystem. Wann und ob es zum Einsatz kommt, ist nicht bekannt. Im Westen hätte es auch nur dann Chancen, wenn auch ein breites Angebot an Apps zur Verfügung steht.
Zwar sorgen zeitlich befristete Ausnahmeregelungen und Sonderlizenzen dafür, dass bereits verkaufte Huawei-Handys bis auf weiteres weiter mit Android-Sicherheitsupdates versorgt werden. Für neue Geräte – etwa das im Herbst vorgestellte Mate 30 - gelten diese Regelungen nicht.
Weichenstellung im EU-Urheberrecht
Tausende demonstrierten Anfang des Jahres europaweit gegen die neue EU-Urheberrechtsgesetzgebung. Genützt hat es nichts. Ende März sprach sich eine Mehrheit des EU-Parlaments für die sogenannten Upload-Filter, mit denen hochgeladene Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen überprüft werden sollen, und das Leistungsschutzrecht, das bereits kurze Textausschnitte kostenpflichtig machen soll und auf Google News und Aggregatoren abzielt, aus.
Beide Regelungen sind umstritten. Kritiker befürchten durch die Filter negative Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit. Das Leistungschutzrecht - ähnliche Gesetze gibt es bereits in Spanien und Deutschland - hat in der Praxis Verlagen bisher kaum Mehreinnahmen verschafft und gilt Kritikern als Angriff auf eines der Grundprinzipien des Internets, das Verlinken von Information.
Rechtzeitig vor der EU-Wahl im Mai wurde das Paket verabschiedet. Die Mitgliedsstaaten haben nun 2 Jahre Zeit es in nationale Gesetze zu gießen.
Nicht nur Alexa hörte mit
Hunderttausende Menschen weltweit spielten auch 2019 bereitwillig die Versuchskaninchen für die künstlichen Intelligenzen von Amazon, Microsoft, Google, Facebook und Apple. Sie ließen sich von kleinen Geräten, die Echo oder Home heißen, abhören. Dafür bekamen sie Lieder vorgespielt oder den Wetterbericht vorgelesen.
Dass die Aufnahmen zur Auswertung und zur Verbesserung der Algorithmen auch an Dienstleister der großen Technologiekonzerne weitergereicht wurden und auch Mitarbeiter von Amazon & Co. mithörten, haben viele erste bemerkt, als die Mitarbeiter selbst von ihre Arbeit berichteten. Viele fanden es nämlich nicht in Ordnung, Kunden beim Streiten oder Sex zuzuhören. In seltenen Fällen sollen die akustischen Schnipsel aus den Wohnzimmern auch von weniger moralisch gefestigten Mitarbeitern an deren Freunde weitergeschickt worden sein.
Wir wollen uns jetzt gar nicht ausmalen, was Alexa, Cortana oder Siri noch alles möglich machen und schließen lieber mit einem Zitat des großen Dichters William S. Burroughs: "A paranoid is someone who knows a little of what's going on."
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