Marktforschung

Google kauft Nutzern Privatsphäre ab

Wie viel ist die Privatsphäre eines Internetnutzers wert? Der  US-Konzern Google liefert darauf erstmals eine konkrete Antwort: 20 US-Dollar pro Monat. Im Rahmen eines Marktforschungsprojekts sucht der Internetriese in den USA  nach Freiwilligen, die mittels einer eigens entwickelten, kleinen Box ihre gesamte Internetnutzung –  abseits von Google-Diensten – aufzeichnen lassen. Damit sollen noch genauere Daten zur Webnutzung gesammelt werden.

Google hat Google laut einem Bericht von Ars Technica eine eine Box entwickelt, die User in ihr Heimnetzwerk einbinden sollen, wo sie dann als Router und WiFi-Access-Point agiert. Bislang wurde der „Screenwise Data Collector“, der von Cisco hergestellt wird, nur einer kleinen Zahl von Kunden angeboten, die im Rahmen des „Knowledge Networks“ bereits in der Vergangenheit an Umfragen und Datenerhebungen teilgenommen haben.

Prämien und Gutscheine
Laut Google sammle die Box nur die Daten des „Web-Zugangs eines Haushaltes“, Informationen anderer Geräte, wie etwa Spielekonsolen, werden nicht ausgewertet. Wer sich für das Programm anmeldet, erhält eine einmalige Prämie von 100 US-Dollar und anschließend 20 US-Dollar monatlich.

Daneben bietet Google noch eine weniger gut bezahlte Software-Variante an, in welcher sich die Nutzer nur eine Browser-Erweiterung installieren müssen. Dafür gibt es eine einmalige Prämie von fünf US-Dollar in Form eines Amazon-Gutscheins. Anschließend werden alle drei Monate weitere fünf US-Dollar bezahlt.

Frage der Wertschätzung
Ob man seine Privatsphäre für 20 Dollar monatlich – ähnlich viel, wie man in Österreich für eine Plasma-Spende bekommt – verkaufen möchte, muss jeder Nutzer letztlich selbst entscheiden. „Wir landen hier aber grundsätzlich bei der schwierigen Frage: Was sind uns private Daten wert? Es geht um die Wertschätzung, die im anglo-amerikanischen Raum definitiv geringer ist als in Europa, wo mit Datenschutz sensibler umgegangen wird“, sagt Maurizio Berlini, Chef der Marktforschungsfirma Goldbach Austria, zur futurezone.

Das Google-Projekt ist auch vergleichbar mit dem Teletest, der das Fernsehverhalten in heimsichen Haushalten analysiert, und anderen Marktforschungen, bei dem Freiwillige mit kleinen Beträgen entschädigt werden. „Im Netz bewegen wir uns heute allerdings in viel heiklere Bereiche hinein, weil es so viele verschiedene Dinge – vom Online-Banking bis zum Steuerausgleich – betrifft“, so Berlini, für den sich die ethische Frage stellt, welche Entwicklungen eingeleitet werden, wenn Nutzer de facto ihr komplettes Leben für ein Taschengeld an Konzerne verkaufen. „Denn letztlich geht es um wirtschaftliche Interessen und neue Geschäftsmodelle und es ist schwer zu überblicken, was im Hintergrund abläuft”, sagt Berlini.

Daten werden weitergegeben
Laut den Datenschutzbedingungen gibt Google die gesammelten Daten auch an Dritte weiter, darunter akademische Einrichtungen, Werbekunden, Herausgeber und Programmierer. Die Bedingungen halten fest, dass es die Daten ermöglichen, den jeweiligen Nutzer direkt zu identifizieren. Eine Ausnahme sind nur HTTPS-Verbindungen und Webbrowser im Inkognito-Modus. Die Browser-Erweiterung sammelt im Unterschied zur Box auch die Daten im Inkognito-Modus, jene sollen dann aber nicht persönlich zuordenbar sein. Garantie gibt Google dafür aber keine, es werde nur „alles versucht“, diese Informationen nicht persönlich zuordenbar zu machen.

Google: "Komplett freiwilliges Programm"
In einem Statement betont Google, dass es sich bei der Datenerhebung um ein kleines, freiwilliges Programm handle. Jeder Teilnehmer habe dabei die „komplette Kontrolle“ über seine Daten, alles laufe transparent ab. Nutzer können das Programm außerdem jederzeit verlassen. Wer an dem Programm teilnehmen will, kann sich auf der entsprechenden Webseite in Zukunft über Details informieren.

Erhebungen auch in Europa geplant
“Es wird nur erhoben, welche Webseiten ein Nutzer ansurft, alles andere ist für Google nicht relevant”, sagt ein Google-Sprecher auf Nachfrage der futurezone. “Wir wollen die Untersuchung komplett transparent machen, sowohl was die Methodik als auch was die erhobenen Daten betrifft.” Im Sommer will Google Ergebnisse der Studie öffentlich machen. “Künftig soll es ähnliche Erhebungen auch in anderen Ländern, auch in Europa geben”, so der Sprecher weiter. Welche Ländern das genau sein werden, stehe derzeit jedoch noch nicht fest.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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