PK "5G-PIONIER ÖSTERREICH - T-MOBILE STARTET 5G-NETZ": BIERWIRTTH
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Digital Life

Magenta-Chef über 5G-Angst: "Man kann die Besorgnis richtig spüren"

Mit der Versteigerung der ersten 5G-Frequenzen hat der neue Mobilfunkstandard den ersten Schritt in die Praxis geschafft. Die drei großen Mobilfunker haben allesamt bereits erste 5G-Sender in Betrieb genommen und treiben nun den Netzausbau voran. Wir haben mit Magenta-CEO Andreas Bierwirth über die Aussichten der nächsten Mobilfunkgeneration gesprochen.

futurezone: Magenta hat bereits im März 25 5G-Sender in Betrieb genommen. Wie schreitet der Netzausbau seitdem voran?
Andreas Bierwirth: Bis jetzt ist 5G nur punktuell spürbar, an Testorten, in kleineren Gemeinden. 2020 wird das Jahr, wo man 5G am Markt deutlicher wahrnehmen wird. Auch dann wird 5G noch nicht überall verfügbar sein, aber schon sehr oft. 2021 wird man dann eine österreichweite Verbreitung haben, die ähnlich jener von LTE heute ist. Alle Betreiber werden da im Parallelschwung unterwegs sein. Es gibt hier auch den Wunsch der Regierung nach Netzkooperation, also gemeinsamer Nutzung von Antennenstandorten.

Heißt das, dass Sender mehr denn je mit der Konkurrenz geteilt werden?
Gerade im ländlichen Bereich macht das hochgradig Sinn.

Welche Erfahrungen konnte Magenta mit seinen bisherigen 5G-Testkunden sammeln?
Wir sind bei den Bandbreiten stabil bei über einem Gigabit pro Sekunde unterwegs. Natürlich handelt es sich um geteilte Kapazität, also bei mehr Kunden wird die Bandbreite geringer. Unsere reale Einschätzung ist, dass wir mit 5G im ländlichen Bereich 100 Megabit pro Sekunde und mehr erreichen. Solche Werte gibt es am Land in Österreich noch nicht. Das wird den 'Digital Divide' zwischen Stadt und Land ein gutes Stück weit schließen.

Wie viele Unternehmen am Land haben bei Magenta bereits Interesse an 5G gezeigt?
Es gibt da erste Kunden, die das Produkt testen, aber interessanter ist das Gespräch mit Gemeinden. Der Bürgermeister will da etwa 5G, aber es gibt auch größere Besorgnis bei den Menschen. In erster Linie geht es da um gesundheitliche Ängste, angetrieben von 'Fake News'. Es gibt Bürgergruppen, Menschen, die über Kopfschmerzen klagen, obwohl 5G-Sender dort noch gar nicht in Betrieb sind.

Wie reagiert Magenta darauf?
Wir nehmen das ernst. Es bedarf einer neuen Qualität der Aufklärung. Als Betreiber haben wir da wenig Glaubwürdigkeit, weil uns vorgeworfen wird, dass wir ohnehin nur Geschäft machen wollen. Es wäre wünschenswert, wenn das Gesundheitsministerium uns da unterstützt und eigene Kampagnen startet. Möglicherweise ist 5G ein bisschen der Inbegriff für Digitalisierung und Menschen haben generell Zukunftsängste.

FILE PHOTO: Telecoms workers install a 5G antenna system for AT&T in downtown San Diego

5G verlangt den Ausbau der Sender-Infrastruktur

Gab es solche Ängste auch bei der Einführung von LTE?
In meiner Zeit in der Industrie habe ich so etwas wie derzeit noch nicht erlebt. Das ist eine interessante Entwicklung. Ich habe auch schon bei solchen Bürgerversammlungen mitgemacht. Man kann die Besorgnis dabei richtig spüren.

5G wird ja als Motor für das Internet der Dinge gesehen. Was wird in diesem Bereich nun möglich?
Bei IoT gibt es ja unterschiedliche Bedürfnisse. Manchmal geht es nur darum, geringe Datenmengen zu bestimmten Zeiten zu übertragen, da reicht Narrowband LTE völlig aus. Aber es gibt auch Anwendungen mit hoher Datenrate und bei 5G kommt noch das Thema Latenz hinzu. Dadurch sind Dinge möglich, die bisher gescheitert sind, weil Informationen nicht rechtzeitig von A nach B transportiert wurden. Ein plakatives Beispiel sind Fernoperationen, oder alles im Bereich Robotik, wo extreme Präzision notwendig ist. Die Bandbreite wird auch für Virtual Reality ausreichen, gerade in der industriellen Produktion - etwa bei der Wartung von Maschinen. Aber das sind nur die hippen Anwendungen. An andere denkt man oft gar nicht.

An welche denn?
Die hohe Geschwindigkeit von 5G wird die Art verändern, wie wir Streaming nutzen. TV wird viel mehr in Richtung 'on demand' gehen als bisher. Durch 5G wird so eine Industrie einen Sprung machen, der disruptiv sein wird. Videotelefonie ist noch so ein Thema. Das war bisher oft durch Unterbrechungen geprägt und wird durch 5G sicherlich akzeptierter werden. Datenlimits wird es mit 5G immer seltener geben. Das wird zu einem ganz anderen Nutzungsverhalten führen. In solchen Bereichen wird der Einfluss von 5G am spürbarsten sein, viel schneller als bei den 'fancy' Themen, die man auf Messen sieht.

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Was macht man im Auto, wenn dieses selbst steuert? Surfen

Welcher Anwendungsfall bei 5G auch oft erwähnt wird, ist das autonome Fahren. Welchen Beitrag kann die Technologie da leisten?
Autonomes Fahren wird sich über die nächsten Jahre weiterentwickeln. Mit 5G können Autos und Infrastruktur kommunizieren und sich austauschen, wenn ein Unfall hinter der nächsten Kurve passiert ist, den man noch nicht sieht. Aber genauso interessant ist, was der Fahrer macht, wenn er nicht mehr fährt. Wenn jeder, der im Auto sitzt, dann im Internet surft, etwa auf YouTube, dann muss eine gigantische Datenlast abgedeckt werden. Das wird 5G auch an seine Grenzen bringen.

Wo werden denn diese Grenzen liegen?
Besonders im urbanen Bereich wird die Kapazität von 5G alleine nicht ausreichen. Wir glauben immer noch an Glasfaser und Festnetz-Internet. Wir machen da einen Spagat zwischen dem 5G-Hype und Festnetz. Bei Internet für Zuhause wird man trotz 5G immer noch mit Festnetz am besten fahren.

Nach der heurigen ersten Frequenzversteigerung für 5G wird im Frühjahr 2020 die nächste Folgen. Was erwarten Sie sich davon?
Diesmal wird ein stärkerer Fokus auf Auflagen gelegt, um den 5G-Ausbau in Österreich zu beschleunigen. Ich erwarte mir einen intensiven Dialog zwischen der Regulierungsbehörde und den Mobilfunkbetreibern. Früher war das nicht immer der Fall, aber jetzt wirkt das konstruktiv.

Bei der kommenden Frequenzversteigerung soll ja die MVNO-Auflage fallen. Werden virtuelle Mobilfunker dadurch von 5G ferngehalten?
Jeder virtuelle Betreiber können genauso wie wir an der Frequenzauktion teilnehmen. In Deutschland ist das zuletzt auch passiert. In Österreich ist der Wettbewerb so stark, MVNOs sind so groß, dass sie auch auf dem Verhandlungsweg eine Einigung erzielen können. Ich finde den Wegfall der MVNO-Auflage gut. Glaube ich, dass MVNOs dadurch nie 5G bekommen werden? Nein, sie werden es bekommen.

Wie stehen Sie zu Huawei als möglichem 5G-Netzwerkausrüster?
Die wirtschaftspolitische Komponente darf man nicht ins Tagesgeschäft einfließen lassen. Huawei bekommt bei uns eine Chance wie alle anderen Anbieter auch. Huawei ist bei 5G-Patenten weltweit führend. Die haben es geschafft, vom Kostenführer zum Qualitätsführer zu werden. Der Versuch, Huawei zu bremsen, ist aus Sicht der Konkurrenz nachvollziehbar, aber es ist auch ein Versuch, die Arbeit der letzten zehn Jahre rückgängig zu machen. Ich glaube, man kann den Geist nicht in die Flasche zurückstecken - jedenfalls nicht ohne Schaden.

Was ist sinnvoller bei 5G: Ein Mix an Ausrüstern oder die Beschränkung auf einen?
Die Fokussierung auf einen Lieferanten ist vorteilhafter für die Verbindungsqualität. Wir haben in der Vergangenheit bereits bemerkt, dass wir mit einem Lieferanten mit weniger Spektrum als Mitbewerber auskommen und eine bessere Leistung rausziehen können. Bei 5G könnte es möglicherweise zur Blockbildung in Österreich kommen. Da stehen dann drei unterschiedliche Netzwerkstrukturen im Wettstreit.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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