Medienkunst-Festival CIVA: Virtuelle Intimität statt sudern
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Der Besuch eines Festivals ist immer auch mit zufälligen Treffen, Wiedersehen und gemeinsamen Feiern verbunden. In der Pandemie ist das zwar im traditionellen Sinne nicht möglich, doch die Veranstalterinnen des CIVA-Festivals für Medienkunst wollen diese Momente unter dem Motto "Social Distancing, virtual Bonding" neu interpretieren.
"Der Begriff 'Social Distancing' triggert uns alle und ist schon negativ konnotiert. Wir wollen kritisch hinterfragen, was das mit uns und der Gesellschaft macht. Aber es geht nicht darum, zu sudern, sondern 'Virtual Bonding' als mögliche Lösung anzubieten“, erklärt Festivalleiterin Eva Fischer das Konzept im Gespräch mit der futurezone.
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Inklusion, Wellness und Natur
Die von vorneherein digital geplante Veranstaltung wird Teilnehmern eine Woche lang Kunstwerke, Panel-Diskussionen, Musik- und Filmprogramm und Workshops im virtuellen Raum bieten. Inhaltlich will man sich etwa mit Diversity, Sexismus und Cyberaktivismus auseinandersetzen – Themen, die im Internet große Präsenz haben.
Als Kuratorinnen wurden unter anderem Tonica Hunter gewonnen. Ihre Diskursreihe wird sich unter anderem mit Gemeinschaft und Inklusion in Onlinemedien beschäftigen. Einen anderen Ansatz wählt Marijn Bril, deren Tagesprogramm sich mit dem Wechselspiel zwischen Natur und Virtualität beschäftigt. Einen Tag lang wird dem Festival auch der Stecker gezogen. Besucher der Website finden dort ausschließlich einen „Wellness-Bot“ der Künstlerin Catherine Spet. Ihr Kunstwerk beschäftigt sich mit dem Abschalten, sowohl geistig als auch physisch.
Dafür dient die offizielle Webseite als Festival-Zentrum. Dort findet man neben dem Programm auch Links zu den Veranstaltungen. Hier nutzt man ganz multimedial sämtliche Kanäle, die das Internet zur Verfügung stellt, ohne dabei die Einstiegshürde zu hoch anzusetzen.
Safe Space und Weinprobe
Panel-Diskussionen können über den Streaming-Dienst Twitch verfolgt werden. Wer sich mit anderen austauschen möchte - ob schriftlich oder im Gespräch - kann Zoom nutzen oder den eigens eingerichteten Discord-Channel besuchen. Der Service wird häufig von Videospielern genutzt und bietet die Möglichkeit, verschiedene, themenspezifische Räume zu erstellen, in denen man sich austauschen kann. Das reicht von Gruppen für "Festival Buddies", über "Safe Space" bis hin zum "Wine Tasting". Über die Plattform Mozilla Hubs können Teilnehmer sich auch mit Avataren im virtuellen Raum bewegen und dort Diskussionen verfolgen und andere Teilnehmer treffen.
"Ich hoffe, über die digitalen Räume wie Discord kann Intimität geschaffen werden", erklärt Janine Scheer-Erb der futurezone. Sie ist Teil des Organisationsteams des Festivals und unter anderem für den Discord-Channel verantwortlich. Alle Gruppen werden moderiert. Wer das Angebot nutzen möchte, muss einen Code of Conduct, also die Hausregeln, akzeptieren. Dieser beinhaltet Verhaltensregeln, die ein freundliches und konstruktives Miteinander garantieren sollen.
So kann man am CIVA-Festival teilnehmen
Website: Sie funktioniert als Festivalzentrum, das alle Kanäle verbindet. Hier findet man etwa das Programm und kann die virtuelle Ausstellung besuchen.
Discord: Um die App Discord auf dem Smartphone, Tablet oder Computer zu nutzen, muss man einen Account anlegen. Der virtuelle Raum des Civa-Festivals erfordert zusätzlich die Zustimmung zum Code of Conduct, also den Hausregeln über das Miteinander. Dort können sich Teilnehmer anschließend in verschiedenen Gruppen über Text und Audio unterhalten und austauschen. Zur erstmaligen Nutzung findet man hier auch Erklärvideos.
Mozilla Hubs: Mit Mozilla Hubs können Nutzer ganz einfach über einen speziellen Code virtuelle Räume mit Avataren betreten. Sie können gemeinsam Filme, Konzerte und Diskussionsrunden besuchen. Es kann über den Internetbrowser oder über eine Desktop-App genutzt werden.
Twitch: Das Programm wird auch auf der Streaming-Plattform Twitch live übertragen. Hierfür ist keine Anmeldung erforderlich.
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Die Kunst-Ausstellung wurde in der Spiele-Engine Unity programmiert. Statt die Medienkunst ins Museum zu bringen, wird das Museum um das Kunstwerk herum gebaut. "Wir schaffen ein natürliches Umfeld, die Medienkunst passiert jetzt da, wo sie herkommt", sagt Fischer. Noch fehle es an der nötigen Wertschätzung des Digitalen gegenüber einem Museum. Das soll beim Civa-Festival anders werden. "Für mich ist das ein Plädoyer dafür, dass man digitale Räume ernst nimmt", sagt Scheer-Erb.
Live-Konzerte
Die Abende bieten etwas, das viele im vergangenen Jahr schmerzlich vermisst haben: Live-Konzerte und audiovisuelle Performances. Sie können über Twitch und Mozilla Hubs miterlebt werden – das ist natürlich nicht mit einem reellen Konzertbesuch zu vergleichen, simuliert das Erlebnis aber so gut es geht.
Das Festival findet von 19. bis 27. Februar statt und erfordert keine Voranmeldung und ist gratis. Besucher können über die Website das Programm abrufen. Von dort aus wird man auf die verschiedenen Plattformen weitergeleitet. Hat man Probleme, etwa mit der Anmeldung bei Discord, stehen Helfer zur Seite, die die Plattformen erklären.
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