Energiewende: "Jede Woche 3 neue Windräder notwendig"
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Die Strom- und Mobilitätsinfrastruktur im Lande wird von einem Großteil der Bevölkerung als maßgeblich im Kampf gegen den Klimawandel betrachtet, ihre Modernisierung schreite aber zu langsam voran. Das geht aus einer neuen Marketagent-Umfrage hervor, die am Dienstag gemeinsam von der Industriellenvereinigung (IV), dem Stromübertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG), ÖBB und dem Autobahnbetreiber ASFINAG vorgestellt wurde.
Wenig Zuversicht, Klimaziele zu erreichen
88,4 Prozent halten den Ausbau der Strom- und Energieinfrastruktur für wichtig, 82,9 Prozent sagen dasselbe über das öffentliche Verkehrsnetz, 54,5 Prozent über das Straßennetz. Für die Erreichung der Klimaziele steht eine zukunftstaugliche Infrastruktur am höchsten im Kurs (84,6 Prozent Zustimmung), noch vor reduziertem Ressourcenverbrauch (79,8 Prozent) oder einer Änderung im Konsumverhalten der Menschen (74,6 Prozent). 47,9 Prozent geht die Umsetzung von Infrastrukturprojekten aber zu langsam voran. 63,7 Prozent glauben eher nicht mehr daran, dass Österreich seine Klimaziele bis 2030 erreichen wird.
"Wir legen uns selbst Steine in den Weg"
Diese Aussagen decken sich mit Forderungen, die Infrastrukturbetreiber schon seit Langem immer wieder vortragen. "Wir legen uns unnötigerweise selbst Steine in den Weg", meint Christoph Neumayer, Generalsekretär der IV. "Über 75 Prozent wünschen sich schnellere Genehmigungsverfahren. Wir müssen intensiv ins Tun kommen, um unsere Klimaziele zu erreichen." Auch APG-Vorstand Gerhard Christiner drängt auf Beschleunigung. "Um 27 Terawattstunden Strom mehr bis 2030 zu erzeugen, müssten wir jede Woche drei Windräder bauen und 30 Fußballfelder große Photovoltaikanlagen errichten."
Mit der derzeitigen Ausbaugeschwindigkeit werde man die Ziele nicht rechtzeitig erreichen. "In Österreich herrscht die Mentalität, größtmöglichen Konsens zu schaffen. Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, müssen wir uns aber alle etwas zumuten lassen", meint Christiner. Hier nimmt er nicht nur die Politik in die Pflicht, sondern auch die Bevölkerung. "Ein Wasserkraftwerk in der Nähe akzeptieren 71,8 Prozent der Bevölkerung, 66,2 Prozent akzeptieren Windräder, aber nur 57,7 Prozent Stromleitungen." Auf die komme es aber auch an: "Die Energiewende entscheidet sich in den Netzen."
Verknüpfung von Straße und Bahn
ÖBB-CEO Andreas Matthä versucht es mit Motivation: "Jeder von uns kann sofort ein Vorbild sein, indem er die Bahn nützt." Vor 100 Jahren habe die Bahn bereits eine Energiewende von Kohle auf Strom geschafft. "Wir werden auch die zweite Energiewende schaffen. Zuversicht ist wichtig!" Die Bahn plane ihren Teil mit besonders attraktiven Fahrzeiten beizutragen: "Bis 2040 wollen wir die Leistungsfähigkeit des Systems Bahn um 100 Prozent erhöhen." Sehr ausbaubedürftig sei die europäische Zusammenarbeit, etwa durch einheitliche Standards im Bahnverkehr.
Eine "zukunftssichere Infrastruktur mit Nachhaltigkeit in Einklang bringen" will auch ASFINAG-Vorstandsdirektor Hartwig Hufnagl. Notwendige Maßnahmen dafür seien etwa das Schaffen von Anknüpfungspunkten mit dem öffentlichen Verkehr, um Menschen eine multimodale Fortbewegung zu ermöglichen. Derzeit biete man für Elektroautos alle 60 Kilometer eine Lademöglichkeit an. 52,9 Prozent der Umfrageteilnehmer wünschen sich noch mehr Ladestationen. Dem wolle man Folge leisten.
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