Immer mehr Orcas greifen Boote an, Forscher wissen nicht warum
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Rätselhafte Orca-Attacken entlang der iberischen Westküste haben sich in den vergangenen Wochen gehäuft. Nun wurde eine Segelyacht in der Nordsee vor den Shetlandinseln von einem Schwertwal angegriffen, wie der Guardian berichtet. Es ist die erste Attacke dieser Art, die so hoch im Norden registriert wurde.
Attacken von Schwertwalen, auch Orcas oder Killerwale genannt, sind nicht selten. Zwischen Mitte 2020 und Mitte 2022 wurden allein in der Straße von Gibraltar und vor der iberischen Küste mehr als 200 Vorfälle genannt. Die Orcas rammten dabei Boote - vorwiegend Segelyachten - und beschädigten diese teilweise so stark, dass sie nur mehr eingeschränkt manövrierfähig waren.
Orcas versenkten Segelyacht
Erst Anfang Mai dieses Jahres wurde die Segelyacht Champagne vor der spanischen Mittelmeerküste von mehreren Schwertwalen angegriffen und so stark beschädigt, dass Wasser einlief. Die örtliche Küstenwache konnte die Passagiere retten, das Schiff sank.
Dieses Schicksal blieb dem 72-jährigen Holländer Wim Rutten glücklicherweise erspart. Er war allein von Lerwick (Shetlandinseln) nach Bergen in Norwegen unterwegs. Als er südlich der Shetlandinseln nach Makrelen fischte, tauchte plötzlich ein Orca auf und stieß mehrmals gegen sein Boot. Danach umkreiste das Tier die Yacht und näherte sich noch ein paar Mal, bevor es verschwand.
Forscher*innen sind überrascht, dass dieses Verhalten der Orcas auch 3.200 Kilometer von Gibraltar entfernt auftritt. Wal-Experte Conor Ryan gibt gegenüber dem Guardian an, dass die Orcas vor Schottland das Verhalten nicht von der südlichen Population gelernt haben können. Vielmehr vermutet er, dass es "hochmobile Orca-Schulen gibt, die dieses Verhalten über große Entfernungen tragen können."
Menschen könnten verantwortlich sein
Der portugiesische Walforscher Alfredo Lopez geht jedoch davon aus, dass "menschliche Aktivitäten, wenn auch auf indirekte Weise, der Grund für dieses Verhalten sind". Zunehmender Schiffsverkehr, schwindende Nahrungsquellen, die Erwärmung der Meere oder Lärmbelästigung könnten eine Rolle spielen.
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Der Fokus auf die Segelyachten könnte aber auch von älteren Walen stammen, die bereits "schlechte Erfahrungen mit Booten gemacht haben und versuchen, das Boot zu stoppen", mutmaßt Lopez. Junge Orcas könnten dieses Verhalten spielerisch nachahmen. Junge Orcas lernen nämlich hauptsächlich von ihren "Großmüttern", die die Schule anführen. In seltenen Fällen können Männchen auch zu Einzelgängern werden und andere Gewässer aufsuchen.
Altertümliches Schiffeversenken
Erzählungen von Walen, die Schiffe angreifen und versenken, gibt es bereits seit Hunderten von Jahren. Eine der ältesten Erzählungen handelt etwa vom Wal Porphyrios, der im 6. Jahrhundert nach Christus über 50 Jahre lang mehrere Schiffe vor Konstantinopel (heute Istanbul) angegriffen haben soll. Der damalige Kaiser Justinian (regierte 527 bis 565) machte den Fang von Porphyros zu einer Staatsangelegenheit.
Der Fang gelang allerdings nicht. Porphyrios strandete schlussendlich an einem Strand des Schwarzen Meers, wo er von Einheimischen zerstückelt wurde. Unklar ist, um welche Walart es sich bei Porphyrios handelte. Es könnte ein ungewöhnlich großer Schwertwal oder ein Pottwal gewesen sein.
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