Il-96-400M

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Neue russische Passagiermaschine Il-96-400M bewegt sich erstmals

Die Iljuschin Il-96-400M ist mittlerweile so etwas wie die Vaporware der Aeronautik. 2017 wurde sie als russisches Gegenstück zur Boeing 787 und dem Airbus A350 angekündigt. Ende 2020 sollte der Prototyp fertig gestellt werden, der Erstflug war für Anfang 2021 angesetzt.

Im April 2021 wurde dieser abgesagt, wegen „mangelnden Interesse an Langstreckenflugzeugen der Fluggesellschaften während der Corona-Pandemie“, so die offizielle Begründung. Dann marschierte Russland in die Ukraine ein. Die USA und Europa verhängten Sanktionen, die auch wichtige Ersatzteile für Boeing- und Airbus-Flieger bei russischen Airlines betrafen - und plötzlich war die Il-96-400M wieder im Gespräch.

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Luftfahrt-Analyst*innen nennen das Passagierflugzeug deshalb spöttisch „Trotz-Flieger“. Russland wolle damit zeigen, dass man nicht von westlichen Ländern abhängig ist und die auferlegten Sanktionen die russische Luftfahrt nicht stoppen können.

Der im August 2022 angekündigte Testflug hat bis heute nicht stattgefunden. Das könnte sich aber bald ändern. Die Il-96-400M hat sich nämlich erstmals eigenständig bewegt, berichtet Flugrevue.

Tests am Rollfeld

Der Prototyp wurde am Gelände des WASO-Flugzeugwerks Woronesch gesichtet. Seit Mitte Oktober gibt es dort Rolltests auf der Landebahn. Diese wurden bereits bis zum Startabbruchtest durchgeführt, auch auf nasser Landebahn. Dies deutet darauf hin, dass der Erstflug unmittelbar bevorsteht.

Dies setzt voraus, dass die Rolltests zur Zufriedenheit gelaufen sind. Muss die Il-96-400M für Umbauten nochmal zurück in den Hangar, könnte der Jungfernflug abermals verschoben werden. Was Zeitpläne angeht, hat die Maschine jedenfalls keinen guten Lauf. Offiziell begann der Bau an dem Prototyp schon Ende 2019. Erst im Juni 2023 fand der Rollout statt – also das erste Herausrollen des Flugzeugs aus der Fertigungshalle.

Gesamte Il-96-Reihe floppte

Als Rumpf für den Prototyp dient der einer Il-96-400. Diese Maschine wurde zwar 2001 angekündigt, kam aber nie als Passagierjet zum Einsatz. Es wurden lediglich 4 Maschinen in der Fracht-Variante namens Il-96-400T gebaut.

Insgesamt war die Il-96-Serie bisher ein Flopp. Mit allen Versionen zusammengerechnet wurden 33 Stück produziert. In Russland betreibt nur noch die Regierung bzw. das Militär Il-96s. Der einzig andere Betreiber ist die staatliche kubanische Fluglinie Cubana. Dieser hat 3 Stück Il-96-300 gekauft, wovon derzeit aber keine fliegt.

Keine Konkurrenz zu modernen Fliegern

Der Il-96-400M könnte, unabhängig vom Erfolg eines Jungfernflugs, ein ähnliches Schicksal blühen. Derzeit soll es keine Bestellungen dafür zu geben. Das dürfte nicht nur sein, weil Russland wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine wenig Abnehmer international findet: Das gesamte Konzept der Il-96-400M scheint nicht richtig aufzugehen.

Trotz moderner Bordelektronik wirkt die Il-96-400M wie ein Relikt aus vergangenen Tagen, was an ihren 4 Triebwerken liegt. Der Airbus A350 und die Boeing 787 kommen mit 2 Triebwerken aus, sind dadurch treibstoff-sparender und günstiger in der Produktion. Mit typischer Bestuhlung haben in der 787-10 330 Menschen Platz, im A350-1000 350. Bei der Il-96-400M sind es 315 bei einer üblichen 3-Klassen-Konfiguration.

Il-96 wird vielleicht zum 2-Strahler

Auch Regierungsaufträge scheint es für die Il-96-400M derzeit nicht zu geben. Dafür gibt es aber Gerüchte, wonach die Il-96-300 zu einer 2-strahligen Maschine konvertiert werden könnte. Diese „Il-96neo“ soll das neue Triebwerk Awiadwigatel PD-35 nutzen, das sich derzeit in Entwicklung befindet. Während der Rumpf der Il-96-300 weitergenutzt werden kann, müssten aber die Flügel entweder stark umgebaut oder gar vollständig ersetzt werden.

Sollte dieser Plan wirklich umgesetzt werden, würde das erst recht darauf hindeuten, dass die Il-96-400M nie in Serienproduktion gehen wird. Zumindest der Prototyp könnte fertiggestellt und an die russische Regierung übergeben werden. Iljuschin ist eine Tochtergesellschaft von OAK. OAK gehört wiederum zu 92 Prozent der russischen Staatsgesellschaft Rostec.

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