Ein BWB-Konzept aus dem TsAGI-Institut.

Ein BWB-Konzept aus dem TsAGI-Institut.

© TsAGI

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Russland plant futuristisches Langstreckenflugzeug

Aufgrund der Sanktionen haben die Flugzeugbauer Airbus und Boeing den russischen Markt verlassen. Viel genutzte Flugzeuge wie der Airbus A320 oder die Boeing 737 erhalten dort keine Ersatzteile mehr und können daher nur mehr schwer gewartet oder repariert werden. Russland will nun mit eigenen Entwicklungen ihre Abhängigkeit von Airbus und Boeing aufbrechen.

Mehrere Flugzeuge in Planung

Russland arbeitet an einigen eigenen Flugzeugen. Auf der Kurzstrecke sollen mit der Ilyushin Il-114-300, der LMS-901 Baikal und der TVRS-44 Lagoda 3 Turboprop-Flieger zum Einsatz kommen. Für die Mittelstrecke wird die Irkut MC-21 entwickelt. Das zweistrahlige Flugzeug bestritt 2017 seinen Erstflug und soll 2024 in Dienst gestellt werden. 

Doch auf der Langstrecke fehlen Alternativen. Die Ilyushin IL-96 wird zwar in kleiner Stückzahl neu aufgelegt, zukunftstauglich ist der Jet allerdings nicht.

Kooperation mit China

Russlands stellvertretender Ministerpräsident Denis Manturov hat gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti anklingen lassen, wie es mit russischen Langstreckenflugzeugen weitergehen soll. Das chinesische-russische Dreamliner-Projekt, der CR929, soll nun doch weitergeführt werden. Noch im Vorjahr stand das Projekt wegen Unstimmigkeiten zwischen China und Russland auf der Kippe.

China scheint sich dabei durchgesetzt haben, da man aufgrund von "Inputs aus westlichen Ländern" Änderungen an dem Projekt vornehmen wolle. China vertrat dabei von Anfang an den Standpunkt, dass man auch westliche Unternehmen einladen möchte, an dem Jet mitzuarbeiten.

➤ Mehr lesen: Chinesisch-russischer Dreamliner-Konkurrent: Projekt auf der Kippe

Zudem wolle man in Russland ein eigenes Langstreckenflugzeug entwickeln. Dieses solle allerdings wohl erst nach 2030 fertiggestellt werden, vielleicht sogar zwischen 2028 und 2030. "Mit Sicherheit nicht früher", gibt der Politiker Einblicke. 

Wird es ein "Nurflügler"?

Details zu dem Flugzeug gibt es noch nicht. Manturov verwies allerdings auf Forschungsarbeiten am Zentralen Aerohydrodynamischen Institut TsAGI. Das russische Luftfahrtinstitut forscht unter anderen an einem Blended-Wing-Body, auch "Nurflügler" genannt. Bei diesem Flugzeug-Modell gehen die Flügel quasi nahtlos in den Rumpf über, wodurch Treibstoff eingespart werden soll.

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Blended-Wing-Body-Flugzeuge (BWB) kommen im militärischen Kontext bereits seit Jahren zum Einsatz. Der wohl berühmteste Vertreter, der B-2-Stealthbomber der USA, wurde 1997 eingeführt. Das TsAGI-Institut führte dazu Studien durch, wonach ein solcher "Nurflügler die Betriebskosten in gleichem Maße senken könnte wie die Errungenschaften bei der Entwicklung konventioneller Langstreckenflugzeuge in den letzten 40 Jahren".

Flughäfen nicht für BWB konzipiert

Ob sich ein solches Design allerdings als kommerzieller Passagierjet durchsetzen kann, darf angezweifelt werden. Flughäfen sind nämlich auf herkömmliche Flugzeugdesigns ausgerichtet, ein neues Konzept würde ihren gesamten Ablauf über den Haufen werfen. Der Chef der Flugzeugentwicklung bei Boeing, Mike Sinnett, beschreibt es so: "Generell gilt: Wenn ein Modell nicht mehr als 20 Prozent Verbesserung bringt, ist ein neues Flugzeug nicht gerechtfertigt."

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