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Mario Kart Live Home Circuit im Test: Echtes Kart, echte Crashes

Mario Kart Live: Home Circuit (Nintendo Switch) kam überraschend. Anstatt wie bei den bisherigen Mario-Kart-Spielen Runden nur auf der Konsole zu drehen, fährt man in der eigenen Wohnung oder dem Haus herum.

Möglich ist dieses Augmented-Reality-Erlebnis durch ein ferngesteuertes Go-Kart mit Kamera und cleveres Nintendo-Design. Ich habe das Game getestet und hatte viel Spaß dabei.

Kart statt Modul

Mario Kart Live gibt es in 2 Versionen: Eine mit Mario und eine mit Luigi. Andere beliebte Mario-Kart-Charaktere, wie Peach, Yoshi oder Donkey Kong, gibt es noch nicht. Das Spiel kostet 100 Euro, wobei das eigentliche Spiel nicht enthalten ist. Die kostenlose Software muss auf der Nintendo Switch heruntergeladen werden.

Im Paket enthalten sind das ferngesteuerte Kart, 4 Tore aus Karton, 2 Abbiege-Pfeile aus Karton und ein USB-A zu USB-C-Kabel, um das Kart bei Bedarf an der Switch-Docking-Station zu laden. Das Kart lässt sich auch mit anderen USB-C-Ladegeräten aufladen.

Die Karton-Tore haben ein cleveres Design, mit ausschwingenden Ständern und durchdachten Falzungen. Dadurch kann man sie zum Verstauen wieder zusammenklappen, ohne dass sie dabei beschädigt werden. Die Abbiege-Pfeile haben hingegen eine kleine Standfläche und wirken im Vergleich etwas instabil – stehen aber trotzdem von alleine.

Das Kart hat an der rechten Seite eine Schiebetüre, hinter der sich der USB-C-Anschluss verbirgt. Ansonsten läuft alles kabellos per Bluetooth. Die Initialverbindung wird hergestellt, indem die Switch mit einem QR-Code am Display vor die Kamera des Karts gehalten wird.

Gib Gummi

Zum Ein- und Ausschalten des Karts gibt es einen Knopf an der rechten Seite. Oben befinden sich noch 2 LED-Leuchten. Das Kart selbst ist überraschend schwer. Es besteht aus Plastik, lediglich Luigi und die Reifen sind aus Gummi.

Das Kart hat einen Heckantrieb, gelenkt wird per Vorderachse. Durch das hohe Gewicht und die Gummireifen hat es eine sehr gute Bodenhaftung – was fast schade ist, da ich auf den von mir getesteten Belägen (Holzparkett, Fliesen, Karton, Gummimatten) damit nicht driften konnte.

Liebling, ich habe Luigi geschrumpft

Zu Beginn muss man sich erst daran gewöhnen, dass man nicht auf das ferngesteuerte Auto schaut, sondern auf den TV oder das Display der Switch. Hier sieht man das Bild aus der Perspektive der Kamera am Kart.

Am Display wird das echte Kart mit dem virtuellen Kart überblendet. Das sieht so aus, als würde man den Videospiel-Luigi steuern, aber eben in der eigenen Wohnung.

Die Kamera hat einen etwas größeren Weitwinkel-Bereich. Dadurch entsteht eine faszinierende Perspektive, wodurch das Fahren durch das scheinbare riesige Wohnzimmer noch eindrucksvoller ist. Das Gefühl ist schwer zu beschreiben: Am ehesten ist es die Erfüllung eines Kindheitstraums, der durch Filme wie „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ und die Micro-Machines-Videospiele genährt wurde.

Das Kart hat keine reguläre Bremse. Lässt man das Gas (A-Taste) los, bleiben die Räder stehen, das Kart rollt durch den Schwung aber weiter. Lässt man die B-Taste gedrückt, wird in den Rückwärtsgang geschaltet, was bei kurzem Drücken die Funktion einer Bremse erfüllt.

4 Stufen

Lässt man die ZR-Taste gedrückt, bremst das Kart minimal ab, damit man engere Kurven fahren kann. Danach gibt es einen kurzen Temposchob. Dies simuliert das Driften aus den Mario-Kart-Videospielen.

Zu Beginn ist das Kart noch gemütlich unterwegs. Man muss die anderen Geschwindigkeitsklassen, 100ccm, 150ccm und 200ccm, erst durch Cup-Siege freischalten. Die höhere Geschwindigkeit erhöht den Schwierigkeitsgrad deutlich, zudem sind dann auch die virtuellen Gegner besser.

Das Beste am Spiel

Das Highlight von Mario Kart Live ist der Bau der eigenen Strecke. Dazu werden die 4 Tore positioniert. Danach wird die Strecke einmal abgefahren. Ist das erledigt, wird der Streckenverlauf am Display eingeblendet. Das funktioniert sehr gut.

Dieses System lässt einem viele Freiheiten. Man kann den Streckenverlauf überkreuzt machen. Man kann die Tore in verschiedenen Zimmern aufstellen – mein Rekord war eine Strecke, die durch 4 Zimmer ging. Man kann Schikanen einbauen, indem man eigene Hindernisse aufstellt, Tunnels basteln und bei den höheren Geschwindigkeitsstufen mit flachen Steilkurven, Wippen oder Mini-Sprungschanzen arbeiten.

Wer besonders kreativ ist, kann verschiedene Bodenbeläge einarbeiten, die Geschwindigkeit und Fahrverhalten des Karts beeinflussen. Das Fahrzeug schaffte in meinem Test den Wechsel von Parkett auf ein Zentimeter dicke Gummiplatten problemlos. Teppiche, solange die Haare nicht zu lang sind, sind ebenfalls befahrbar.

Vorher beschweren statt nachher beschweren

Man kann sogar Abkürzungen einplanen. Die kann man dann allerdings nur selbst nehmen, die virtuellen Gegner bleiben auf dem Streckenlauf. Prinzipiell lässt sich so gut wie alles integrieren, von Stofftieren über Lego, Bauklötze, Playmobil, Bälle, Actionfiguren, oder was sonst noch so im Wohn- oder Kinderzimmer zu finden ist.

2 wichtige Dinge sollte man dabei aber beachten. Man sollte den Kurs so anlegen, dass vor einem Tor 30 Zentimeter Gerade sind, damit die Kamera dieses korrekt erfassen kann. Ansonsten fährt man vielleicht sehr zeitsparend eine Haarnadelkurve durchs Tor, was aber vom Spiel nicht erkannt wird – und man deshalb verliert. Bis ich dieses Problem erkannt habe, habe ich mehrere Rennen in den Sand gesetzt und mich darüber geärgert.

Der zweite wichtige Tipp wird von Nintendo selbst gegeben. Die Steher der Tore sollten vor dem Rennen beschwert werden, damit es nachher keine Beschwerden gibt. Dazu kann man etwa Bücher verwenden. Ansonsten kann es passieren, dass man das Tor rammt und so verschiebt, dass die Strecke unfahrbar wird. Besonders ärgerlich ist, wenn man durch eine virtuelle Beeinflussung die Kontrolle über das Kart verloren hat und es in der realen Welt deshalb den liebevoll gestalteten Kurs demoliert.

Virtuelle Banane, realer Crash

Aber genau das macht das Spiel reizvoll. Wie beim regulären Mario-Kart-Videospiel gibt es auch hier Gegenstände, wie Schildkrötenpanzer, Bananenschalen, Turbo und mehr. Wird das Kart im Spiel getroffen, reagiert das echte Fahrzeug im Zimmer darauf. Und es ist schon etwas anderes, wenn man im Spiel eine Wand streift, oder in der Küche gegen den Kühlschrank knallt.

Die Geschwindigkeiten sind nicht hoch genug, dass Möbel oder Wände dadurch beschädigt werden können. Aber das Gefühl ist einfach anders, wenn man weiß, dass ein Lenkfehler auf der Spielkonsole reale Auswirkungen hat. Eine Abkürzung zwischen den Sesselbeinen des Esstischs hat deshalb einen ganz anderen Nervenkitzel, als eine Abkürzung im regulären Mario-Kart-Videospiel.

Um das Ganze spannender zu machen, gibt es auf der Switch verschiedene Themen für die selbstgebastelte Strecke. Dazu gehört etwa Retro-Mario, eine Eiswelt oder Bowsers Schloss. Dann muss man zusätzlich virtuellen Hindernissen ausweichen oder gegensteuern, wenn der Seitenwind die Lenkung beeinflusst. Das Herausforderndste für mich war ein Effekt, der die Ansicht plötzlich spiegelverkehrt zeigt. Bei komplexen Streckenführungen verliert man dadurch schnell den Überblick, wohin man jetzt eigentlich fahren muss.

Langzeitspaß: Eine Frage der Kreativität

Schade ist, dass die virtuellen Gegner immer nur Bowsers Sippschaft in ihren Schwebe-Karts sind, anstatt der üblichen Mario-Kart-Charaktere. Dafür kann man das eigene Kart, also die virtuelle Version, ein wenig umgestalten. Bei einer gewissen Anzahl an Münzen, die während der Rennen gesammelt werden, werden neue Karts, Outfits für Mario/Luigi und Hupen freigeschaltet.

Der wirkliche Langzeitspaß hängt von der Kreativität der Spieler ab und wie viel Platz man zur Verfügung hat. Das Bauen der Kurse ist hier der entscheidende Motivator. Je mehr Fantasie und Zeit man da hineinsteckt, desto mehr Spaß macht das Spiel – auch langfristig.

Das macht auch zu mehrt Spaß. Bis zu 4 Spieler können gleichzeitig spielen, vorausgesetzt alle haben eine Switch und ein eigenes Kart mitgebracht. Das gemeinsame Planen der Strecken macht dann auch gleich mehr Spaß und die Rennen werden noch spannender und chaotischer, wenn sich die Karts in der realen Umgebung anrempeln und von der Strecke schieben. Aber auch mit nur einem Kart kann es nett sein, wenn man zu zweit an einer Strecke tüftelt und diese dann abwechselnd fährt.

Donkey Kong Upgrade, weil Nintendo nur Mario und Luigi als Kart veröffentlicht hat.

Kleine Probleme

Ein paar kleine Spaßbremser gibt es bei Mario Kart Live aber. So gibt es eine Verzögerung von bis zu einer halben Sekunde, je nachdem wie gut oder schlecht die Verbindung ist. Dies geht in beide Richtungen: Eingaben werden verzögert zum Kart geschickt und das Live-Kamerabild kommt verzögert zur Switch. Anfangs ist das nervig, man gewöhnt sich jedoch dran. Trotzdem ist es seltsam, wenn man die Kollision mit dem Kühlschrank schon hört, bevor man sie am Display sieht.

Für Kinder kann eine Smart-Steuerung aktiviert werden. Das Kart wird dann automatisch an die virtuelle Ideallinie herangebracht. Das hilft den Frust der jungen Fahrer, über die manchmal nicht schnell genug reagierende Steuerung, in Zaum zu halten.

Selten aber doch kommt es vor, dass sich der virtuelle Kurs während des Rennens verschiebt. Im Test passierte dies durchschnittlich einmal in 3 Stunden Spielzeit. Dann fahren die Gegner etwa plötzlich durch Möbel hindurch, während man sie umfahren muss, oder Gegenstände sind nicht mehr erreichbar. Auch die Smart-Steuerung funktioniert dann nicht richtig. Hier hilft nur, das Rennen zu beenden und die Strecke erneut abzufahren.

Fazit

Mario Kart Live: Home Circuit ist auf vielen Ebenen ansprechend: Ferngesteuertes Spielzeug, „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ und kreatives Gestalten von Rennstrecken. Das eigentliche Spiel ist dabei etwas zu knapp geraten. Hier hätte Nintendo mehr der klassischen Charaktere einbauen und zusätzliche Themes für die Kurse einbauen sollen.

Abgesehen davon, ist Mario Kart Live eine großartige Erfahrung. Und auch wenn Nintendo auf seinen Bildern das Game mit Kindern illustriert, ist es definitiv erwachsenengerecht. Man muss sich allerdings aktiv Zeit nehmen zum Spielen. Nach Feierband schnell am Sofa entspannen und ein paar Runden drehen macht man mit den normalen Mario-Kart-Spielen. Hier baut man am Wochenende Kurse auf und macht die halbe Wohnung zur Rennpiste.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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