Nazis, Rekorde und Tierquälerei: Pokémon wird 20
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„Ich will der Allerbeste sein, wie keiner vor mir war“: Damit beginnt der Titelsong zur TV-Serie von Pokémon. Wer in den Neunzigerjahren aufgewachsen ist, konnte diesen meist auswendig, wie auch die Namen aller Original-Pokémon mitsamt ihrer Attacken. Auf Schulhöfen war es en vogue alle 151 Pokémon-Figuren auswendig zu kennen – heute gibt es über 700 Stück. Die Erfolgsgeschichte begann aber nicht mit der TV-Serie, sondern zwei Game-Boy-Spielen.
Blau und Rot, aber kein Grün
Am 27. Februar 1996 erschienen in Japan „Pocket Monsters Grün“ und „Rot“. Mit dem Erfolg hatten nur die wenigsten gerechnet, auch Nintendo war skeptisch. Kein Wunder, der Game Boy war zu diesem Zeitpunkt bereits sieben Jahre auf dem Markt und hatte somit bereits das Ende seiner erwarteten Lebenszeit erreicht. Doch der Hype um Pokémon hauchte dem Handheld-Klassiker neues Leben ein und sorgte dafür, dass sich dieser weltweit mehr als 118 Millionen Mal verkaufte.
Nachdem Nintendo das Potenzial erkannt hatte, wurde das Franchise in Pokémon unbenannt, um eine TV-Serie erweitert und 1998 in die USA und nach Europa gebracht. Davor wurde noch eine Blaue Edition veröffentlicht, die zahlreiche Fehler der Roten und Grünen Edition behob und die Grafik spürbar verbesserte. Die Original-Titel schafften es nie nach Europa - was Österreichs Pokémon-Spieler heute als Rote und Blaue Edition kennen, entspricht der Blauen Edition aus Japan.
Mit der Hilfe vom Mario-Schöpfer
Die Verkaufszahlen gaben Nintendo Recht: Allein Rot, Blau und Grün verkauften sich mehr als 31 Millionen Mal, eine spezielle “Gelbe” Pikachu-Edition wurde nochmals 14,6 Millionen Mal abgesetzt. Das Spielprinzip blieb dabei stets gleich: Der Spieler streift durch eine riesige Spielwelt und sucht nach Pokémon. Diese können gefangen und für den Kampf gegen andere Pokémon trainiert werden. Die großen Ziele: Den Titel des Pokémon-Meisters erlangen und alle Pokémon sammeln. Das suchterregende Spielprinzip wurde von Satoshi Tajiri, einem leidenschaftlichen Videospieler, erdacht. Tajiri gründete in den Achtzigerjahren eine Spiele-Zeitschrift namens Game Freak, in der er über Videospiele berichtete. Der Game Boy und eines seiner Hobbys - das Sammeln von Insekten - inspirierten ihn jedoch dazu, ein eigenes Spiel zu entwickeln.
Doch es wäre kein Nintendo-Spiel, wenn nicht auch Shigeru Miyamoto, Schöpfer von Mario und Zelda, an der Entwicklung beteiligt gewesen wäre. So soll es angeblich Miyamotos Idee gewesen sein, Pokémon in zwei Editionen anzubieten. Da sowohl die Rote als auch die Blaue Edition lediglich einen Teil der 151 Pokémon enthielten, waren die Spieler so zum Tauschen und miteinander Spielen gezwungen. Eine clevere Idee, die rasch Früchte trug. Der Game Boy mitsamt Link-Kabel gehörte zur Grundausstattung vieler Kinder, wenn sie in die Schule gingen. So wurden in den Pausen fleißig Pokémon getauscht und Wettkämpfe ausgetragen.
Sechs Generationen Pokémon
Aber auch abseits der Videospiele entwickelte sich Pokémon zu einem wahren Phänomen. Kinofilme, Puppen, Sammelfiguren, Süßigkeiten, Monopoly, selbst Pokémon-Autos gab es - kaum ein anderes Franchise wurde dermaßen gut vermarktet wie jenes von Pokémon. Der wohl mit Abstand größte Erfolg neben den Videospielen ist jedoch das Pokémon Trading Card Game, das nach “Magic: The Gathering” das derzeit beliebteste Sammelkartenspiel der Welt ist. Mittlerweile werden sogar - gemeinsam mit den Videospielen - Weltmeisterschaften abgehalten, bei denen 500.000 US-Dollar an Stipendien für das Studium vergeben werden.
Nintendo beschränkte sich aber nicht nur auf “klassische” Pokémon-Spiele: Insgesamt 43 Titel sind nebenher erschienen, vom Pinball-, Foto- und Lern-Spiel hin zu dem rundenbasierten Kampfspiel Pokémon Stadium - die Bandbreite ist groß. Weltweit wurden mehr als 260 Millionen Spiele verkauft, insgesamt wurden mehr als 32 Milliarden Euro umgesetzt.
Das Skurrile
In der Historie von Pokémon finden sich auch einige skurrile Abschnitte. So wurde Nintendo 2000 von Uri Geller, dem Löffel-verbiegenden “Mentalisten” aus Israel, verklagt. Dieser sah zu starke Ähnlichkeiten zwischen sich und dem Pokémon Kadabra und verlangte 60 Millionen britische Pfund an Schadenersatz. Zudem warf er Nintendo Verhöhnung vor, da das Psycho-Pokémon über Zeichen verfüge, die antisemitisch seien. Die Klage war nicht erfolgreich, dennoch musste Nintendo für kurze Zeit Kadabra-Sammelkarten zurückziehen.
Die wohl ungewöhnlichste Kritik kam von der Tierschutzorganisation PETA. Mit “Pokémon Black and Blue” sowie “Pokémon Red, White and Blue” veröffentlichten sie im Browser spielbare Ableger, mit denen man Kritik an Pokémon und deren Partnerschaft mit McDonalds üben wollte. Zudem wurde Nintendo des Öfteren vorgeworfen, dass Gewalt gegenüber Tieren mit Pokémon verharmlost werde. Obwohl Nintendo recht rigoros gegen Markenrechtsverletzungen vorgeht, sind die Spiele bereits seit fast drei Jahren durchgehend online.
Auf dem Sprung in die Wirklichkeit
Und auch die Spieler sind nicht immer zufrieden mit Nintendo. Während andere Videospiel-Konzerne bereits vor Jahren den Sprung auf den Smartphone- und Tablet-Markt gewagt haben, zögerte Nintendo - wohl auch aus Angst, die Verkaufszahlen der eigenen Spielkonsolen könnten darunter leiden. Doch dass sich viele Nintendo-Titel, unter anderem auch Pokémon, ideal als Mobile Game eignen würden, ist unbestritten. Mit Pokémon Shuffle, einem Puzzle-Spiel für Android und iOS, wagte man 2015 die ersten vorsichtigen Schritte auf dem Smartphone. Doch das Free-to-Play-Game ist trotz großer Beliebtheit wohl nicht das, was sich viele Pokémon-Fans erwartet haben.
Der Wunsch nach einem wahren Pokémon-Spiel für das Smartphone könnte aber 2016 endlich erfüllt werden. Im Vorjahr kündigte Nintendo “Pokémon Go” an. Das Prinzip: Mit dem Smartphone geht man künftig auf die Jagd nach Pokémon in der reaeln Welt. Der Titel wird von Niantic Labs, das mit dem Augmented-Reality-Spiel “Ingress” bereits Erfolge feiern konnte, entwickelt. Das Spiel wurde wohl auch durch einen April-Scherz des Google-Maps-Teams aus 2014 inspiriert. Damals konnten Maps-Nutzer auf der Karte Pokémon suchen und fangen. Wer im Rahmen der Aktion alle 151 Original-Pokémon einsammeln konnte, wurde auch dafür belohnt. Google verschickte Pokémon-Meister-Visitenkarten an alle erfolgreichen Teilnehmer.
Auch wenn Pokémon weiterhin weltweit beliebt ist, mittlerweile wollen andere Titel die Nachfolge des Klassikers antreten. Vor allem am Heimatmarkt Japan sorgt ein anderer Titel für ähnliche Begeisterung wie Pokémon: Yo-Kai Watch. Die Idee dahinter kann als Mischung aus Pokemon und Ghostbusters beschrieben werden. Ein Junge namens Nate freundet sich mit mystischen Wesen an, die ihn im Kampf gegen andere Yo-Kai unterstützen. In Japan sorgt Yo-Kai Watch für ähnliche Rekorde wie Pokémon. Der neue “Yo-Kai Watch”-Film konnte sogar Star Wars von der Spitze der Kino-Charts verdrängen.
Welches ist euer Lieblings-Pokémon? Verratet es uns in den Kommentaren oder macht bei unserem Gewinnspiel mit und gewinnt einen Nintendo 2DS mit Spielen.
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