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Sega Mega Drive Mini im Test: Einmal Kindheit zum Mitnehmen, bitte

Vor vielen Jahren hat Sega den Konsolenkrieg verloren. Die Marktmacht von Nintendo und Sony drängte Sega aus dem Hardware-Geschäft. Doch wie heißt das Sprichwort so schön: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Gut 18 Jahre später gibt es wieder eine Sega-Konsole, die sich wieder mit Nintendo und Sony misst. Strenggenommen wird sie zwar nicht von Sega hergestellt, aber die Genugtuung, dass eine Sega-Konsole die Konsorten seiner einstigen Mörder alt aussehen lässt, ist Grund genug darüber hinwegzusehen.

Allerdings ist es nur ein „Mini-Sieg“. Ich habe den Sega Mega Drive Mini (80 Euro) getestet, der gegen Nintendos NES Mini, SNES Mini und Sonys Playstation Mini an und deren Ärsche tritt.

Lieferumfang

Falls jemand ein Déjà-vu hat: Ja, den Mega Drive bzw. Sega Genesis (Name in den USA) gab es schon zuvor in Retro-Nachbauten. Allerdings waren diese nur von Sega geduldet, nicht unterstützt. Entsprechend vorsichtig sollte man beim Kauf sein, nicht eine der alten Versionen zu erwischen.

Der richtige Sega Mega Drive Mini kommt in einer Retro-Verpackung mit 40 Spielen plus 2 Bonusspielen, zwei Controller (3-Tasten-Version), HDMI-Kabel und USB-Kabel. Ein Netzstecker für das USB-Kabel ist im Lieferumfang nicht enthalten. Hier kann man die Netzstecker nutzen, die man fürs Handy-Laden verwendet.

Detailverliebt

Im Vergleich zu den anderen Mini-Konsolen ist der Mega Drive Mini detaillierter. Er hat 55 Prozent der Größte des Originals. Die Bedruckung stimmt, die Mischung aus glänzenden und matten Plastik ist da und der erhabene, goldene 16-Bit-Schriftzug ebenso.

Sogar der Modulschacht lässt sich öffnen, ist aber natürlich leer und nicht funktional. Man kann ihn als Smartphone-Halter verwenden, wenn man unbedingt einen Nutzen dafür sucht. Der Schieberegler für die Lautstärke an der linken Seite lässt sich ebenfalls bewegen, ist aber auch nicht funktional, zumal auch die Kopfhörerbuchse bei der Mini-Version fehlt. Fast schon übertrieben detailverliebt ist, dass sich die Kappe abnehmen lässt, die beim echten Mega Drive den Erweiterungs-Slot bedeckte.

Sega hat die längeren

Einer der größten Kritikpunkte bei allen drei Retro-Konsolen der Konkurrenz ist, dass die Controller-Kabel viel zu kurz sind. Beim Mega Drive Mini wurde versucht, diesen Fehler nicht zu begehen. Die Kabel sind 1,95 Meter lang, könnten aber ruhig noch etwas länger sein. Bei Nintendos NES Mini sind es nur 70 cm.

Im Gegensatz zur eigentlichen Konsole sind die Controller nicht geschrumpft, sondern in Originalgröße. Sie werden per USB mit dem Mega Drive Mini verbunden. Die Controller sehen aus und fühlen sich an wie damals. Das heißt die B- und C-Tasten haben auch in dieser Version viel Spiel – etwas weniger Gewackel der Buttons wäre mir lieber gewesen.

3 oder 6 Tasten

Wer sich an den Original-Mega-Drive erinnert, wird sich vermutlich fragen, wieso der Controller nur 3 Tasten hat. Der 6-Tasten-Controller kam erst später auf den Markt und war erst beim Mega Drive 2 Standard. Die Games am Mega Drive Mini können alle mit dem 3-Tasten-Controller gespielt werden. Einige, wie etwa Street Fighter 2, sind damit aber nicht bequem spielbar.

Von Retro-Bit gibt es deshalb um 20 Euro den 6-Tasten-Controller zum Nachkaufen. Dieser kann nicht nur für den Mega Drive Mini, sondern per USB-Anschluss auch PC und Mac genutzt werden.

Retro-Sound

Nicht nur bei der Hardware, auch bei der Software zeigt der Mega Drive Mini, wie es sein sollte. Beim Einschalten ertönt stilechte 16-Bit-Musik im Auswahlmenü, die eigens für den Mega Drive Mini komponiert wurde.

Das Menü ist auf das Wesentliche reduziert. Man kann die Spiele nach verschiedenen Parametern sortierten und per Druck auf die B-Taste die Ansicht wechseln. Dann sieht man die Seiten der Spieleverpackungen – so, wie die Schachteln der Games früher im Bücherregal gestanden sind.

In den Einstellungen kann man von 4:3 auf ein gestrecktes 16:9-Format wechseln und einen von zwei Hintergründen wählen, wenn das empfohlene 4:3-Format genutzt wird. Ein weiteres nettes Detail: Wenn man von Deutsch zur japanischen Sprache wechselt, sieht man die japanischen Spiele-Covers in der Auswahl. Einige der Spiele sind dann auch in der japanischen, statt der europäischen Version spielbar. Abgesehen von der Sprache gibt es da manchmal kleine Unterschiede. Bei Street Fighter 2 heißt M. Bison etwa Vega.

Die Games

Wie bei den anderen Mini-Konsolen auch, sind die Spiele als ROMs vorinstalliert. Sie werden also vom Mini-Computer im Konsolen-Gehäuse emuliert, anstatt mit Original-Hardware von damals berechnet. Und ebenfalls wie bei den anderen Mini-Konsolen gibt es offiziell keine Möglichkeit, weitere Games zu installieren.

Um das zu kompensieren, ist der Mega Drive Mini großzügig mit 42 Spielen ausgestattet – bei Nintendos SNES Mini sind es nur 21. Dennoch gibt es die Chance, dass gerade das Game, das man als Kind geliebt hat, nicht dabei ist. Anders rum kann natürlich sein, dass der Mega Drive Mini genau das Game hat, das man als Kind immer haben wollte, aber nicht bekommen hat.

So gibt es etwa namhafte Klassiker wie Comic Zone, Sonic, Ecco the Dolphin, Shinobi, und viele andere. Mit Phantasy Star 4 werden auch Fans von japanischen Rollenspiel bedient. Auf Sportspiele hat Sega komplett verzichtet. Auch die in den 90ern üblichen Spiele zu Filmen gibt es nicht – sie fehlen vermutlich aufgrund von Lizenzrechten. Ein wenig seltsam ist zudem, dass von manchen Spielreihen nur einzelne Fortsetzungen, aber weder Original noch Nachfolger verfügbar sind.

Liste aller Mega Drive Mini Spiele

Alex Kidd in the Enchanted Castle
Alisia Dragoon
Altered Beast
Assault Suits Leynos! (Target Earth)
Beyond Oasis
Castle of Illusion
Castlevania: Bloodlines
Columns
Comix Zone
Contra: Hard Corps
Darius MD
Dr. Robotnik's Mean Bean Machine
Dynamite Headdy
Earthworm Jim
Ecco the Dolphin
Ghouls 'N Ghosts
Golden Axe
Gunstar Heroes
Landstalker
Langrisser II
Lord Monarch
Mega Man: The Wily Wars
Monster World IV
Phantasy Star 4
Road Rash II
Shining Force
Shinobi 3
Slap Fight MD
Snow Bros
Sonic Spinball
Sonic the Hedgehog
Sonic the Hedgehog 2
Space Harrier 2
Street Fighter 2: Special Champion Edition
Streets of Rage 2
Super Fantasy Zone
Tetris
Thunder Force 3
ToeJam & Earl
Vectorman
Wonder Boy in Monster World
World of Illusion

Wie damals, nur besser

Die Emulation der Spiele ist sehr gut. Verzögerungen bei der Eingabe, Ruckeln oder grobe Darstellungsfehler gibt es nicht. Bei einigen Games kann man Bildfehler erkennen, wenn man sehr genau hinsieht, das die halten sich in Grenzen. Auch die Tonqualität ist sehr gut.

Während man beim NES Mini noch tatsächlich die Reset-Taste drücken musste, um ins Spiele-Auswahlmenü zurückzukehren, kann man beim Mega Drive Mini einfach Start für ein paar Sekunden gedrückt lassen. So kann man das Spiel auch speichern. 4 Speicherstände stehen für jeden Titel zur Verfügung. Leider gibt es keine Zurückspul-Funktion – hier hat Nintendo mit dem SNES Mini dann doch etwas besser gemacht als Sega beim Mega Drive Mini.

Fazit

Als Nintendo-Kind konnte ich nur neidisch auf die Freunde sein, die einen Mega Drive mit den vermeintlich cooleren Games hatten. Mit dem Mega Drive Mini kann nun auch dieses Jugend-Trauma überwunden werden. Aber selbst für die, die in ihrer Kindheit schon einen Mega Drive hatten, bringt die Mini-Konsole nicht nur Erinnerungen, sondern auch das Gaming-Gefühl von damals zurück.

Schade ist nur, dass Sega mit dem Mega Drive Mini sehr spät ist – der Hype um die Zwerg-Konsolen ist eigentlich schon vorbei. Wäre der Mega Drive Mini früher erschienen, hätte Nintendo vielleicht mehr Games in den SNES Mini gepackt und Sony nicht die Katastrophe namens PlayStation Mini abgeliefert.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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