Symbolbild: Hass im Netz

Symbolbild: Hass im Netz

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Kommentar

Aggression auf Social Media: Blocken ist die beste Strategie

Für die eigene Psychohygiene empfiehlt es sich, aggressiven Nutzern in der eigenen Timeline keinen Platz zu geben

Die Debattenkultur in sozialen Medien hat in den vergangenen Jahren einigen Schaden genommen. Am besten sehen kann man das auf X - ich sage eigentlich immer noch Twitter, weil ich alt genug für Nostalgisches bin - seit es von Elon Musk übernommen wurde. Insbesondere seit der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg und dem Überfall der Hamas auf Israel haben Fake News, Populismus und extremistische Inhalte allgemein Aufwind bekommen und ihre Spuren in der zwischenmenschlichen Onlinekommunikation hinterlassen. 

Wenn dann jemand wie Musk eine Plattform so umbaut, dass Hass, Hetze und Häme von Algorithmen ganz besonders belohnt, regelmäßig vom Chef selbst befeuert und dann auch noch als “Meinungsfreiheit” verkauft werden, verschärft sich die Situation. Russische Bots und Algorithmen, die Filter-Blasen extrem verengen (wie zb auf TikTok), tun ihr Übriges. 

Verifizierte User sind auf Twitter eigentlich keine verifizierten User mehr, sondern gekaufte Abo-Accounts, die dann besonders viel Reichweite und dadurch Aufmerksamkeit erlangen. Und aus irgendeinem Grund hat sich dieses Abo-Modell vor allem bei aggressiven (auffällig männlichen) Usern beliebt gemacht. So wurde aus dem blauen Haken, der früher zumindest ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit für die Inhalte der Postings garantierte, zu einer Art Troll-Erkennungsabzeichen (Entschuldigung hiermit an all jene Blauer-Haken-Inhaber und -Inhaberinnen, die nicht in diese Kategorie fallen, es gibt ein paar). 

Destruktive Dynamiken

Als langjähriger Twitter-Nutzerin und auch -Liebhaberin - ja, es gab hier einmal die guten alten Zeiten - fällt es besonders auf, wie sich das Gesprächsniveau verschlechtert hat. Gab es früher einzelne Aufregerthemen oder Shitstorms, so sind Gereiztheit, Beschimpfungen, absichtliches Missverstehen und sogenannte Shitposts inzwischen absolut die Regel geworden. Es ist dabei auch völlig egal, um welches Thema sich ein Posting dreht und es muss weder provokant noch besonders ernst gemeint sein, die Reaktionen fallen meistens ähnlich aus: zerstörerisch und aggressiv. 

Wo sich einst eine Antwort lohnte, man sogar mal vorzüglich streiten konnte, ist heute eine Reaktion oft nur noch eines: kontraproduktiv. Natürlich gibt es weiterhin Menschen, meist jene, die man schon lange in seinen Follower- und Followinglisten hat, mit denen sich die Debatte weiterhin lohnt. Doch der Großteil der Reaktionen ist die “Mühe” einfach nicht mehr wert. Das liegt daran, weil sich derart destruktive Dynamiken durchgesetzt haben bzw. auch bewusst von Plattformbetreibern herbeigeführt wurden, dass man kaum noch etwas Sinnvolles aus einer solchen “Unterhaltung” heraus bekommt.

Wieso gehst du nicht?

Wenn alles so furchtbar geworden ist, wieso gehst du dann nicht einfach? Eine berechtigte Frage, die man sich angesichts der Entwicklungen durchaus auch selbst stellt. Eine Frage, die als aggressiver Vorwurf verpackt auch oftmals von Gruppen wie den leidenschaftlichen Musk-Verehrern (Gendern unnötig) auf jegliches Anzweifeln der Plattform und ihres Besitzers als Reaktion kommt. Die Antwort darauf ist vermutlich gar nicht so einfach oder anders gesagt: Antworten darauf gibt es viele. 

Manche Nutzer und Nutzerinnen haben sich schon zurückgezogen, manche nehmen häufigere Auszeiten, andere kommen wieder zurück. Informationen und Wortspenden von den genannten “alten Bekannten” sind dann am Ende doch auch immer etwas, wovon man sich nicht leichtfertig trennen will. Manchmal kann es sogar noch lustig sein oder man denkt sich einfach: Wieso soll ich mich hier verabschieden, ich war doch schon vor der aggressiven Welle und vor den Bots und Trollen da. Trotzreaktion sozusagen. 

Konsequent Blocken

Um sich in diesem Spannungsfeld irgendwie zurechtzufinden und sich von der eigenen Social-Media-Nutzung nicht den Tag (und den folgenden und den folgenden und den…) vermiesen zu lassen, hat sich letztendlich eines bewährt: konsequentes Blocken. 

Nachdem man sich in den Anfangszeiten der sozialen Medien eigentlich relativ gut in den Netzwerken bewegen konnte, ohne sofort das Bedürfnis nach dem Blockier-Button zu verspüren, hat sich die Lage inzwischen deutlich geändert. Anstatt sich mit Diskurszerstörern in eine Abwärtsspirale (emotional und argumentativ) ziehen zu lassen, hält man sich mit dem kommentarlosen Blocken von offensichtlich auf Aggression gebürsteten (oder programmierten) Accounts das Schlimmste vom Leib. Jegliches Eingehen auf Angriffe kostet nicht nur Zeit und Nerven und schadet der eigenen psychischen Verfasstheit, sondern befeuert zusätzlich jene Algorithmen, die ohnehin schon dafür sorgen, dass der schlechte Ton Überhand gewinnt. 

Auch wenn es manchmal Beschwerden auslöst, wenn Leute bemerken, dass sie geblockt wurden, sollte man sich davon nicht aufhalten lassen. Niemand muss sich rechtfertigen, warum man wen aus welchen Gründen blockt. Es findet keine “Zensur” statt, wenn man sich die Freiheit nimmt, selbst zu entscheiden, wer mitlesen oder sich in einer direkten Antwort äußern darf. Niemand hat Anspruch auf irgendwen oder irgendeine Reaktion - und schon gar nicht darauf, seinen Hass und seine Beschimpfungen zu verteilen. In diesem Sinne: Ein Hoch auf die Blockierfunktion und lasst euch nicht vertreiben! 

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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