COP26: (Klima-)Gipfel der Verantwortungslosigkeit
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Die G20-Länder sind für rund 80 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Zur 26. Weltklimakonferenz kamen ihre Staatsoberhäupter – die meisten per Flugzeug – direkt von ihrem Treffen in Rom. Dort konnten sie zuvor nicht einmal Konsens für eine verbindliche Verpflichtung finden, den weltweiten Temperaturanstieg unter 1,5 Grad zu halten. Den Begriff „Sofortmaßnahmen“ strichen sie wieder aus ihrer Abschlusserklärung. Gemessen an diesem Ergebnis braucht es schon einiges an Chuzpe, um damit im Gepäck nach Glasgow zu fliegen, dort zu verkünden, dass man die Klimakrise nun aber wirklich ernst nehme und gleich darauf wieder abzureisen.
Das Vereinigte Königreich als Gastgeber der COP26 versucht, diesen Auftakt als Zeichen für einen besonderen „Gipfel der Staats- und Regierungschef*innen“ zu framen. Aber deren Anwesenheit am Beginn wertet die Klimakonferenz nicht auf, sondern im Gegenteil: Ihre Abwesenheit im weiteren Verlauf der Verhandlungen ist besorgniserregendes Zeichen dafür, dass die COP für sie keineswegs jene hohe Wertigkeit einnimmt, die der drastisch zunehmenden Dringlichkeit in Sachen Klima Rechnung tragen würde.
Bei fast jeder COP reisen die Staats- und Regierungschefs in der zweiten Woche an, nachdem sie die Verhandlungsführer*innen in der ersten Woche an den Themen arbeiten ließen. Das macht auch Sinn: In der ersten Woche werden in der Regel die strittigen Punkte identifiziert, erste Fortschritte erzielt und ein Textentwurf mit verschiedenen Optionen erstellt. Darüber wird dann in der zweiten Woche verhandelt und abgestimmt. Üblicherweise passierte das in Anwesenheit der Präsident*innen, Premiers und Kanzler*innen. Denn nur sie haben – zumindest theoretisch – letztendlich das nötige Gewicht und die Entscheidungsmacht, um Blockaden zu überwinden und zu einer Gesamteinigung zu kommen.
Es ist daher ein schlechtes Zeichen, wenn die Staats- und Regierungsoberhäupter am Beginn und nicht am Ende auftauchen. Wäre man zynisch, so könnte man beinahe meinen, sie wollen lieber als positive Impulsgeber*innen wahrgenommen werden und nicht am Ende verantwortlich zeichnen für ein schwaches Ergebnis, das unter den Erwartungen liegt und weiterhin keine Lösungen gegen den rasant voranschreitenden Klimawandel bieten wird.
Wegen COVID wurde seit 2 Jahren keine COP mehr abgehalten. Die Klimakrise hat aber keine Pause eingelegt. Hitzerekorde, die es ohne menschgemachten Klimawandel erwiesenermaßen so nicht gegeben hätte, sorgten für zahlreiche Tote und Flächenbrände, die ganze Dörfer auslöschen. Wetterextreme nehmen zu, das Eis in der Arktis schmilzt in rasantem Tempo, und der Weltklimarat kam im August zu dem Schluss, dass manche Auswirkungen bereits unumkehrbar sein dürften. Deshalb dürfen wir uns mit schönen Reden der verantwortlichen Staatsoberhäupter über den Klimanotstand und ihrem „alle an einem Strang“-Mantra nicht zufrieden geben. Dass Boris Johnson das Klima mit einem abenteuerlichen James Bond-Film vergleicht, macht ihn zu einem geübten Pointenschreiber, aber nicht vom klimawandelleugnenden Saulus zum aktivistischen Paulus, auch wenn manche Berichterstattung sich zu solchen Darstellungen hinreißen lässt.
Worte reichen schon lang nicht mehr, auch wenn sie in stets neuen Gewändern daherkommen. Die derzeitigen Zusagen bedeuten, dass die globalen Temperaturen um 2,7 °C und nicht um 1,5 °C hochklettern werden – mit allen drastischen Auswirkungen. Doch anstatt die Probleme am Verhandlungstisch zu lösen, stiegen die verantwortlichen Regierungschef*innen nach ihren Fernseh-Momenten wieder in ihre Flugzeuge und überlassen das Schicksal des Planeten den Minister*innen und Beamt*innen in der zweiten Reihe, die gar nicht die Entscheidungsbefugnis haben, die für echten Fortschritt erforderlichen großen Vereinbarungen zu treffen. Es ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit.
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