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Netzpolitik

EU-Cloud-Projekt Gaia-X von Zwist und Chaos zerfressen

Vor rund einem Jahr wurde das europäische Cloud-Projekt Gaia-X ins Leben gerufen. Ziel ist der Aufbau einer souveränen Dateninfrastruktur und gemeinsamen Standards, um beim Cloud Computing unabhängiger von großen US-Konzernen wie Amazon, Google und Microsoft zu werden. Wie Politico berichtet, gab es zu Beginn große Ambitionen, mittlerweile herrschen aber Streit und Chaos. Das Projekt droht zu stagnieren.

"Zu viele Köche"

Projektziele werden ständig nach hinten verschoben, es gibt interne Machtkämpfe und es herrscht Uneinigkeit über gemeinsame Vorgehensweisen. Eine Vielzahl an Projektpartnern macht die Koordination schwierig. Dadurch steigt die Frustration bei vielen Unternehmen. "Es gibt zu viele Köche in der Küche", urteilt Frank Karlitschek, Gründer des deutschen Unternehmens NextCloud, das Gaia-X-Partner ist.

Einfluss aus Übersee

Uneinigkeit herrscht u.a. darüber, ob es wirklich sinnvoll war, genau jene US-amerikanischen Unternehmen, von denen man sich emanzipieren will, in das Projekt aufzunehmen. Dort sind die großen Cloud-Anbieter offenbar auch sehr umtriebig. Microsoft bringt eigene Ideen etwa stark in die technischen Komitees ein.

"Die Big Player machen, was sie immer machen. Zuerst klopfen sie an die Tür, dann machen sie einen Schritt herein. Es wurde sehr schnell klar, dass diese Leute jetzt dominant in den technischen Gruppen sind", meint etwa Yann Lechelle, CEO des französischen Cloud-Providers Scaleway. Der Einfluss der US-Unternehmen auf Gaia-X ist offenbar auch durch weitreichende Partnerschaften mit europäischen Telekom-Unternehmen gegeben.

Parallel-Projekte

Aus Frust über die schleppenden Fortschritte haben diverse Gaia-X-Partnerunternehmen parallele Partnerschaften gegründet. U.a. wurde eine Vereinigung namens Euclidia ins Leben gerufen, die sich völlig von US-amerikanischen und asiatischen Vorgehensweisen bei Cloud-Themen lösen will. Andere Partner glauben noch an den Erfolg. "Es ging rauf und runter, vorwärts, rückwärts, manchmal drei Schritte zurück, einen nach vorne. Aber am Ende bewegen wir uns vorwärts", meint etwa Rainer Sträter vom deutschen Cloud-Anbieter Ionos.

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