Zuckerberg: Es wird immer eine kostenlose Facebook-Version geben
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Im Abwehrkampf gegen eine schärfere Regulierung zeigt sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg nach dem jüngsten Datenskandal tatkräftig. „Wir durchlaufen gerade einen breit angelegten Kulturwandel im Unternehmen“, sagte Zuckerberg am Dienstag im US-Kongress bei der ersten öffentlichen Anhörung (Video) nach Bekanntwerden der unlauteren Nutzung von Informationen von bis zu 87 Millionen Facebook-Mitgliedern durch Cambridge Analytica.
Der 33-Jährige, der den Frage- und Antwortmarathon der Senatoren anders als andere Auftritte im Anzug absolvierte, ließ sich in der fast fünfstündigen Anhörung keine konkreten Zusagen dafür abringen, eine stärkere Kontrolle des weltgrößten Online-Netzwerks zuzulassen. Die zum Teil scharfen Fragen der Senatoren des Justiz- und Handelsausschusses reichten von der jüngsten Datenaffäre, bei der die britische Firma Cambridge Analytica mit den Nutzerinformationen den Wahlkampf von Präsident Donald Trump unterstützte, über Falschnachrichten („fake news“) bis zur russischen Einmischung in den Wahlkampf vor zwei Jahren.
Regulierung
Für Zuckerberg, der Facebook 2004 als Harvard-Student gründete und zu einem Konzern mit einem Marktwert von mehr als 450 Milliarden Dollar machte, steht wie für die gesamte Technologiebranche viel auf dem Spiel. Angesichts des Datenskandals, mit dem sich das Unternehmen seit Mitte März herumschlägt, denkt die Politik über eine stärkere Regulierung nach. Einzelne Volksvertreter haben eine Zerschlagung von Facebook mit seinen mehr als zwei Milliarden Nutzern gefordert. Bisher hätten viele Abgeordnete darauf vertraut, dass sich die Technologieunternehmen selbst steuerten, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses, John Thune, zu Beginn der Anhörung. „Aber dies könnte sich ändern.“
Zuckerberg erklärte, er sei per se nicht gegen eine Regulierung, wenn es die richtige sei. Details wollte er nicht nennen, versprach lediglich, entsprechende Vorschläge einzureichen. Er betonte, dass die USA nicht hinter China zurückfallen dürften, was Innovationen angehe.
Keine Konkurrenten
Für Lacher sorgte Zuckerberg mit der Antwort auf die Frage, ob Facebook ein Monopol innehabe: „Es fühlt sich für mich nicht danach an.“ Die Frage, wer die direkten Konkurrenten von Facebook seien, konnte Zuckerberg aber nicht beantworten.
Zuckerberg wollte nicht ausschließen, dass es künftig auch eine kostenpflichtige Version des Online-Netzwerkes gebe, versicherte aber: „Es wird immer eine Version von Facebook geben, die kostenlos ist.“
Zuckerberg kündigte an, alle Apps zu untersuchen, die Zugriff auf Facebook-Nutzerinformationen haben. Im Kampf gegen Fake News und Hass-Postings setze das Unternehmen auch auf künstliche Intelligenz, sagte Zuckerberg. Er rechne damit, dass Software zur Sprachanalyse in fünf bis zehn Jahren soweit sein werde.
Nutzer werden nicht abgehört
Auch das hartnäckige Gerücht, dass Facebook über das Smartphone-Mikrophon Gespräche seiner Nutzer aufzeichne und auswerte war Thema der Anhörung. Zuckerberg sprach von einer Verschwörungstheorie und sagte: „Wir machen das nicht“
Weitgehend souveräner Auftritt
Bei der Anhörung kamen 44 Senatoren zu Wort. Zuckerberg, der alle Fragen sehr konzentriert und ruhig beantwortete, schien im Verlauf der Fragerunde Selbstvertrauen zu gewinnen und lieferte einen weitgehend souveränen Auftritt ab. Der sonst medienscheue Milliardär fährt gerade eine Charme-Offensive. Um Kritikern Wind aus den Segeln zu nehmen, entschuldigte er sich bereits in mehreren Interviews. Viele seiner Aussagen wiederholte er auch am Dienstag. Mehr als ein Dutzend Mal vertröstete er auch die Senatoren. „Mein Team wird sich bei ihnen melden“, sagte Zuckerberg. Zum Beispiel als es um die Frage ging, ob Facebook weiter Daten über die Aktivität der Nutzer sammele, nachdem sie sich auf einem Gerät ausgeloggt haben. Es war aber auch sein Hintertürchen, um mancher wirr oder unverständlich formulierten Frage konfliktfrei aus dem Weg zu gehen. Bei anderen fragte er eiskalt nach, was eigentlich gemeint sei - und einige Politiker, die ganz offensichtlich Fragen von ihren in Online-Dingen versierteren Mitarbeitern aufschreiben ließen, gerieten ins Trudeln.
Aktie legt zu
Bei Anlegern kam der Auftritt des Amerikaners gut an: Die Facebook-Aktie baute ihre Gewinne aus und schloss mit einem Plus von 4,5 Prozent.Im Ringen um die Gunst der Senatoren und Nutzer weltweitverwies er auf die Veränderungen, die Facebook vorgenommen hat. So gibt der Konzern aus Menlo Park Nutzern mehr Kontrolle über ihre eigenen Informationen und vereinfacht die Verwaltung der Einstellungen. Werbekunden sollen davon nicht gestört werden. Das Gros der Einnahmen des Tech-Riesen kommt aus den Anzeigen.
Hotel bleibt geheim
Thema der Anhörung war auch Zuckerbergs Privatsphäre. Es ist einer der wenigen Momente während der Marathonsitzung, in denen Mark Zuckerberg ins Schwimmen gerät. Ob der Facebook-Chef das Hotel zu verraten bereit sei, in dem er die vergangene Nacht verbracht habe, fragt US-Senator Rick Durbin. „Äh - - nein“, antwortet Zuckerberg nach verlegenem Grinsen und kurzer Denkpause. Und ob er die Leute benennen wolle, mit denen er zuletzt per Messenger-Dienst kommuniziert habe, fragt Durbin weiter. „Senator, nein“, dies würde er wahrscheinlich nicht wollen, entgegnet Zuckerberg.
Der Republikaner John Kennedy gab Zuckerberg eine klare Kritik mit auf den Weg: „Ihre Nutzungsbedingungen sind Mist.“ Das Ziel des Textes sei, Facebook rechtlich abzusichern - und nicht die Nutzer über ihre Rechte zu informieren. „Ich würde vorschlagen, dass sie nachhause gehen und das neu schreiben“, sagte der 66-jährige Senator aus Louisiana in Lehrer-Ton. „Ich will Facebook nicht regulieren - aber bei Gott, ich werde es tun.“ Ob es dazu komme, hänge auch vom künftigen Vorgehen Facebooks und Zuckerbergs ab.
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