Erste Bank startet Online-Banking nach Google-Vorbild
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Mit George haben Erste Bank und Sparkassen am Freitag ihre neue Online-Banking-Plattform präsentiert. Das von Grund auf neu entwickelte Online-Banking, das vorerst parallel zum bestehenden Netbanking geführt wird, greift moderne Web-Technologien und Interface-Konzepte auf, wie sie User im digitalen Zeitalter von Unternehmen wie Google und Facebook gewohnt sind.
Präventive Absicherung
Mit dem neuen Online-Banking will man nicht nur den knapp 45 Prozent Kunden, die schon heute ihre Bankgeschäfte im Web erledigen, eine bedienungsfreundlichere Plattform bieten. George, das als Ökosystem mit herunterladbaren Plug-ins, vernetzten Apps und individuell gestaltbaren Funktionen konzipiert ist, soll auch eine Art präventive Absicherung sein, wenn die digitale Konkurrenz groß ins Finanzgeschäft einsteigt. Wie ernst es diesen ist, hat Apple mit dem eigenen Bezahldienst Apple Pay etwa längst bewiesen.
„Vieles wird davon abhängen, ob wir jetzt gestaltender Vorreiter oder überholtes Opfer der Digitalisierung sind“, sagt Erste-Vorstand Peter Bosek bei der Präsentation. Sollten sich smarte Finanzdienste der großen Anbieter durchsetzen, wolle man als Bank nicht zum reinen Infrastruktur-Anbieter verkommen, der nur mehr im Hintergrund die Zahlungsflüsse abwickle, so Bosek. "Wir wollen vielmehr den direkten Kundenkontakt aufrechterhalten und die digitale Revolution mit anführen", sagt Bosek.
Mehr als oberflächliche Politur
Aus diesem Grund handle es sich bei George auch nicht über ein neues Online-Banking mit nur aufpoliertem Interface. Vielmehr wurde in den vergangenen zwei Jahren die gesamte Infrastruktur dahinter neu aufgesetzt. Die konzeptionelle und technische Entwicklung fand größtenteils im neu gegründeten Erste Hub sowie dem dazugehörigen Start-up BeeOne statt, das auch für die Vielzahl an neuen Apps verantwortlich zeichnet. Wie auch schon bei einigen Apps wurden Erste-Bank- und Sparkassen-User früh als Betatester in die Entwicklung der Plattform eingebunden.
"George ist in Österreich einzigartig. In Sachen Design und Usability stehen wir damit den etablierten Internet-Riesen in nichts mehr nach", ist Boris Marte, Leiter des Erste Hubs, überzeugt. Neben der mit Farben und Bilder personalierbaren grafischen Aufbereitung bietet George eine Google-artige Suche, mit der Überweisungsinformationen, Geldbeträge oder auch Namen quer über alle Konten und Finanzservices ausfindig gemacht werden können.
Auto-Fill-in
Anstatt mühsam Vorlagen für regelmäßige Überweisungen anlegen zu müssen, merkt sich die Plattform einmal getätigte Transfers und füllt Informationen wie IBAN und Adresse des Geldempfängers automatisch aus. Auch Voreinstellungen wie Inlands- und Auslandsüberweisung fallen weg, die Plattform ordnet die Überweisung anhand der Daten automatisch zu. Für eine spielerische Aufbereitung werden ausgewählte Monatsumsätze mittels Diagrammen und Statistiken visualisiert.
"Wir wollen beweisen, dass Online-Banking auch Spaß machen kann", unterstreicht Marte ein weiteres Manko derzeitiger Angebote. Denn laut einer von Erste Bank und Sparkassen in Auftrag gegebenen Integral-Umfrage macht die Nutzung von Facebook etwa 45 Prozent der 900 Befragten Spaß, während Online-Banking hier abgeschlagen bei nur 17 Prozent liegt. Auch beim Design von Online-Auftritten hatten Banken laut Umfrage bisher das Nachsehen. Amazon wird von 40 Prozent der Befragten als top eingestuft, Online-Banking kommt hier nur auf einen Wert von 20 Prozent.
Gute Werte bei Sicherheit
Während es also in punkto Usability, Design und Spaßfaktor großes Aufholpotenzial für die Banken gibt, können diese derzeit auf anderen Imagestärken aufbauen. "Laut Umfrage bezeichnen 81 Prozent ihre Bank als vertrauenswürdig, immerhin noch 74 Prozent sind sich sicher, dass ihre eigenen Daten bei der Bank vor dem Zugriff Dritter geschützt sind", sagt Bosek. Facebook hingegen würden nur drei Prozent als vertrauenswürdig bezeichnen. Dass Daten bei Google vor Dritten geschützt sind, glauben gar nur ein Prozent.
Um den persönlichen Kundenkontakt auch in der digitalen Welt nicht zu verlieren, haben die Entwickler einen abgesicherten Kommunikationskanal in die Plattform integriert, über die Kunden ihre Betreuer kontaktieren können, ohne auf unsichere E-Mails ausweichen zu müssen. Eine neue Support-Chatfunktion, über die im Fall von Problemen auch anonymisiert Screenshots mit Notizen gesendet werden können, wurde ebenfalls eingerichtet.
Grundstein gelegt
Die nun vorgestellte Plattform ist laut den Bankverantwortlichen erst der erste Schritt, folglich sollen die schon bisher zugänglichen Funktionen gratis genutzt werden können. Über entsprechende Plug-ins, die über den George + Store heruntergeladen werden, können sich Kunden ihr eigenes Bank-Service zusammenstellen. Einige Services wie etwa eine Gesamt-Bilanzübersicht über alle Konten, die es derzeit auch schon im Erste-Netbanking gibt, sind gratis.
Andere Plug-ins werden jedoch kostenpflichtig sein. Wer etwa seine gesamten Umsätze nicht wie in "George" standardmäßig vorgesehen nur drei Jahre zurückverfolgen, sondern sieben Jahre zurückgehen will, kann das entsprechende Plug-in "7 Jahre Archiv" um 0,49 Cent pro Monat dazubuchen. In Zukunft sind aber auch tiefergehende Finanz-Plug-ins angedacht, die auch Services externer Anbieter in die Banking-Plattform integrieren werden.
Laut Erste-Vorstand Bosek werde man sich die nächsten Monate intensiv ansehen, wie Kunden derartige Zusatzfeatures und Plug-ins annehmen. "Es gibt ja in der ganzen Branche keine Erfahrung, wie solche Zusatzfeatures angenommen werden - etwa ob kleinere monatliche Beträge oder Einmalentgelte für die Nutzung dieser Funktionen der richtige Weg sind", sagt Bosek. George sei in jedem Fall eine große Chance, um ein wirklich personalisiertes Banking zu ermöglichen.
Parallel zum Netbanking
Erste-Bank- und Sparkassen-Kunden sind automatisch für die neue Plattform freigeschaltet. Wer "George" nur ausprobieren möchte, kann aber auch in Zukunft die bestehende Netbanking-Seite parallel oder ausschließlich nutzen. Wer mobil zugreifen will, kann dies einfach über den Smartphone- oder Tablet-Browser tun. Die Ansicht passt sich automatisch an. Zum offiziellen Start von George gibt es auch eine neue schlanke Überweisungs-App namens George Go (iOS/Android), bei der etwa auch die Auto-Fill-Funktion für Empfänger(konten) integriert ist.
Der Name "George" geht laut den Verantwortlichen übrigens auf den ersten Autopiloten der Luftfahrtgeschichte zurück, der von Erfinder Lawrence Sperry ebenfalls "George" genannt wurde und das Leben schlichtweg einfacher und sicherer machen sollte. So lautet zumindest die offizielle Version zur Namensfindung. Inoffiziell dürfte der Name laut Erste-Hub-Leiter Marte so entstanden sein, dass ein Mitarbeiter den Arbeitstitel "Online-Banking 4.0" wenig zielführend fand und bei einem Meeting aus dem Bauch heraus vorschlug, die Plattform schlichtweg "George" zu nennen. Die neue Marke wurde in den vergangenen Wochen bereits mit einer aufwändigen Teaser-Kampagne beworben.
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