Der faire Rohstoffabbau bleibt eine große Herausforderung
Der faire Rohstoffabbau bleibt eine große Herausforderung
© /Fairphone

Fair Trade

Handy-Produktion bleibt ein schmutziges Geschäft

Der Smartphone-Boom ist ungebremst. Allein 2014 wurden 1,3 Milliarden Geräte weltweit ausgeliefert, Tendenz weiter steigend. Der Preis für die schöne neue Handy-Welt bleibt allerdings hoch. Von der Ausbeutung der Minenarbeiter in Afrika, den prekären Arbeitsbedingungen in fernöstlichen Fabriken und dem Elektroschrott, der nach Lebensende des Geräts wieder in Afrika und anderen Regionen landet, bekommt der Käufer des neuesten iPhones oder Galaxy-Geräts meist nichts mit.

Komplexe Produktion

Allein 30 unterschiedliche Mineralien und Metalle werden in modernen Smartphones verbaut. Einige wie Zinn, Tantal, Wolfram und Gold sind offiziell als Konfliktrohstoffe eingestuft, da Fördergebiete in bürgerkriegsumkämpften Regionen wie dem Kongo liegen und dort den Kauf von Waffen finanzieren. Aber auch der Rohstoffabbau in anderen Regionen wie Chile, Russland oder China geht meist mit schwerer Umweltzerstörung, gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen und sogar Kinderarbeit einher. Die mittlerweile bekannten untragbaren Arbeitsbedingungen in den Fabriken der Handyhersteller, wo die Komponenten zusammengesetzt werden, sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

"Im Vergleich zu Lebensmitteln, die leichter als Fair- Trade-Produkte hergestellt werden können, ist die Produktion von Elektronikprodukten eine viel komplexere Angelegenheit. Zwar gibt es mittlerweile Rohstoffe, die unter faireren Bedingungen abgebaut wurden. Als Hersteller ist es meist aber unmöglich, von Zulieferern Gerätekomponenten zu bekommen, in denen zertifizierte Rohstoffe verarbeitet wurden", erklärt Andrea Ben Lassoued von der österreichischen OrganisationSüdwind der futurezone.

Weiterhin prekäre Arbeitssituation

In der Produktion hat sich trotz einiger kritischer Medienberichte über die Fabriken von Apple und Co laut Lassoued wenig getan: "Natürlich fahren hochrangige Manager medienwirksam hin und da und dort gibt es auch Verbesserungen. Im Großen und Ganzen sind das aber nur ein paar Tropfen auf den heißen Stein. Die Arbeitszeiten liegen bei zehn bis zwölf Stunden pro Tag, die Bezahlung ist unter dem Existenzminimum und in ihrer Arbeit sind die Menschen meist ungeschützt gesundheitsschädlichen Chemikalien ausgesetzt."

Bei den stärker im Rampenlicht stehenden Produktionsstätten, wie denen des Apple-Zulieferers Foxconn, dürften sich die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung wohl tatsächlich verbessert haben. Viele Hersteller weichen mittlerweile aber auch innerhalb Chinas auf billigere Regionen und neue Länder wie die Philippinen, Thailand oder Indien für die Produktion aus.

Gegen die Utopie

Dass ein fair produziertes Smartphone praktisch ein Ding der Unmöglichkeit ist, wollte die niederländische Initiative Fairphone so nicht hinnehmen. Über eine weltweite Netzkampagne wurde die Finanzierung für die Produktion des ersten Geräts aufgestellt. Im November folgt bereits das Fairphone 2, das nach noch strengeren Kriterien produziert wird und durch die modulare Bauweise auch eine längere Haltbarkeit aufweisen soll.

Fairphone 2
„Es ist natürlich nicht möglich, ein 100 Prozent faires Telefon zu produzieren, aber mit unseren Bemühungen sind die ersten Schritte getan. Für Fairphone 2 sind wir nun kurz davor, dass wir durch entsprechende Verträge neben Zinn und Tantal auch den konfliktfreien Abbau von Gold und Wolfram schaffen können“, sagt Fairphone-Sprecherin Daria Koreniushkina zur futurezone. Da die Fairphone-Macher das Gerät dieses Mal nicht von einem Dritthersteller lizenziert, sondern von Grund auf selbst entwickelt haben, sei die direkte Einflussnahme auf Zulieferer weitaus höher als beim ersten Modell.

Nachfrage notwendig

Ob fair produzierte Handys Standard werden, dürfte nicht zuletzt auch von der Kunden-Nachfrage abhängen. 140.000 verkaufte Geräte sind das jährliche Ziel. Auf fairphone.com kann das Android-Handy um 525 Euro vorbestellt werden. Die genaue Kostenaufschlüsselung hat Fairphone bereits öffentlich gemacht (siehe PDF). "Wenn die Nachfrage einmal unsere Produktionsmöglichkeiten übersteigen und somit andere Hersteller auf diesen Zug aufspringen müssen, dann haben wir es geschafft", so die Fairphone-Sprecherin.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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