Huawei MateBook im Hands-On: Schön, aber verwirrend
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„2-in-1“: Ein langweiliger Name für eine spannende Idee. Die Kombination aus Tablet und Notebook boomt derzeit, allein im Vorjahr legte der Markt für Surface, iPad Pro und Co. um 40 Prozent zu. Dieses rasante Wachstum hat nicht nur das Interesse etablierter PC- und Notebook-Hersteller geweckt, auch neue Mitbewerber drängen auf den Markt. Der chinesische Smartphone-Hersteller Huawei, bislang vor allem für seine Smartphones und als Netzausstatter bekannt, ist der wohl jüngste Neuzugang.
Mit dem MateBook brachte man erstmals statt einem neuen Smartphone, Tablet oder Smartwatch einen Laptop-Ersatz
. Der Hersteller verspricht eine Kreuzung aus den bislang besten Vertretern dieses Genres,Microsofts Surfaceund demApple iPad Pro. Ein vollmundiges Versprechen – kann das die Nummer Drei auf dem Smartphone-Markt auch einhalten?
Leichter als Konkurrenz
Optisch hat sich Huawei zumindest eindeutig ein Vorbild ausgesucht: Apples iPad Pro. Das stark abgerundete Aluminium-Gehäuse erinnert optisch stark an das 12-Zoll-iPad, weist aber glücklicherweise aber auch eine ähnlich hochwertige Verarbeitung auf. Das Gehäuse ist starr, trotz der schmalen Bauweise gibt es bei leichtem Druck kaum nach. Zudem konnte ich bei zwei Testgeräten keinerlei Spaltmaße entdecken. Auffällig ist auch der schmale Rahmen um den Bildschirm des MateBooks. Laut Huawei werden 84 Prozent der Front vom Bildschirm eingenommen – deutlich mehr als beim Surface und iPad Pro.
Mit einem Gewicht von 640 Gramm ist es zudem deutlich leichter als die Vorbilder aus den USA. Dennoch ist das Gewicht spürbar zu hoch, um das Tablet über längere Zeit mit einer Hand zu halten. Die schmale Bauweise ist ein großes Plus, in Kombination mit dem optionalen Keyboard-Cover verpufft dieser Vorteil allerdings rasch. Das Paket verdoppelt sich dadurch zumindest in der Stärke plötzlich und hat letztendlich die Maße eines dünnen Notizbuchs – immer noch dünn, aber bei weitem nicht so schlank wie das „pure“ Tablet. Zudem leidet der Mechanismus des Keyboard-Covers an den gleichen Kinderkrankheiten wie das Cover des iPad Pro.
Mühsame Bedienung am Schoß
Die drei Falzstellen scheinen relativ selbsterklärend zu sein, doch der lockere Magnet ließ viel Spielraum zur Interpretation offen. So gelang es selbst zwei Standmitarbeiter von Huawei mit vereinten Kräften nicht, das Tablet im steilen Modus (67 Grad Neigung) aufzustellen. Mit etwas Glück gelang es mir schließlich selbst, dennoch erwies sich der Mechanismus als unerwarteter Frustfaktor. Die beiden Modi machen Sinn und sind gut gewählt – während sich der Modus mit 52 Grad Neigung vor allem zum aufrechten Tippen eignet, lässt sich bei 67 Grad Neigung angenehm ein Film schauen.
Das Tippen auf dem Schoß dürfte allerdings zur Qual verkommen. Wie bei den ersten Surface-Geräten liegt das Keyboard-Cover mit der gesamten Fläche auf der Unterlage auf statt das Cover leicht anzuheben. So hat man zwar stets einen harten Untergrund beim Tippen, man spürt aber auch jeden Tastenanschlag auf den Oberschenkeln. Zudem sprang beim Hands-On die Unterlage beim Tippen leicht auf und ab, da sie nicht ausreichend am Tablet fixiert war.
Unscharfer Stift
Die Chiclet-Tastatur hat einen angenehm harten Druckpunkt, der Abstand der Tasten ist ausreichend breit gewählt. Auch das Touchpad ist gut gelungen und breit genug für Wischgesten. Für Enttäuschung sorgte allerdings der Stift, der ebenfalls optional für 69 Euro angeboten wird. Der sogenannte MatePen fühlte sich wie ein dicker Kugelschreiber an, den man auf einer Messe als Werbegeschenk bekommen hat. Gewicht, Form und Handhabung kommen derzeit bei weitem nicht an den Stylus des Surface heran. Ungewöhnlich erscheint beispielsweise die Platzierung der Gummierung exakt in der Mitte, an der man den Stift aber nur selten bei der Bedienung hält. Auch die Tasten waren im Kurztest schwer zu erreichen und alles andere als intuitiv platziert.
Der Stift arbeitet dank 2048 Druckstufen relativ präzise und erkennt gut, wie fest der Benützer gerade mit dem Stift auf den Bildschirm drückt, doch die relativ breite Spitze macht genaues Zeichnen schwierig. Grundsätzlich wirkte der Stift überladen. Auch wenn Huawei mit dem MateBook wohl keine Profi-Zeichner ansprechen will, sollte man sich dennoch entscheiden: Präzises Zeichnen oder rasche Notizen für Geschäftskunden. Letztere mögen den integrierten Laserpointer und das Präsentationswerkzeug benötigen, andere Nutzer hingegen nicht.
Hochauflösend und Flott
Der hochauflösende Bildschirm (2160 mal 1440 Bildpunkte) war über jeden Zweifel erhaben, das Bild ist gestochen scharf. Auch die Farbdarstellung wusste zu überzeugen – ob man allerdings beim Farbraum tatsächlich Apple und Microsoft aussticht, lässt sich wohl nur in einem direkten Vergleich zeigen. Das getestete m5-Modell war flott und ließ sich ohne Ruckler und Probleme bedienen. Auch die Zeichenprogramme forderten das 2-in-1 kaum. Der integrierte Fingerabdruck-Sensor, der Windows-Hello-Technologie zur Anmeldung nutzt, konnte im Rahmen des Hands-Ons leider nicht ausprobiert werden.
Warten und Hoffen
Huawei liefert mit dem MateBook einen vielversprechenden Surface-Konkurrenten ab, der in einigen kleinen, aber dennoch wesentlichen Punkten noch etwas Feinschliff benötigt. So hat man mit dem Konzept für das Keyboard-Cover leider auch dessen Probleme übernommen, zudem enttäuscht der Stift im Vergleich mit der Konkurrenz. Dabei handelt es sich aber um Kleinigkeiten, die man bis zum Marktstart, spätestens aber auch bis zur nächsten Version des MateBooks, beheben kann. Denn wie Microsoft bereits gezeigt hat, braucht es oft mehr als eine Generation, um ein gelungenes 2-in-1 zu kreieren. Ich bin jedenfalls gespannt, was der chinesische Konzern bis Juli auf die Beine stellt.
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Disclaimer: Redakteure der futurezone berichten vor Ort von dem Mobile World Congress in Barcelona. Die Reisekosten werden von der futurezone GmbH selbst sowie von Huawei, Samsung und T-Mobile übernommen.
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