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Pixel 3 XL im Test: Tolle Kamera, aber der Teufel steckt im Detail

Kaum ein Android-Fan dürfte im vergangenen Jahr an dem Display-Fiasko des Pixel 2 vorbeigekommen sein. Die zweite Generation von Googles hauseigener Smartphone-Linie setzte auf LGs P-OLED-Technologie, die im Pixel 2 eine katastrophale Leistung ablieferte, weswegen Google viel Kritik einstecken musste. 

Umso tragischer an der ganzen Sache war, dass das Handy, abgesehen von diesem essentiellen Bauteil, einen nahezu perfekten Androiden abgab - nicht zuletzt aufgrund der hervorragenden Kamera und der unberührten Software. Heuer folgt nun das Pixel 3, das den Ausrutscher des Vorjahres vergessen lassen soll. Wir haben es ausführlich getestet.

Verarbeitung, Äußeres und Ausstattung

Für den Testzeitraum stellte uns Google das Pixel 3 XL in Weiß zur Verfügung. Das Handy mit Aluminiumrahmen und verglaster Rückseite fühlt sich äußerst hochwertig an. Für ein Gerät mit 6,3-Zoll-Display liegt es mit einer Größe von 158 x 76,7 x 7,9 mm recht gut in der Hand. Mit seinem Gewicht von 184 Gramm ist es im Vergleich zu ähnlich großen Geräten angenehm leicht. Sowohl das iPhone Xs Max als auch das Note 9 wiegen über 200 Gramm. 

Bei genauerem Hinsehen fällt der Spalt zwischen Glas und Rahmen auf, in dem sich bereits nach zwei Wochen Nutzung Staub gesammelt hat. Dabei handelt es sich allerdings nur um einen kleinen Makel, unterm Strich macht die Verarbeitung des Handys einen guten Eindruck.

Optisch trifft das Handy nicht meinen Geschmack. Die Kombination aus glänzender und matter Rückseite sowie der grüne (!) Power-Button machen ästhetisch wenig her. Ebenfalls etwas störend ist, dass die Kamera etwa einen halben Millimeter aus dem Gehäuse hervorsteht. Zwar ist die dadurch entstehende Kante nicht ganz so scharf wie beim iPhone Xs und Xr, dennoch bleibt es für mich unverständlich, wieso die Linse nicht ganz im Gehäuse versenkt werden. 

Abgesehen von USB-C gibt es keinen weiteren Anschluss am Gehäuse des Handys, Kopfhörerbuchse ist keine vorhanden. Das Pixel 3 unterstützt Nano-SIMs sowie eSims.

Das Display und der Notch

Den größten Kritikpunkt am Pixel 2 konnte man mit dem Nachfolgemodell erfolgreich ausmerzen. Der P-OLED-Screen des Pixel 3 löst mit 1440 x 2960 Pixeln auf und kann mit den Displays der Konkurrenz-Spitzenmodelle locker mithalten. Die Farben leiden auch bei verschiedenen Betrachtungswinkeln weit nicht so sehr, wie beim Vorgänger. 

Google hat in die Einstellungen außerdem drei verschiedene Farbprofile integriert, “Natürlich” (kalibriertes sRGB), “Verstärkt” (sRGB plus zehn Prozent Sättigung)  und “Adaptiv”. Standardmäßig ist letzteres aktiviert, auch ich habe mich im Alltag dafür entschieden. Im direkten Vergleich mit Samsung-Handys sind die Farben und Kontraste nicht ganz so leuchtend und “knallig”, was allerdings nicht störend ist und ohne direkten Vergleich kaum auffällt. 

Unterm Strich ist das Display scharf, die Farben sind satt und die Helligkeit reicht aus, um auch in hellen Umgebungen bzw. bei Sonnenschein alles gut erkennen zu können.

Der umstrittene Notch ist äußerst groß geraten und lässt das Display insgesamt recht eigenwillig aussehen. Schön finde ich das Designelement zwar nicht, in der Praxis spielt es aber so gut wie keine Rolle. Man gewöhnt sich recht schnell daran und er fällt nach einiger Zeit nicht mehr auf. Das Einzige, was mich an dem Design nervt ist, dass durch den Notch in der Status Bar maximal drei Notification-Icons angezeigt werden. Wenn man die ein oder andere Permanent-Notification aktiviert hat (zb. Wetter oder Status eines angeschlossenen Wearables) wird der Platz dort schnell eng. 

Auf der Rückseite befindet sich außerdem mittig ein Fingerabdrucksensor, den man in der Regel mit dem Zeigefinger bedient. Der Scan funktioniert rasch und zuverlässig, wie man es heute gewohnt ist. 

Geschwindigkeit und Akku

In Sachen Leistung spielt das Pixel 3 XL in der obersten Kategorie mit. Herzstück ist ein Qualcomm Snapdragon 845 (SDM845), der mit einer Octa-Core-CPU ausgestattet ist, der mit 4 x 2,5 GHz bzw. 4 x 1,6 Ghz getaktet ist. Lediglich der Arbeitsspeicher ist mit vier GB RAM in der unteren Kategorie der Spitzenmodelle angesiedelt. Andere aktuelle Geräte wie Samsungs Note 9, Huaweis Mate 20 Pro oder das aktuelle OnePlus 6t starten in der Minimalvariante bereits bei sechs Gigabyte. 

In der Praxis ist das Handy so schnell, wie man sich von einem aktuellen Spitzenmodell wünscht. Aufwändige Webseiten oder Games bringen das Pixel 3 XL nicht ins Schwitzen. Das Einzige, wo das Handy ab und an hakt, ist ausgerechnet bei der Google-Suche vom Homescreen aus. Die Volltext-Suche nach installierten Apps dauert oft ein bis zwei Sekunden, bis sie das richtige Ergebnis angezeigt.

Folgende Benchmark-Ergebnisse kann ich mit dem Pixel 3 XL erzielen:

3DMark (SlingShot Extreme, OpenGL ES 3.1): 4572 Punkte
3DMark (SlingShot Extreme, Vulkan): 3477 Punkte
AnTuTu (v7.1.0): 259.513 Punte
PCMark (Work 2.0) : 8974 Punkte

Die Werte entsprechen in etwa dem, was man von anderen aktuellen Smartphone-Spitzenmodellen kennt.

Der Akku des Pixel hat eine Kapazität von 3430 mAh. Das ist mehr als das iPhone Xs Max (3174 mAh), allerdings weniger als Samsungs Note 9 (4000 mAh) und Huaweis Mate 20 Pro (4200 mAh). Der Strom ist mir im Test dennoch nicht ausgegangen. Am Ende des Tages hatte ich bei mittelmäßiger Nutzung in der Regel noch rund 50 Prozent Akku übrig. Volle zwei Tage würde ich dem Pixel 3 XL nicht zutrauen, für eineinhalb Tage reicht der Akku aber locker.

Hauptkamera und Weitwinkel-Selfies

Bereits seit dem Start der Pixel-Serie ist die Kamera regelmäßig eines der Highlights der Geräte. Auch beim Pixel 3 ist das nicht anders. Google bleibt dabei konventionell. Während andere Hersteller mit zwei oder noch mehr Kameralinsen aufwarten, ist es beim Pixel 3 nur eine. Die Auflösung liegt bei 12,2 Megapixel bei einer Brennweite von 28mm, die Blende beträgt f1,8. Der Sensor ist mit 1/2,55 Zoll genauso groß wie bei anderen Smartphone-Spitzenmodellen. Der Pixel Visual Core Chip dient als Bildsensor. Videos werden in 4K mit maximal 30fps gemacht, in 1080p sind es wahlweise 30, 60 oder 120. In 720p sind es bis zu 240fps. 

Bei der Fotoqualität liefert das Pixel eine beeindruckende Leistung ab. Die Fotos sind in Sachen Schärfe und Farben beeindruckend gut. Auch bei schlechten Lichtverhältnissen lässt einen die Kamera in der Regel nicht im Stich. Demnächst dürfte Google außerdem noch einen erweiterten Nachtsichtmodus nachliefern. Das Feature wurde vorab geleakt und kann mit der richtigen Kamera-APK bereits genutzt werden. Das Handy macht dabei im Dunklen mehrere Aufnahmen und setzt sie im Nachhinein zusammen. Bereits die Vorab-Version funktioniert erstaunlich gut. 

Ohne Dual-Linse gibt es beim Pixel auch keinen optischen Zoom. Das gleicht das Pixel allerdings mit einem anderen Feature aus, dem “Super Res Zoom”. Dabei werden mehrere Aufnahmen miteinander kombiniert, um einen besseren Digitalzoom zu berechnen. Ganz so gut wie ein richtiger optischer Zoom funktioniert das nicht, die Ergebnisse gehen jedoch in Ordnung. 

Wie nahezu alle aktuellen Smartphone ist auch das Pixel mit einem Portrtät-Modus ausgestattet, der den Hintergrund künstlich verschwimmen lässt bzw. ein künstliches Bokeh erzeugt. In der Praxis tut sich das Handy besonders bei Haaren schwer bei den Übergängen zwischen scharf und unscharf.

Die Front-Kamera ist mit einem Weitwinkel-Modus für Gruppen-Selfies ausgestattet. Der Modus ist auch für Einzel-Selfies interessant, wenn man mehr von der Umgebung aufs Bild bekommen will.

Android Pie

Das Pixel wird mit Android 9 “Pie” ausgeliefert und kommt somit auch mit einer neuen Bedienoberfläche und neuen Funktionen. Dazu zählt unter anderem “Digital Wellbeing”, wo man sehen kann, wie oft man das Smartphone mit welcher App nutzt. Einen wirklichen Mehrwert bieten diese Informationen in meinem Alltag jedoch nicht. 

Auch in Sachen Bedienung hat sich bei Pie einiges getan. Es wird mehr den je geswiped, um sich durch das System zu navigieren. Auch nach einigen Tagen mit dem Handy fand ich diese Art und Weise, Android zu bedienen, mehr als Rück- denn als Fortschritt. Warum man etwa auf den App-Wechsel-Button rechts unten verzichtet, ist mir schleierhaft. Man gewinnt durch das Weglassen auch keinen Platz, da die Leiste mit Home-Button ohnehin die gesamte Breite einnimmt. Ohne den Button geht auch die Funktion verloren, schnell zwischen zwei Apps hin- und her zu wechseln. Stattdessen muss man von unten nach oben wischen, um zur App-Übersicht zu kommen. 

Abgesehen von dieser zweifelhaften Neuerung bleibt über Android Pie in der Stock-Variante wenig schlechtes zu sagen.

Fazit: Was gut ist

Mit dem Pixel 3 XL findet Google nach dem Durchhänger mit dem Pixel 2 wieder zur alten Stärke zurück. Ein Bloatware-freies Android mit einem schnellen Chip sorgen dafür, dass es eine Freude ist, das Handy im Alltag zu benutzen - trotz eher mühsamen swipen. Dazu kommt die ausgezeichnete Kamera, die - lässt man die Zoom-Funktion vorweg - ein heißer Anwärter auf die aktuell beste Smartphone-Kamera am Handy-Markt ist, wenn auch nur mit einer Brennweite.

Was weniger gut ist

Der größte Kritikpunkt am Pixel 3 XL ist der hohe Preis. Die 64-GB-Variante wird ab 949 Euro verkauft, die 128-GB-Version kommt auf 1049 Euro. Da Google das Handy in Österreich selbst nicht in seinem Shop anbietet, ist man auf Grauimporte aus Deutschland angewiesen. 

Auch die Optik des Gehäuses samt Notch könnte manche abschrecken. Außerdem verzichtet Google - wie gewohnt - auf Kopfhörerbuchse sowie microSD-Slot. Auch Freunde der konventionellen Dual-SIM-Funktion gehen beim Pixel leer aus.

Sieht man über diese Kritikpunkte hinweg und ist bereit, einen hohen Preis zu bezahlen, bekommt man ein Android-Handy der Spitzenklasse. 

Alternativen

Wer nicht darüber hinwegsehen kann, kann etwa zu Samsungs Note 9 (futurezone-Test) greifen. Aktuell ist das Gerät in der 128GB-Variante auf Preisvergleichsportalen bereits ab 777 Euro zu haben. Bei dem Gerät bekommt man zwar kein Stock-Android, dafür einen Stift (yay), keinen Notch sowie einen Slot, in dem man wahlweise zwei SIMs oder eine SIM und eine microSD-Karte einsetzen kann. Außerdem gibt es einen Kopfhöreranschluss und eine Dual-Kamera.

Eine andere Alternative ist das Huawei Mate 20 Pro (futurezone-Test). Mit einem Straßenpreis von aktuell 929 Euro ist es zwar nicht viel billiger als das Pixel 3 XL, dafür hat man hier eine Dual-SIM sowie eine Triple-Kamera, allerdings keinen Kopfhöreranschluss. 

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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