Polestar 3 im Kurztest: Die Business-Class mit Massage-Sitz
Dort wo der Bulle von Tölz einst dem Verbrechen auf der Spur war, gastierte ein ebenso bulliges Elektroauto. Gemeint ist der Polestar 3, den ich in dem Örtchen Bad Tölz nahe der Grenze zu Österreich ausgiebig Probe fahren konnte.
Vorgestellt wurde das E-SUV bereits vor 2 Jahren in Kopenhagen. Seit kurzem wird der Polestar 3 auch ausgeliefert. Er zeichnet sich durch ein Premium-Feeling, leistungsstarke Motorisierung, reichlich Reichweite und zahlreiche smarte Features aus - aber auch durch einen ziemlich hohen Preis.
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Einzigartiger Look
Der Polestar 3 hat eine unverkennbare Linienführung: Die Frontpartie liegt für ein SUV ziemlich niedrig und steigt über die Motorhaube und der Windschutzscheibe konstant auf eine Höhe von 1,6 Meter an. Ungefähr ab der C-Säule fällt das Dach nach hinten wieder leicht ab. Dadurch wirkt das E-Auto kompakter als es tatsächlich ist.
Nimmt man am Fahrersitz Platz, wird man feststellen, dass der Polestar 3 richtig geräumig ist und ausreichend Platz bietet. Das Cockpit ist von 2 Bildschirmen und einer wuchtigen Armablage dominiert. Physische Knöpfe oder Drehregler sind kaum zu finden.
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Technische Daten
Polestar 3 - Long Range Dual Motor Performance (beim Kurztest gefahren)
- Reichweite: bis zu 561 km
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 22,1 - 23,0 kWh/100 km
- Ladeleistung maximal: 250 kW (DC), 11 kW (AC)
- Batteriekapazität: 111 kWh
- Leistung: 380 kW (517 PS)
- Beschleunigung 0-100 km/h: 4,7 Sekunden
- Drehmoment: 910 Nm
- Antriebsart: Allrad, Dual-Motor
- Leergewicht: 2.584 bis 2.670 Kilogramm
- Maße: 4.900 x 2.120 x 1.614 Millimeter (L x B x H)
- Radstand: 2.985 Millimeter
- Preis: 93.400 Euro
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Flotte Kurven, gemütliches Cruisen
Dass sich ein Elektroauto zu einem Preis von knapp unter 100.000 Euro und mit dieser Motorisierung auch angenehm fahren lässt, ist wenig überraschend. Mit einem Gewicht jenseits der 2,5 Tonnen liegt der Polestar 3 gut auf der Straße, wirkt aber durch bis zu 380 kW (517 PS) immer noch spritzig und sportlich.
Auf den kurvenreichen Straßen rund um Bad Tölz macht sowohl das gemütliche Cruisen als auch ein etwas flotteres Fortbewegen so richtig Spaß. Trotz des hohen Gewichts hatte ich nicht das Gefühl, das Auto würde in den Kurven gleich von der Straße fliegen oder behäbig sein.
Bleibt man beim moderaten Herumfahren, kann der Polestar 3 seinen Luxus so richtig ausspielen: vom gehobenen Sitzkomfort und der Massagefunktion in den Sitzen bis zum spitzenmäßigen Soundsystem mit Dolby Atmos und Lautsprechern in den Nackenstützen sowie der angenehmen Luftfederung des Fahrzeugs - es ist ein bisschen eine Business-Class auf 4 Rädern.
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Technische Daten
Polestar 3 - Long Range Single Motor
- Reichweite: bis zu 650 km
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 18,9 - 20,0 kWh/100 km
- Ladeleistung maximal: 250 kW (DC), 11 kW (AC)
- Batteriekapazität: 111 kWh
- Leistung: 220 kW (299 PS)
- Beschleunigung 0-100 km/h: 7,8 Sekunden
- Drehmoment: 490 Nm
- Antriebsart: Heckantrieb, Single-Motor
- Leergewicht: 2.584 bis 2.670 Kilogramm
- Maße: 4.900 x 2.120 x 1.614 Millimeter (L x B x H)
- Radstand: 2.985 Millimeter
- Preis: 79.800 Euro
Verbrauch und Reichweite
Drückt man ein bisschen auf die Tube, verflüchtigt sich die Reichweite geradezu. Bleibt man beim Cruisen mit Unterstützung des Tempomats, gelingt es, den Verbrauch niedrig zu halten. Obwohl ich zum Teil recht flott unterwegs war und die Beschleunigung mehrmals ausgetestet haben, lag mein Verbrauch bei der mehrstündigen Testfahrt bei 18,8 kWh auf 100 Kilometer.
Wie weit der Polestar 3 im Alltag tatsächlich kommt, lässt sich mit einer einzigen Probefahrt natürlich nicht feststellen. Die Herstellerangaben zwischen 561 und 650 Kilometer - je nach Modell - dürften allerdings nicht weit von der Realität entfernt sein.
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Das Android-SUV
Mein persönliches Highlight ist das Infotainmentsystem des Fahrzeugs. Es basiert auf Android Automotive von Google, womit die Google-Dienste direkt im Fahrzeug verfügbar sind - ohne dass man das Smartphone mit dem Auto verbinden muss. Man loggt sich einfach mit seinem Google-Account im Polestar 3 ein und hat Zugriff auf sein gewohntes Google-Ökosystem.
Die Navigation erfolgt per Google Maps, Sprachbefehle werden vom Google Assistant entgegengenommen. Für die Installation weiterer Apps - etwa Spotify - steht auf dem 14,5 Zoll großen Touchscreen in der Mittelkonsole auch der Google Play Store zur Verfügung.
Praktisch ist, dass die Navigation per Google Maps auch auf dem kleineren, 9 Zoll großem Screen hinter dem Lenkrad angezeigt werden kann. Somit muss man seinen Blick nicht auf die Mittelkonsole senken und kann das Straßengeschehen stets im Auge behalten. Navi-Hinweise sowie Geschwindigkeit und Verkehrsschilder werden auch im Head-up Display dargestellt.
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Ein Android-Tablet auf Rädern
Die Bedienelemente auf dem Touchscreen sind groß genug, um sie auch während der Fahrt gut erkennen und gut bedienen zu können. Die Menüführung ist für meine Begriffe ziemlich makellos gelöst: Die Wege sind kurz, die zentralen Funktionen im Vordergrund, die weniger wichtigen Features in der 2. Reihe zu finden.
Es fühlt sich ein bisschen so an, als hätte man ein fix verbautes Android-Tablet zum Steuern der zahlreichen Funktionen. Das liegt auch daran, dass der Touchscreen umgehend auf die Eingaben reagiert, was an der Leistungsfähigkeit der Snapdragon Cockpit Platform liegt, die das Infotainmentsystem antreibt.
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Technische Daten
Polestar 3 - Long Range Dual Motor
- Reichweite: bis zu 631 km
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 19,7 - 21,8 kWh/100 km
- Ladeleistung maximal: 250 kW (DC), 11 kW (AC)
- Batteriekapazität: 111 kWh
- Leistung: 360 kW (489 PS)
- Beschleunigung 0-100 km/h: 5,0 Sekunden
- Drehmoment: 840 Nm
- Antriebsart: Allrad, Dual-Motor
- Leergewicht: 2.584 bis 2.670 Kilogramm
- Maße: 4.900 x 2.120 x 1.614 Millimeter (L x B x H)
- Radstand: 2.985 Millimeter
- Preis: 86.800 Euro
Stressfreies Fahren
Die Rechenleistung für das Fahrassistenzsystem kommt von einem Nvidia-Drive-Core-Computer. Bei dem Rechner laufen die Daten der 5 Radarmodule, 5 externen Kameras und 12 externen Ultraschallsensoren zusammen.
Die Assistenzsysteme für das (halb)-autonome Fahren funktionieren auf der Autobahn bestens. Durch den adaptiven Tempomaten und den Spurhalteassistenten war das Fahren selbst bei starkem Verkehrsaufkommen im Raum München deutlich weniger stressig und mühsam.
Auf Land- und Bundesstraßen hilft zwar der adaptive Tempomat, der Lane-Keeping-Assistant ist hier allerdings nicht allzu zuverlässig, was aber hauptsächlich an den teils schwer erkennbaren Begrenzungslinien liegt.
Fazit
Dass es an einer solchen Luxuskarosse kaum negative Aspekte gibt, liegt auf der Hand. Bis hierher ist der Polestar 3 tatsächlich ein nahezu makelloses Fahrzeug. Sucht man einen Kritikpunkt, wird man aber spätestens beim Preis fündig.
Die günstigste Variante (Long Range Single Motor) kostet in Österreich mindestens 79.800 Euro. Wer einen Dual-Motor möchte, muss mindestens 86.800 Euro hinblättern, das Modell mit zusätzlichem Performance-Paket gibt es ab 93.400 Euro.
Wer so viel Geld für ein Auto ausgibt, darf hohe Erwartungen haben. Diesen Ansprüchen wird der Polestar 3 allemal gerecht. Er ist ein exklusives Elektroauto, das ein hohes Maß erstklassiger Qualität in allen Belangen mit sich bringt.
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