Zum Glück kann man am kleinen Bildschirm so gut wie alle Apps anzeigen lassen.
Samsung Flip7 im Test: Mein erstes Klapphandy überzeugt mich nicht
Anfang der 2000er-Jahre waren Klapphandys der letzte Schrei. Bereits damals besaßen einige Modelle einen Außenbildschirm, um Uhrzeit und Benachrichtigungen anzuzeigen. Mit dem Aufkommen von Smartphones schien diese Art von Handy in Vergessenheit zu geraten.
Doch die Klapphandys erleben als Foldables ein Comeback. Vorreiter Samsung bringt am 25. Juli sein Galaxy Z Flip7 auf den Markt. Mit dem bisher größten und besten Außendisplay will es ein alltagstaugliches Smartphone für jedermann sein.
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Eine Woche mit dem Galaxy Z Flip7
Ich selbst war nie Besitzer eines Klapphandys - weder in der “dummen”, noch der smarten Variante. Auch in der Welt der Samsung-Smartphones bin ich nicht zuhause. Obwohl die A-Reihe des Unternehmens sehr beliebt in meiner Familie ist, war mein erstes Samsung-Smartphone (und erstes überhaupt) auch mein letztes - ein Samsung Galaxy S Advance aus dem Jahr 2012. Eine Woche lang gab ich dem Galaxy Z Flip7 Zeit, mich von sich zu überzeugen.
Flipgeräte, also jene mit horizontalem Faltfalz, leben von ihrer Kompaktheit. Sie sind dafür gedacht, in kleinen Hosen- und Handtaschen untergebracht zu werden. Auch wenn das Flip7 mit 1,4 Zentimeter zusammengeklappt deutlich dicker ist als ein herkömmliches Smartphone, hat es mit einer Abmessung von 8,5 x 7,5 Zentimetern Schminkspiegelgröße.
Hochglanzfotos des Flip7
9 Bilder
Besseres Außendisplay
Das Flip7 besticht erstmals mit einem Außendisplay, das die gesamte Front ausfüllt. Aussparungen gibt es nur für die 2 Kameras. Zudem hat es eine 120-Hertz-Aktualisierungsrate, wodurch Animationen geschmeidig ablaufen. Nur die Helligkeit könnte höher sein. Unter starker Sonneneinstrahlung tut man sich schwer, das Display abzulesen.
Funktional war ich zu Beginn nicht vom Außendisplay überzeugt. Standardmäßig kann man nur eine beschränkte Auswahl von Widgets darauf anzeigen lassen, etwa eine Übersicht des E-Mail-Posteingangs. Mehr als Absender und Betreffzeile sieht man nicht. Klickt man auf eine E-Mail, wird man aufgefordert, das Handy zu öffnen.
Erhält man eine Messenger-Nachricht, wird diese zwar vollständig auf dem Display angezeigt und es gibt auch die Möglichkeit, darauf zu antworten. Will man dann allerdings eine Nachricht an eine andere Person senden, muss das Smartphone aufgeklappt werden. Dasselbe gilt, wenn man eine KI-Antwort erstellen möchte.
Während man das Gerät äußerst grazil mit einer Hand zuklappen kann - zumindest wenn man etwas größere Hände hat - ist das Aufklappen eine beidhändige Aufgabe. Auch hier habe ich nach einer Woche noch keine Lösung gefunden, das Smartphone ohne Anstrengungen mit nur einer Hand zu öffnen. Und auch mit 2 Händen ist es oft nicht einfach, da ich mit den Fingern oft beide Teile des Smartphones halte und so selbst verhindere, dass sich das Smartphone leicht öffnen lässt. Möchte man das vermeiden, muss man gezielt die 6,5 Millimeter breiten einzelnen Displayteile greifen. Zusammengefasst: Das Zuklappen ist äußerst befriedigend, das Aufklappen eher das Gegenteil.
Kein Knick, (noch) kein Problem
Aufgeklappt strahlt mir ein 6,9 Zoll großes, langgezogenes Display entgegen, dem man den Falz nicht ansieht. Man muss das Smartphone schon in einem gewissen Winkel von der Seite betrachten, damit man die Faltkante erkennen kann. Beim Bedienen fühlt man die Kante zwar, es ist allerdings nicht weiter störend, da man mit dem Daumen ohnehin eher selten die Mitte des Bildschirms überschreitet. Auch der Faltmechanismus, 2 Hügelchen im Rahmen seitlich des Falz, stören beim Bedienen nicht.
Das Smartphone mit Knick.
© Gregor Gruber
Durch das eher schmale Display werden Inhalte am Smartphone möglicherweise anders dargestellt als gewohnt. Breite Inhalte wie Tabellen, die zuvor ganz auf dem Bildschirm Platz hatten, werden möglicherweise abgeschnitten, sodass man seitlich scrollen muss. Diese Einschränkung ist aber minimal und man gewöhnt sich mit der Zeit daran.
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Zu hoher Fingerabdruckscanner
Woran ich mich in der Woche nicht gewöhnen konnte, war der Fingerabdruckscanner. Dieser ist auf der rechten Seite angebracht und fungiert gleichzeitig als Entsperrknopf. Das Problem ist allerdings die Höhe, in der er angebracht ist. Er liegt nämlich über dem Falz am oberen Teil des Smartphones. Im zugeklappten Zustand ist er so einfach zu erreichen, im aufgeklappten muss man den Daumen ganz schön strecken, wenn man das Smartphone mit einer Hand hält und die Unterkante auf dem kleinen Finger aufliegen lässt. Auch das Entsperren mit dem Zeigefinger ist umständlich.
So weit möchte man meinen, dass das Galaxy Z Flip7 nichts für mich ist. Im zusammengeklappten Zustand sind die Funktionen stark beschnitten, im aufgeklappten lässt sich der Bildschirm nur mühsam entsperren. Doch es gibt eine Lösung: Good Lock. Die App - entwickelt von Samsung - ist im Galaxy Store erhältlich und erlaubt es eigentlich, sein Gerät zu personalisieren. Was es auch erlaubt: Dadurch kann man quasi jede App auf dem Außendisplay abspielen, statt nur bestimmte. Das muss zuvor allerdings in den Einstellungen aktiviert werden (Erweiterte Einstellungen >> Labs >> Auf Frontdisplay zugelassene Apps (Labs) >> Multistar abrufen).
Nun laufen alle Apps auch am kleinen Bildschirm, und das ohne Probleme. Wird ein Teil der App etwa von den Kameraaussparungen verdeckt, kann man das Fenster verkleinern, damit die gesamte App neben oder oberhalb der Kameras angezeigt wird. Somit kann man E-Mails lesen, Nachrichten versenden und sogar das ein oder andere Spiel spielen, ohne das Gerät zu öffnen. Sollte man doch das Verlangen haben, das große Display zu verwenden, kann man das Handy einfach aufklappen. Die geöffnete App läuft darauf nahtlos weiter.
Problem gelöst
Die App löst damit nicht nur 2, sondern gleich 3 Probleme. Zum einen verwandelt sie das Außendisplay in ein vollwertiges Handydisplay, zum anderen liegt der Fingerabdruckscanner jetzt deutlich ergonomischer. Und drittens: Ich verwende mein Smartphone jetzt deutlich weniger - ein Vorsatz, den sich viele Menschen setzen. Auch ich zücke bei jedem kleinen Anflug von Langeweile mein Smartphone, will etwas nachschauen und bleibe dann auf Social Media hängen. Beim Flip7 kann man das auf dem Außenbildschirm zwar machen, das kleine Display macht es allerdings nicht schmackhaft, das Handy länger zu nutzen.
Auch das eine oder andere Casual Game ist drin.
© Marcel Strobl
Auch das gelegentliche Spiel ist am Außendisplay durchaus möglich, solange es nicht zu kleinteilig oder grafisch aufwändig ist. Der Exynos 2500 hat zwar zumindest theoretisch genügend Leistung für anspruchsvolle Games, nach kurzer Zeit bremst der Chip allerdings, damit das Smartphone nicht überhitzt. Unangenehm heiß wird das Handy dabei nie. Man merkt allerdings, dass besonders der obere Teil des Smartphones warm wird, wenn man etwa eine Laufstrecke aufzeichnet, nebenbei Musik über die Kopfhörer abspielen lässt und das Handy für das ein oder andere Laufselfie aus der Bauchtasche nimmt.
Apropos Selfie: Dieses kann natürlich mit der 50-MP-Hauptkamera im geschlossenen Modus geschossen werden, anstatt mit der 10-MP-Frontkamera. Die Kamera kann zwar überzeugen, an eine echte Flaggschiffkamera kommt sie allerdings nicht heran. Auch gibt es keine Linse für optischen Zoom, sondern nur eine Ultraweitwinkelkamera mit 12 Megapixel. Der digitale 10-fach-Zoom ist zumindest besser als erwartet, hier leistet die Bild-KI von Samsung ganze Arbeit. Mit einem optischen Zoom ist das Ergebnis allerdings nicht zu vergleichen.
Kameratest Flip7
13 Bilder
Galaxy-KI als Spielerei
Die geschossenen Bilder lassen sich im Nachhinein mit der Galaxy-KI bearbeiten. Stört ein Baum oder ein Mensch im Hintergrund, lässt sich der ohne große Mühe entfernen. Sogar ganze Autoreihen zaubert der magische Radierer weg. Das funktioniert deutlich besser als beim Radierer in Google Fotos.
Magischer Radierer
4 Bilder
Doch die Künstliche Intelligenz kann nicht nur löschen, sondern auch Sachen hinzufügen. Dafür kritzelt man mit dem Finger eine Skizze auf das Display und die KI erstellt eine realistische Abbildung. Die Erfolgsraten hier sind mäßig, was vielleicht auch mit meinen Zeichenkünsten zusammenhängt.
links: © Marcel Strobl
rechts: © Marcel Strobl
Aus grünen werden rote Tomaten
KI-Skizzenfunktion: Aus grünen werden rote Tomaten - bis diese Bearbeitung so geklappt hat, waren mehrere Anläufe nötig.
Auch andere KI-Tools wie die Simultanübersetzung von fremdsprachigen Anrufen, Transkripte von Audioaufnahmen, Textzusammenfassungen und Tagesüberblicke sind mit an Bord. Die sind für mich aber eher Spielereien als nützliche Werkzeuge. Überzeugen konnten sie mich nicht wirklich.
Hervorragende Akkulaufzeit
Die Akkulaufzeit hat mich hingegen positiv überrascht. Nicht nur ist der Exynos 2500 ein sehr sparsamer Prozessor, das kleinere Display benötigt natürlich weniger Strom als das große. Zudem nahm meine Handynutzung insgesamt ab. Auch wenn das nicht der Fall gewesen wäre: Mit dem für Android-Verhältnisse mittelmäßig großen Akku (4.300 mAh) erhält man trotzdem Oberklasse-Laufzeiten. Am Ende des Tages hatte ich meistens 40 Prozent übrig.
Das Außendisplay lässt sich nach Belieben anpassen.
© Gregor Gruber
Fazit und Preis
Mir ist bewusst: Ich gehöre nicht zur Zielgruppe des Samsung Galaxy Z Flip7. Meine Hosentaschen sind einfach zu groß, um auf das Killer-Feature der kompakten Größe angewiesen zu sein. Ich könnte allerdings Gefallen an dem kleinen Außendisplay finden, das mich dazu bringt, mein Smartphone weniger zu nutzen.
➤ Mehr lesen: Es sieht nicht gut aus für faltbare Smartphones
Mit dem aufgeklappten Handy werde ich nicht warm: Zu mühsam ist das Aufklappen und dann ist da noch die Sache mit dem umständlich erreichbaren Entsperrknopf. Kamera und Chip sind für die meisten Menschen ausreichend und lassen sich mit gehobenen Mittelklassehandys vergleichen. Was allerdings nicht vergleichbar ist, ist der Preis. Für das Flip7 muss man zu Marktstart 1.199 Euro in der günstigsten Variante hinlegen, dafür erhält man vielerorts (auch bei Amazon) als Spezialangebot gleich die Variante mit 512 Gigabyte Speicher anstelle von 256 Gigabyte.
Das Außendisplay kann anzeigen, was vor der Linse passiert.
© Marcel Strobl
Nach der Testwoche wechsle ich wieder auf mein herkömmliches Smartphone. Das Samsung Galaxy Z Flip7 liefert für mich keinen Mehrwert. Das Frontdisplay, das die ganze Vorderseite ausfüllt, hat zwar Klasse und kann alle möglichen Bilder und Kurzvideos anzeigen, wodurch es zum Hingucker wird. Und der “Plop” beim Zuklappen sorgt für ein zufriedenes Gefühl, endlich einmal das Handy weglegen zu können. Doch diese Vorteile wiegen die Nachteile nicht auf.
Das Samsung Galaxy Z Flip7 ist ein Smartphone, das man zuklappen, auf den Tisch legen und dort schön aussehen lassen will, bevor man es in eine Hosen- oder Handtasche gibt, in der ein normales Smartphone nicht Platz hätte. Da nützt einem auch nicht der starke Akku, weil es den überhaupt nicht braucht, da das Handy ohnehin nicht verwendet werden will.
Persönlich ziehe ich da den herkömmlichen Formfaktor bei Smartphones vor, der zwar überhaupt nicht stylisch, aber für die häufige Nutzung ausgelegt ist. Wer übermäßig viel aufs Handy schaut, kann sich die Angewohnheit mit dem Flip7 abtrainieren. Ich bin allerdings noch nicht so weit.
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