Im Zug das Internet zu nutzen ist für viele selbstverständlich (Symbolbild).
Wie kommt eigentlich das WLAN in den Zug?
In den kommenden Wochen werden wieder besonders viele Menschen in Österreich in den Zug steigen: zum Beispiel für den Städtetrip zum Weihnachtsmarkt oder den Feiertags-Besuch bei der Familie.
Für viele davon ist es dabei selbstverständlich, am Laptop zu arbeiten, am Tablet eine Serie zu streamen oder am Smartphone durch soziale Netzwerke zu scrollen. Etwa 2/3 der Fernverkehrspassagiere verbinden sich dafür mit dem WLAN, wie Daten von ÖBB und Westbahn zeigen.
Auch wenn es sich mittlerweile so anfühlen mag, waren WLAN und mobiler Netzempfang nicht immer eine Selbstverständlichkeit im Zug. Die Westbahn ging im Dezember 2011 mit kostenlosem Internetzugang für alle Fahrgäste an den Start, die ÖBB statteten damals zunächst 7 Railjets mit gratis WLAN aus.
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Heute wird längst kein Zug mehr angeschafft, der nicht standardmäßig Internetzugang ermöglicht. Die bestehenden Nahverkehrsflotten werden laufend aufgerüstet, so die ÖBB.
Netzausbau entlang der Strecken
Doch wie kommt das WLAN nun in den Zug? Eine Verbindung über ein schnelles Glasfaserkabel geht aus offensichtlichen Gründen nicht, die Datenübertragung muss über die Luft passieren.
Dafür starteten die ÖBB gemeinsam mit den 3 Netzanbietern A1, Drei und Magenta im Jahr 2015 ein Ausbauprogramm entlang der Hauptverkehrsstrecken. Mittlerweile sind 1.400 Kilometer – darunter die Weststrecke, Teile der Südstrecke, sowie die S-Bahn-Zuläufe der Landeshauptstädte – lückenlos mit 2G und 4G versorgt. Ein Ausbau auf 5G ist bereits in Planung.
SIM-Karten aller Anbieter
Genau wie ein Smartphone oder ein mobiler Router braucht auch ein Zug eine SIM-Karte, um sich mit dem Mobilfunknetz zu verbinden. Um die maximale Bandbreite zu ermöglichen, verfügen Züge in der Regel über SIM-Karten aller 3 Betreiber. Sie können sich also gleichzeitig ins Netz von A1, Drei und Magenta einwählen.
„Wir haben auf der einen Seite die Basisstationen, sozusagen Funkmasten, die das Signal aussenden. Dieses Signal wird von Antennen am Zug aufgefangen, und darüber versorgen wir die sogenannten Access Points. Von denen gibt es 2 pro Wagen. Die haben jeweils 2 Antennen und damit erreichen wir auch den letzten Winkel im Waggon“, erläutert Christian Pettauer. Als CIO ist er für alle IT-Angelegenheiten der Westbahn verantwortlich.
Christian Pettauer ist CIO der Westbahn.
© Westbahn
Funkzellenwechsel
Was auf den ersten Blick recht simpel klingt, ist in Wahrheit gar nicht so einfach umzusetzen, denn ein Fernzug rauscht teilweise mit 230 km/h über Land, durch Tunnel oder das Gebirge. Oder, um es mit den Worten des damaligen ÖBB-Chefs Christian Kern zu beschreiben: „Es ist leichter, im Spaceshuttle WLAN bereitzustellen als im Railjet – kein Witz!“
Auf futurezone-Anfrage relativiert ein ÖBB-Sprecher heute diese Aussage, denn in den vergangenen 10 Jahren hätte sich die Technologie maßgeblich weiterentwickelt. Die notwendigen Komponenten seien bahntauglicher geworden.
„Der Trick ist, dass wir sowohl vorne als auch hinten am Zug Antennen haben“, sagt Pettauer von der Westbahn. Beim Übergang zwischen Funkzellen könne sich die vordere Antenne schon in die neue einwählen, während die hintere Antenne noch kurz in der vorherigen verbleibt, sodass die Verbindung nicht abreißt.
Bandbreite wird aufgeteilt
Wenn das Video ruckelt, die Webseite nicht lädt, oder nicht einmal eine Messenger-Nachricht verschickt werden kann, sei der wahrscheinlichste Grund dafür schlichtweg Überlastung, meint der Westbahn-CIO: „Es ist kein Geheimnis: Wenn 250 Personen im Zug gleichzeitig das WLAN nutzen, wird es knapp mit der Bandbreite.“
Die Passagiere in der „First Class“ und der „Comfort Class“ bekommen dabei etwas mehr Bandbreite zugeteilt als die in der Standard-Kategorie. Wenn man das „WestLAN“ über den „normalen Verbrauch“ hinaus nutzt, werde die Bandbreite irgendwann gedrosselt, sagt Pettauer, ohne konkrete Zahlen dazu zu nennen. So sollen etwa große Downloads unterbunden werden, die andere Fahrgäste in ihrer Internetnutzung einschränken könnten.
Die Weststrecke ist lückenlos mit 2G und 4G versorgt.
© www.westbahn.at
Österreich im Ookla-Speedtest abgeschlagen
Der Speedtest-Anbieter Ookla hatte im Oktober einen Vergleich der Download-Geschwindigkeiten in europäischen und asiatischen Zügen im 2. Quartal 2025 veröffentlicht. Österreich landete mit durchschnittlich nur 0,7 Mpbs auf dem vorletzten Platz, Schweden war mit 64,58 Mbps führend. Auch bei der Upload-Geschwindigkeit – durchschnittlich bloß 0,98 Mbps – schnitt Österreich schlecht ab.
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Für Westbahn-CIO Pettauer ist dieses Ergebnis „nicht so nachvollziehbar“, sei Österreich doch sowohl seitens der Mobilfunk-Infrastruktur als auch der Eisenbahnunternehmen sehr gut aufgestellt. Die ÖBB berufen sich darauf, allen die gleiche Bandbreite und nicht das „first come, first-serve“-Prinzip anzubieten.
Geschwindigkeit wird gedrosselt
Ookla-Analyst Luke Kehoe erklärt auf Nachfrage, dass die Analyse auf tausenden Speedtests basiert, die Nutzerinnen und Nutzer im ÖBB-WLAN durchgeführt haben. Hier stellt sich die Frage, ob das nicht das Ergebnis verzerrt. Denn eine Speedtest-App nutzt man eher, wenn man sich über eine langsame Internetverbindung ärgert, als wenn eh alles reibungslos lädt.
Kehoe vermutet, dass die vergleichsweise schlechten Ergebnisse außerdem mit älterer WLAN-Hardware in manchen Zügen sowie Nutzungsbegrenzungen zusammenhängen: „Die ÖBB scheinen aggressive Quality-of-Service-Protokolle zu implementieren [...], um eine Überlastung ihres WLAN-Netzwerks zu verhindern“, erklärt der Analyst. „In offiziellen Hinweisen werden Fahrgäste gebeten, intensives Streaming (z.B. YouTube, Netflix, etc.) zu vermeiden, was zu einer schlechteren Wahrnehmung als bei konkurrierenden Bahnnetzen beiträgt, die den Datenverkehr nicht so aggressiv regulieren oder Geschwindigkeiten nicht begrenzen, wenn insgesamt ausreichende Bandbreite verfügbar ist.“
Lieber im Mobilfunknetz surfen
Besonders in vollen Zügen ist es daher ratsam, wenn möglich über die eigene SIM-Karte auf das Internet zuzugreifen. Doch ein Zugwaggon hält durch seine Metallkonstruktion und metallisch beschichtete Fenster zur Wärmeisolierung Mobilfunksignale vom Fahrgastraum ab, was die Internetnutzung übers Smartphone erschwert.
Neuere Züge, z.B. die ab 2023 ausgelieferten ÖBB-Nachtzüge oder die neue Railjet-Generation von 2024, sind daher mit sogenannten Funkfenstern ausgestattet. Bei diesen wird die metallische, elektrisch-leitende Thermobeschichtung des Glases mit einem Laser in kleine Segmente unterteilt. So können Funkstrahlen gewisser Frequenzen dennoch durch das Fenster nach innen gelangen. Die Metallschicht und das Muster sind beinahe transparent, man kann also immer noch die vorbeiziehende Landschaft beobachten.
Forscher Lukas W. Mayer hat das Funkglas bei Siemens Mobility mitentwickelt.
© Michael Chuop / Siemens Mobility
Entwickelt wurde die Technologie bei Siemens Mobility in Wien. Im Vergleich zu gewöhnlichen Zugfenstern sei die Signalleistung 50-fach stärker. Die Dauer, in der im Railjet ein guter 4G-Empfang verfügbar ist, habe sich um 33 Prozent erhöht, so der Hersteller. Anders als Funkverstärker brauchen die Scheiben keinen Strom und können vergleichsweise einfach nachgerüstet werden.
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