Christian Laqué, CTO bei A1

Christian Laqué, CTO bei A1

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Digital Life

A1-CTO : "Die nächsten 10 bis 20 Jahre wird 4G weiter wichtig sein"

Seit Jänner 2025 ist Christian Laqué Chief Technology Officer (CTO) bei A1. Der 57-Jährige studierte Elektrotechnik an der Universität Karlsruhe und hat über 30 Jahre Erfahrung in der Telekommunikationsbranche.

Heute spielen noch 4G und 5G eine große Rolle für die Nutzer. Vor allem die 5. Generation des Mobilfunks ermöglicht schnellere Datenübertragungsraten und ermöglicht den Einsatz neuer Technologien, wie beispielsweise den zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Im Gespräch mit der Futurezone gibt A1-Technikchef Christian Laqué Einblick in den aktuellen Stand des Netzausbaus. Er spricht aber auch über die Zukunft von 4G, Herausforderungen beim Netzausbau sowie über Europas Potenzial, eine führende Position in der Telekommunikationsbranche einzunehmen.

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Viele Smartphones haben bereits die Möglichkeit, 5G zu nutzen. 4G ist aber weiterhin wichtig. Warum ist das so, wenn jetzt schon von 6G gesprochen wird? 
Christian Laqué: Wir haben auch noch die Herausforderung, dass einige Geräte nur 2G oder 3G nutzen können. Die Frage ist immer: Wann ist der Kunde bereit, in ein neueres Gerät zu investieren? Wir möchten den Kunden natürlich die Möglichkeit bieten, auf die neueste Technik zu wechseln. Wir bieten keine Geräte mehr an, die nur 4G können, aber so lange die Geräte am Markt sind, unterstützen wir die Technik. Für uns ist es gut möglich, 4G und 5G anzubieten. 3G werden wir jetzt abschalten. 

Die 5G-Netzabdeckung liegt in Österreich bei 90 Prozent. Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die restlichen 10 Prozent zu erreichen? 
Es gibt nur noch ganz wenige Bereiche in Österreich, die nicht mit dem Netz versorgt sind. Da sind wir sehr weit vorne, im internationalen Vergleich. Wenige Länder haben eine so gute Versorgung und das liegt sicher auch an der Zusammenarbeit unter den 3 Mobilfunkanbietern. 

Ein wichtiger Punkt ist eben die Abschaltung von 3G. Damit können wir die Frequenzbereiche dann in Richtung 5G umwidmen. Wir investieren aber weiterhin ungefähr eine halbe Milliarde Euro pro Jahr. Ein Teil davon geht in die Sicherheit, ein anderer in das Festnetz, aber gerade der Mobilfunk ist ein Bereich, wo viel Geld reinfließt. Leider hinken wir beim Festnetz, also beim Glasfaserausbau, der extrem wichtig ist für die Digitalisierung, hinterher.

Woran liegt das? 
Das liegt daran, dass der Mobilfunk vieles ersetzt hat. Es ist für uns eine Herausforderung, diese Kapazität in den Netzen zur Verfügung zu stellen. Das Glasfasernetz ist aber das, was es in Zukunft unbedingt braucht, um bis zu 500 Mbit pro Sekunde Datenübertragung für jeden zur Verfügung stellen zu können. Das werden wir so mit dem Mobilfunk nicht ermöglichen können. 

Wie lange wird 4G voraussichtlich noch genutzt werden, bevor es vollständig von 5G ersetzt wird? 
Als Beispiel: Wenn man heute 3G nutzt, würden einige Anwendungen, wie beispielsweise Social Media Apps, gar nicht mehr laufen. Das ist bei 4G nicht abzusehen. Die nächsten 10 bis 20 Jahre wird 4G weiterhin wichtig sein. Manche Geräte werden sich so schnell nicht entwickeln und die Leute werden bei ihren Anwendungen bleiben. Manche Internet-of-Things-Anwendungen nutzen noch 2G, wie beispielsweise eine Alarmanlage. Der Austausch ist da also etwas langsamer. Der Vorteil ist, dass wir 4G mit der heutigen Netztechnik gut abdecken können. Bei 3G ist das was anderes, weil wir die Frequenzbereiche, die für 3G genutzt werden, effizienter bei 4G oder 5G einsetzen können.  

5.400 5G-Sender sorgen in Österreich für eine hohe 5G-Abdeckung. Welche Nutzer profitieren am meisten davon? 
5G nutzt dem Einzelnen. Dadurch, dass es viel effizienter ist, hilft es aber auch der Gemeinschaft. Wer heute in 5G investiert, macht auch Ressourcen für andere frei. Da geht es darum, dass die Geräte energieeffizienter sind, Applikationen schneller laufen und die Latenzzeit geringer ist. 5G ist also optimierter für die Anwendungen der heutigen Zeit.

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Was ist denn das Herausfordernde am Netzausbau in Österreich? 
Eine Herausforderung ist, dass es Bedenken in der Bevölkerung bezüglich der Schädlichkeit von 5G gibt, die wir ernst nehmen. Manche Leute wollen die Basisstationen nicht in ihrer Umgebung haben. Gleichzeitig wollen sie aber eine gute Versorgung, diese Diskrepanz existiert also. Das andere ist, dass Flächen teilweise extrem hoch bepreist sind und die Bauordnung manchmal für Komplikationen sorgt. Unser Ziel ist, den Mobilfunk für jeden zur Verfügung zu stellen. Diese Hürden machen es uns schwer, die Versorgung in die letzte Ecke Österreichs zu bringen. 

5G wurde als Revolution angekündigt. Ist es das auch geworden?
Ich habe es schon damals lieber als Evolution bezeichnet. So ist es auch gekommen. Wir haben 5G vor allem dazu verwendet, die Möglichkeiten der Bandbreite zu vergrößern. Es ermöglicht beispielsweise auch, dass Network-Slicing funktioniert und auch teilweise im Einsatz ist (Anm. der Redaktion: Damit ist gemeint, dass das Mobilfunknetz in mehrere virtuelle Netzwerke aufgeteilt werden und an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden kann). Zum großflächigen Einsatz, den wir uns diesbezüglich erhofft haben, ist es aber nicht gekommen. Das liegt an der Komplexität und daran, dass es auch kompatible Geräte braucht. Auch die Verwendung von Künstlicher Intelligenz wäre ohne 5G nicht denkbar gewesen. 

Mit 6G kommt mehr Vernetzung, heißt das auch mehr Risiken? 
Natürlich bringt jede Vernetzung auch Risiken mit sich. Deshalb investieren wir jährlich rund 10 Prozent unserer Investitionsausgaben in Sicherheit – nicht nur für uns, sondern vor allem für unsere Kunden. Im Mobilfunk sind alle Verbindungen verschlüsselt – sowohl die Übertragungen auf den Leitungen, als auch jedes einzelne Gespräch. Ein Grund für den Wechsel von 3G- auf 4G- und 5G-SIM-Karten ist, dass dadurch die Verschlüsselung stets auf dem neuesten Stand bleibt. Dasselbe wird auch mit Blick auf 6G ein wichtiges Thema sein, insbesondere im Hinblick auf sichere KI-Anwendungen. Sicherheit ist auch insbesondere in der Robotik entscheidend. Schon kleinste Eingriffe könnten potenziell große Folgen haben. Deshalb testen wir sorgfältig, um Angriffe frühzeitig zu erkennen und abzuwehren. 

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Welche Rolle spielt Europa in der globalen 6G-Entwicklung? 
Die Entwicklung von 6G ist eine globale. Auch bei den anderen Standards war es ähnlich: Bei 3G waren neben den Europäern beispielsweise die Japaner stark beteiligt. Bei 4G hat sich China immer mehr beteiligt. Bei 5G war es auch so, dass die chinesischen Konzerne einen Großteil der Patente eingebracht haben. Jene, die da ein wenig außen vor sind, sind die Amerikaner. Dafür sind sie im Softwarebereich stark beteiligt. iOS und Android werden von US-amerikanischen Konzernen betrieben.  

Was muss Europa tun, um die Vorreiterrolle im Mobilfunkbereich nicht zu verlieren? 
Wir müssen in Europa sicherstellen, dass wir unsere technologische Expertise weiter ausbauen und unsere Spitzenkräfte halten. Wenn wir unsere Top-Leute nicht fördern, wandern sie ab – und damit verlieren wir Innovationskraft. Deshalb müssen wir nicht nur in der Ausbildung stets up to date bleiben, sondern auch eigene Produktionskapazitäten aufbauen, statt uns darauf zu verlassen, dass andere das für uns übernehmen. Niemand wird sich um uns kümmern.  

Wir haben aber die Möglichkeiten und einen riesigen Vorteil: Wir haben Diversifikation, also die Vielfalt, in der Bevölkerung und der Kultur. Und damit auch in dem Ansatz, wie wir Dinge vorwärtstreiben. Das existiert sonst nirgendwo auf so kleiner Fläche. Wenn Europa geeint auftritt, haben wir eine Riesen-Chance, Treiber in diesen Hochtechnologie-Bereichen zu sein. Wir haben hervorragende Kapazitäten, die wir nutzen müssen. 

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Sandra Czadul

Begeistert von Wissenschaft und stets auf der Suche nach Ideen, die uns voranbringen.

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