Xiaomi Mi 9 im Test: Der neue Flaggschiff-Killer
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Nachdem Xiaomi vergangenes Jahr mit dem Mi 8 - im futurezone-Test - neue Standards in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis definiert hat, sind die Erwartungen an den Nachfolger entsprechend hoch. Xiaomi hat sein Mi 9 im Februar im Rahmen des Mobile World Congress in Barcelona präsentiert. Schon damals machte es im futurezone-Kurztest einen positiven Eindruck. Nun konnten wir uns das Mi 9 genauer ansehen.
Xiaomi verbaut beim Mi 9 eine High-End-Ausstattung, die den Spitzenklassen-Smartphones um nichts nachsteht. Das chinesische Unternehmen verlangt aber quasi die Hälfte von dem, was Samsung für sein 1000-Euro-Flaggschiff haben will. Konkret ist das Mi 9 (64/6 GB) in Österreich um rund 450 Euro zu haben, die 128/6-Version kostet 499 Euro.
Xiaomi Mi 9 im Test
Nimmt man das Mi 9 erstmals aus der Verpackung, würde man nicht vermuten, dass es sich dabei um ein relativ günstiges Gerät handelt. Vom äußerlichen Eindruck her kann das Mi 9 durchaus mit der hochpreisigen Konkurrenz von Samsung, Apple oder Huawei mithalten: Es fühlt sich hochwertig an, ist tadellos verarbeitet und setzt auf robuste Materialien.
Kameraqualität
Ein Blick auf DxOMark verrät, dass das Mi 9 über eine der besten Smartphone-Kameras am Markt verfügt. Die Kameraspezialisten bewerten die Mi-9-Kamera mit 107 Punkten. Damit wird es lediglich vom Huawei P30 Pro, dem Samsung Galaxy S10 5G, Huawei Mate 20 Pro, Huawei P20 Pro und dem Samsung Galaxy S10 Plus geschlagen und liegt noch vor dem Apple iPhone XS Max und dem HTC U12+.
Bei der Hauptkamera setzt Xiaomi auf drei Linsen, die senkrecht angeordnet sind: 48 MP mit dem Sony IMX586 Sensor (f/1,75), 12 MP Tele-Linse (f/2,2) und eine 16 MP Ultra-Weitwinkel-Linse (f/2,2). Außerdem unterstützt das Kamera-Setup einen zweifachen, optischen Zoom. Weitwinkel und Zweifach-Zoom können in der Kamera-App mit jeweils dedizierten Schaltflächen aktiviert werden. Die Selfie-Kamera nimmt Fotos mit 20 MP und einer Blende von f/2,0 auf.
Um Fotos mit der maximalen Auflösung von 48 Megapixel aufnehmen zu können, muss der entsprechende Modus ausgewählt werden. Daneben gibt es noch eigene Modi in der Schnellauswahl für Portraits, Nachtaufnahmen, Panorama und Pro. Auch über eine AI-Kamera, die die Fotos automatisch aufhübscht, verfügt das Mi 9. Über das Einstellungsmenü können noch zusätzlich Tilt-Shift- und Macro-Modus gewählt werden. Zeitlupenvideos können mit maximal 960 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden.
Weitwinkel und 48 Megapixel
Bei den 48-MP-Aufnahmen nutzt das Mi 9 das sogenannte Pixel-Binning. Da bei hochauflösenden Fotos offenbar keine oder nur wenig automatische Bildbearbeitung eingesetzt wird, bringt der 48-MP-Modus nicht wesentlich mehr Details ans Licht.
In der Praxis ist die Weitwinkel-Option ein willkommenes Feature. Gerade bei Panoramaaufnahmen oder ähnlichen Situationen kann die Weitwinkel-Funktion wesentlich dazu beitragen, tolle Bilder aufnehmen zu können.
Im Großen und Ganzen ist die Triple-Kamera des Mi 9 in der Lage großartige Fotos zu schießen. In der Preiskategorie bis 500 Euro ist das Mi 9 in Sachen Fotoqualität eine Klasse für sich.
Im Vergleich mit anderen Flaggschiffen - etwa dem Huawei P30/P30 Pro oder den Samsung S10-Geräten - kann das Mi 9 nur bedingt mithalten. Bei idealen Lichtverhältnissen kann hier das Xiaomi-Smartphone noch konkurrieren. In einer dunkleren Umgebung und bei Portrait-Fotos zeigt sich, dass vor allem Huawei auf mehr KI-Power setzt, um die Fotos automatisch zu verbessern.
Fingerprint im Display und Gesichtserkennung
Beim Mi 8 war der Fingerabdrucksensor noch auf der Rückseite des Geräts untergebracht. Beim Mi 8 Pro setzte Xiaomi erstmals auf einen Fingerprintsensor, der im Display integriert war. Dieser In-Display-Fingerprint war allerdings kaum zu gebrauchen. Er war fehleranfällig und langsam und damit ein Kritikpunkt beim Mi-8-Test.
Auch beim Mi 9 versteckt sich der Fingerprint-Sensor im OLED-Screen. Seit dem Mi 8 Pro hat sich einiges zum Positiven geändert. Denn diesmal arbeitet der biometrische Sensor zuverlässig und schnell. Es gibt nur noch wenig Unterschiede zu einem herkömmlichen Fingerabdrucksensor.
Neben dem Fingerabdruck kann das Mi 9 auch per Gesichtserkennung entsperrt werden. Anders als etwa die Apples iPhones greift das Mi 9 dabei auf ein einfaches Selfie zurück. In der Praxis funktioniert das rasch und zuverlässig - selbst mit Kapuze oder Sonnenbrille und auch in einer etwas dunkleren Umgebung. In einem vollständig abgedunkelten Raum kann die Gesichtserkennung allerdings nicht mehr weiterhelfen.
AMOLED-Display und Notch
War der Screen des Mi 8 noch von einem breiten Balken-Notch geprägt, kommt das Mi 9 mit einem leichtgewichtigen Notch in Tropfenform. Auch das Kinn, also der untere Rand, wo sich früher der Home-Button befunden hat, wurde beim Mi 9 reduziert. Dadurch wirkt das Design des Mi 9 zeitgemäß, modern und steht anderen Spitzenmodellen um nichts nach.
Das AMOLED-Display misst 6,39 Zoll und löst mit 1080x2340 Pixeln auf. Das Bildschirmverhältnis beträgt 19,5:9. Das Display wird von Corning Gorilla Glass 6 geschützt.
An der Qualität des Displays gibt es nichts auszusetzen. Es bietet ausreichend Helligkeit und Kontrast, sodass es auch bei Sonneneinstrahlung noch gut lesbar ist. Die Helligkeit gibt Xiaomi mit 430nit an. Wählt man die automatische Helligkeit, schafft das OLED-Panel in kurzfristig auch 600nit.
Prozessor und Leistung
Das Mi 9 ist eines der ersten und wenigen Smartphones, das auf den neuen Flaggschiff-Prozessor von Qualcomm, den Snapdragon 855, setzt. Als Arbeitsspeicher stehen - je nach Modell - sechs oder acht GB RAM zur Verfügung. Beim internen Speicher hat man die Wahl zwischen 64 und 128 GB (UFS 2.1 Flash-Speicher). Einen MicroSD-Slot zur Speichererweiterung gibt es nicht.
Angesichts dieser Ausstattung ist es wenig verwunderlich, dass das Mi 9 ein extrem flottes und leistungsstarkes Gerät ist. Vor allem bei ressourcenintensiven Anwendungen zeigt sich, welche Power in dem Smartphone steckt. Hier braucht sich das Mi 9 vor anderen Flaggschiffen absolut nicht verstecken.
Akku und Ladevorgang
Der Akku verfügt über eine Kapazität von 3300 mAh. Damit ist er im Vergleich zum Vorgänger etwas geschrumpft. Auch wenn Prozessor und Display nun energieeffizienter sein sollen, kann der Akku des Mi 9 nicht vollständig überzeugen. Man kommt zwar über einen Tag intensiver Nutzung, am Abend will das Smartphone aber meist an die Steckdose. Die etwas kürzer wirkende Akkulaufzeit steht dann einem extrem schnellen Ladevorgang gegenüber.
Nur sechs Minuten braucht das Mi 9 um den Akku von 15 auf 27 Prozent aufzuladen. Zwölf Minuten nach Start des Ladevorgangs zeigt der Akku 38 Prozent. Nach mehr als einer Stunde wurde das Smartphone von 15 Prozent ausgehend vollständig aufgeladen.
Beim drahtlosen Laden, das auf dem Qi-Standard basiert und maximal mit 20 Watt möglich ist, gestaltet sich der Ladevorgang etwas langsamer als per Kabelverbindung. Dennoch ist auch das drahtlose Laden schneller als bei vielen vergleichbaren Smartphones.
Beim Mi 9 empfiehlt es sich also, ein Ladekabel mitzuhaben. Sollte mal ein Akku-Aus drohen, kann es innerhalb kurzer Zeit wieder ausreichend aufgeladen werden.
Dedizierter Assistant Button
Das Xiaomi Mi 9 verfügt neben dem Power-Button und der Volume-Wippe über einen dedizierten (Google-)AI-Assistant-Button, der sich auf der gegenüberliegenden Seite des Power-Buttons befindet. Für jemanden, der gerne und häufig den Google Assistant verwendet, ist der AI-Button bestimmt eine praktische Sache.
Ich nutze den smarten Helfer so gut wie gar nicht und daher ist auch der dedizierte Bedienknopf sinnlos und eigentlich sogar eher lästig. So schaltet sich der Google Assistant des Öfteren ein, wenn man den Knopf unabsichtlich in der Hosentasche betätigt. Auch ist es mir öfters passiert, dass ich den AI-Button mit dem Power-Button verwechselt habe.
Will man den AI-Button nicht verwenden, kann man ihn deaktivieren und zwar unter: Settings - Manage Apps - Drei-Punkte-Menü - Default Apps - Assist & Voice Input - Assist App - None. Mithilfe von Drittanbieter-Apps ist es auch möglich, auf den AI-Button eine gewünschte App oder Funktion zu legen.
Sonstiges
Xiaomi verzichtet beim Mi 9 auf einen 3,5mm-Kopfhöreranschluss. Dafür liegt dem Handy ein entsprechender USB-C-Klinken-Adapter bei.
Das Smartphone verfügt außerdem über eine Infrarotschnittstelle, für die eine eigene Mi-App vorinstalliert ist. Wie die meisten anderen Handys können auch im Mi 9 zwei SIM-Karten verwendet werden.
Betriebssystem und MIUI 10
Wie üblich legt Xiaomi über Android 9.0 Pie seine Benutzeroberfläche MIUI 10. Auf dem Mi 9 läuft MIUI flüssig, ohne Ruckeln und - sofern man will - mit zahlreichen verspielten Animationen.
MIUI kommt mit zahlreichen vorinstallierten Apps - etwa für Kontakte, Textnachrichten, Browser, Kalender, Musik, Videos, Wetter, Cleaner, Screen Recorder und einigen anderen mehr. Vereinzelt sind diese Mi-Apps gut zu gebrauchen und hilfreich. Mit einigen davon konnte ich mich nicht anfreunden, beziehungsweise nutze ich einfach für bestimmte Angelegenheiten andere Apps - beispielsweise Browser, Kalender oder Kontakte. Leider kann man die meisten der vorinstallierten Anwendungen nicht löschen.
Fazit
Mit dem Mi 9 legt Xiaomi sein bisher bestes Smartphone hin: Beim Formfaktor ist das Mi 9 eines der besten aktuellen Smartphones, da es robust und leichtgewichtig gleichzeitig ist und gut in der Hand liegt.
Die Performance ist mit anderen Flaggschiff-Geräten ebenbürtig und auch bei der Kamera braucht sich das Mi 9 vor der hochpreisigeren Konkurrenz nicht verstecken. Allerdings können die Mitbewerber bei schlechter Beleuchtung etwas mehr aus den Bildern rausholen.
Der Akku kann zwar nicht mit seiner Durchhaltefähigkeit überzeugen, doch das Mi 9 zählt zu den Smartphones, die am schnellsten geladen werden können.
Mit einem Preis ab 444 Euro der 64-GB-Version und 485 Euro für das 128-GB-Modell ist das Mi 9 in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis derzeit nur schwerz zu schlagen.
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