Sandra Stroj ist eine von 2 Preisträger*innen.

Sandra Stroj ist eine von 2 Preisträger*innen.

© Sandra Stroj FHV

Science

CDG-Preis für ultrakurz gepulste Laser und Wärme-Prüfverfahren

Gleich 2 Forschungsprojekte der Josef-Ressel-Zentren wurden heuer mit dem CDG-Preis ausgezeichnet. Beide Projekte befassen sich mit Materialphysik und Bauteilen, forschen aber an unterschiedlichen Dingen. Während ein Projekt Materialien mit ultrakurz gepulsten Lasern bearbeitet, prüft das andere die Bauteile auf Qualitätsmängel.

Materialien mit Lasern zu bearbeiten ist dabei nicht neu, mit ultrakurz gepulsten Lasern ist aber einiges mehr möglich. Dabei wird die Oberfläche mit Laserimpulsen im Femto- und Pikosekunden-Bereich beschossen, also nur für wenige Billiardstel einer Sekunde. Das hat den Vorteil, dass sich das Material nicht erwärmt. So können empfindliche Materialien bis in den Nanobereich bearbeitet werden.

Forschung an funktionalen Materialien

Sandra Stroj vom JR-Zentrum für Materialbearbeitung in Dornbirn erforscht, was mit diesen Lasern alles machbar ist. Wie etwa die Struktur der Flügeloberfläche eines Wüstenkäfers nachzubilden. Diese Käfer, auch Nebeltrinker genannt, gewinnen Wasser, indem sie ihre Flügel in den morgendlichen Wüstennebel halten. Durch die hügelige Struktur der Flügel können die Käfer deutlich mehr Wasser aus dem Nebel gewinnen, als dies mit glatten Oberflächen möglich wäre. Wasserabweisende Täler zwischen den Hügeln leiten das Kondenswasser direkt zum Mund des Insekts weiter.

Die funktionalen Oberflächen nach Vorbild des Wüstenkäfers haben wir gar nicht im Forschungsantrag erwähnt. Die ersten Forschungsergebnisse waren jedoch so vielversprechend, dass wir sie als Schwerpunkt übernommen haben und sie schließlich zu einem der wichtigsten Erfolge des JR-Zentrums wurden“, sagt Stroj im Gespräch mit der futurezone.

Anwendung in mehreren Gebieten

Zusammen mit dem Unternehmen High Q Laser aus Rankweil konnte Stroj so Oberflächen bearbeiten, auf denen beliebige Benetzungszustände erzeugt werden können. Anwendungsmöglichkeiten reichen von der Bekämpfung von Kondenswasser bei Maschinen oder Flugzeugen bis hin zur Trinkwassergewinnung in Trockengebieten.

Winzige Strukturen können etwa auf Glas übertragen werden, ohne dass es schmilzt.

Auch für medizinische Anwendungen sind ultrakurz gepulste Laser interessant. Über Glasfasern könnte etwa Licht direkt in Tumorgewebe eingebracht werden, das zuvor mit photoaktiven Stoffen angereichert wurde. Durch die Stoffe wird das Licht so stark absorbiert, dass es idealerweise zur Zerstörung des Tumors kommt. Mit ultrakurz gepulsten Lasern könnte man die mikrometerdünnen Glasfasern etwa so bearbeiten, dass das Licht optimal ausgestreut wird.

Einen technischen Durchbruch konnte Stroj bei der Bearbeitung von Piezokristallen verzeichnen. Piezokristalle sind extrem poröse, empfindliche Strukturen, die eine elektrische Spannung in mechanische Bewegung umwandeln - oder eben umgekehrt. "Wir waren die ersten auf der Welt, die aus diesen Kristallen richtig feine Strukturen herausschneiden konnten", zeigt sich die Forscherin stolz. Stolz ist Stroj außerdem auf ihr Team: “Wir haben so viel publiziert und waren auf so vielen Konferenzen. Und das alles bei einem relativ kleinen Team.“ 

Wärmeverteilung zeigt Defekte in Materialien

Den CDG-Preis 2022 teilt sich Stroj mit Günther Mayr vom JR-Zentrum für thermografische zerstörungsfreie Prüfung von Verbundwerkstoffen in Wels. Mayr arbeitet an der Weiterentwicklung von thermodynamischen Prüfverfahren. Dabei wird Licht (oft von Halogenstrahlern) auf ein Bauteil gestrahlt und die Oberflächentemperatur gemessen.

Bei einem fehlerfreien Bauteil fließt die Wärme gleichmäßig ins Innere. Wenn das Material einen Defekt aufweist - etwa eine Luftblase - kommt es aber zu einem Hitzestau, der sich an der Oberfläche als Hotspot zeigt. Das Prüfverfahren hat dabei mehrere Vorteile: Das Bauteil muss bei der Untersuchung nicht berührt werden und die Prüfung geschieht relativ schnell.

Durch die Temperaturverteilung lässt sich auf Defekte im Material schließen.

Anwendung in der Luftfahrt

Die Ergebnisse der Temperaturmessung werden mathematisch so umgerechnet, dass eine dreidimensionale Darstellung des Defekts modelliert werden kann. Die Methode wird bereits vom Flugzeugkomponentenhersteller FACC verwendet, um dünne Bauteile zu prüfen. Komponenten für Boeing und Airbus werden so auf ihre Qualität überprüft.

Bei dickeren Materialien, Verbundwerkstoffen oder komplex geformten Bauteilen sind allerdings die Grenzen der Methode bald erreicht. “Bisher galt, dass die Fehlertiefe kleiner sein musste als der Fehlerdurchmesser”, erklärt Mayr im Gespräch mit der futurezone. “Diesen Benchmark konnten wir nun um den Faktor 2 verbessern.” 

Ein grafisches Modell einer Prüfung.

“Der Preis ist natürlich die Krönung für das Josef-Ressel-Zentrum und zeigt dessen Erfolg”, sagt Mayr und unterstreicht den dualen Charakter der Forschungseinrichtung. “Einerseits haben wir einige Paper in sehr angesehenen Journalen veröffentlicht, andererseits ist unsere Forschung extrem anwendungsorientiert.”

Start-up will Sensorkopf entwickeln

Der technische Aufbau für die Materialprüfung ist jedoch noch etwas sperrig - es braucht mehrere Stative, Lichtquellen und einen Computer zur Berechnung. 2 Mitarbeiter des JR-Zentrums gründeten daher das Start-up voidsy. Das Unternehmen will einen smarten Sensorkopf für thermografische Prüfungen entwickeln, der alle Komponenten in einem kleinen Gerät vereint. 

Die Nachfrage danach ist vorhanden, wie Mayr verrät: “Das Interesse hat enorm zugenommen, nicht nur in der Luftfahrt. Wir kriegen laufend Anfragen aus dem Automotive-Bereich, aber auch aus dem Schienenverkehr und von Weltraumunternehmen.”

Der CDG-Preis für Forschung und Innovation wurde heuer zum ersten Mal für Josef-Ressel-Zentren ausgeschrieben. Die technisch-wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen an den österreichischen Fachhochschulen werden zur Hälfte öffentlich und zur Hälfte von Unternehmenspartnern finanziert. Neben dem Preisgeld erhalten die Gewinner*innen auch einen Pokal: Er stellt den Dopplereffekt dar.

Der Dopplereffekt erreichte große Bekanntheit durch die Serie "The Big Bang Theory".

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit der Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG).

 

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

mehr lesen
Marcel Strobl

Kommentare