Energiewende: Große Lücken zwischen Bund und Ländern
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Österreich soll bis 2040 klimaneutral werden. Während dieses Ziel für das ganze Land feststeht, stellt sich die Frage, wie sehr hier die Bundesländer an einem Strang ziehen. Wesentliche Stellschrauben für den Klimaschutz und die Energiewende fallen in den Kompetenzbereich der Länder. Jedes Bundesland sollte eine eigene Klima- und Energiestrategie verfolgen, mit der in Summe dann theoretisch die bundesweiten Ziele erreicht werden. Derzeit ist das aber nicht so.
Wie die Österreichische Energieagentur in einer neuen Studie festgestellt hat, herrschen teilweise große Lücken zwischen Länder- und Bundeszielen (siehe Grafik ganz unten). Wie passen Föderalismus und Energiewende also zusammen? Dieser Frage widmete sich am Donnerstag eine Diskussionsrunde beim Kongress des Branchenverbands Österreichs Energie.
Von unten herauf
Grundsätzlich waren sich die Experten dabei einig, dass die Verteilung von Kompetenzen auf verschiedene Verwaltungsebenen notwendig und begrüßenswert sei. "Länder und Gemeinden sind einfach näher am Bürger dran", meint etwa Magnus Brunner, Staatssekretär im Klimaschutzministerium. "Mit der Energiewende müssen wir eine Riesenaufgabe in relativ kurzer Zeit bewältigen", meint Gernot Stöglehner, Professor für Raumplanung an der Universität für Bodenkultur. "Das geht nur, wenn alle mitmachen. Es ist wichtig, da von unten herauf zu arbeiten."
Karin Mottl, die Geschäftsführerin des Energieparks Bruck an der Leitha, hat bereits Erfahrungen damit gemacht, wie man Energiewendeprojekte mit starker Einbindung der Bevölkerung erfolgreich umsetzen kann. In der niederösterreichischen Gemeinde wurden seit 1995 etwa zahlreiche Windkraftanlagen und eine Nahwärmeanlage errichtet. "Ganz viel reden ist wichtig. Aber auch das Entwickeln von Bildern, wo es hingehen soll." Nur so sei es möglich, Skeptiker zu überzeugen. Eine erfolgreiche Umsetzung auf Gemeindeebene könne auch Wellen in ganzen Regionen schlagen.
Druck und Einsicht
In den vergangenen Jahren sei das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Sinnhaftigkeit der Energiewende stark gewachsen, ist Brunner überzeugt. Das erhöhe den Druck auf die Politik. Landespolitiker wiederum würden begreifen, dass das Umsetzen von Maßnahmen zum Bremsen des Klimawandels viele Vorteile mit sich bringe: "Was wir mit dem Erneuerbare-Ausbau-Gesetz geschaffen haben, ist nicht nur ein Energiepaket, sondern ein Investitionspaket, das zusätzliche Arbeitsplätze und Aufträge für lokale Unternehmer kreiert."
Obwohl es also im Interesse der Länder liegen sollte, die Energiewende voranzutreiben, gebe es hie und da noch Aufholbedarf. Der Bund könne laut Verfassung kein Bundesland dazu zwingen, zum Erreichen der gemeinsamen Ziele beizutragen, meint Jurist Peter Bußjäger von der Universität Innsbruck. Es sei aber aus Sicht des Bundes denkbar, Bundesländer in einen verstärkten Wettbewerb bei Klimaschutzmaßnahmen treten zu lassen und etwa monetäre Anreize zu setzen.
Koordinierung
Schlussendlich gelte es aber, sich föderalistisch zu koordinieren, denn alleine die Geografie sorge für große Unterschiede. Brunner: "Wo Windkraft möglich ist, ist Wasserkraft nicht möglich und umgekehrt." Die Studie der Energieagentur analysiert in ihrer Studie dazu passend auch, wie hoch die Potenziale für den Ausbau der verschiedenen Energieerzeugungstechnologien in den einzelnen Bundesländern sind.
Bundesländer sollten also ihre Kompetenzen bei Energiewende und Klimaschutz weitgehend behalten - aber nicht bei allen Angelegenheiten, etwa bei der Bodenversiegelung. Diese schreite in Österreich zu schnell voran, ist Stöglehner überzeugt. Der Bund müsse seiner Auffassung nach eine aktivere Bodenpolitik betreiben und dabei die Länder und Gemeinden stärker in die Pflicht nehmen. Dazu notwendig sei allerdings eine Verfassungsänderung.
Kommentare