Auf diesem Exoplaneten regnet es 500 Grad heißen Sand
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Das James Webb Space Telescope (JWST) lässt seit kurzem tiefe Einblicke in die gar nicht so unmittelbare kosmische Umgebung der Erde zu. Im Fachblatt "Nature" berichtet nun ein Forschungsteam mit Beteiligung der Gruppe um Manuel Güdel von der Uni Wien über neue Analysen zum Exoplaneten "WASP-107b".
Aufgrund seines besonderen Aufbaus kann man mit dem Hightech-Instrument Mid-Infrared Instrument (MIRI) an Bord des JWST besonders weit in dessen Atmosphäre blicken.
Mit der Vorsilbe "Exo" wird von Wissenschafter*innen jeder Planet versehen, der sich nicht in unserem Sonnensystem befindet. Mit den neuen wissenschaftlichen Möglichkeiten kommen auch immer mehr Exoplaneten auf den Schirm der Forschung.
➤ Mehr lesen: Dieser Exoplanet zeigt erste Anzeichen von Leben
Mikroskopisch kleiner Staub
Besonders vielversprechende Untersuchungen an den Himmelskörpern lassen u.a. die Geräte am James Webb-Teleskop, dem größten Spiegelteleskop im Weltraum, zu. Eines davon ist das am JWST angedockte Mid-Infrared Instrument (MIRI).
Dabei handelt es sich auch um eine Art virtuelles Labor im All, mit dem Wärmestrahlung von Gas und mikroskopisch kleinem Staub detektiert werden kann. Aus den Daten lassen sich Rückschlüsse auf im All befindliche Moleküle ziehen und die Zusammensetzung von feinem Staub im Universum untersuchen.
➤ Mehr lesen: Exoplanet wirft Rätsel auf - Dürfte so eigentlich nicht existieren
Exoplanet mit Wolken aus Staub
Im Fall der nunmehrigen Analyse haben die Wissenschafter*innen um den Hauptautor der Studie, Michiel Min vom SRON Netherlands Institute for Space Research, mit MIRI den 2017 entdeckten, rund 200 Lichtjahre von der Erde entfernt in der "Virgo"-Sternenkonstellation um den gegenüber der Sonne etwas kühleren und weniger massereichen Stern WASP-107 kreisenden "WASP-107b"-Planeten untersucht.
So gelang es erstmals, die Zusammensetzung von Wolken auf einem Exoplaneten zu analysieren, heißt es am Mittwoch in einer Aussendung der Universität Wien und der Uni Leuven (Belgien), die ebenfalls an der Arbeit beteiligt war.
➤ Mehr lesen: Exoplanet könnte Atmosphäre aus verdampfter Lava haben
Das war nur möglich, weil sich die Atmosphäre des Planeten "flauschig" präsentiert, so Güdel, der an der Entwicklung von MIRI ab dem Jahr 2003 federführend beteiligt war. "WASP-107b" hat zwar in etwa die Masse von Neptun, das aber bei annähernd der Größe von Jupiter.
Diese Kombination sorgt für eine aufgelockerte Außenhülle des Exoplaneten und ermöglicht es den Wissenschaftern*innen mit MIRI rund 50-Mal tiefer in die Atmosphäre zu schauen als das bei Jupiter möglich ist. So ließen sich tatsächlich Wasserdampf, Schwefeldioxid (SO2) und Silikatwolken identifizieren, nicht jedoch Methan (CH4).
Wasserdampf und Schwefeldioxid
"Erstens deutet das Fehlen von Methan auf ein möglicherweise warmes Inneres hin und bietet einen spannenden Einblick in die Bewegung von Wärmeenergie in der Atmosphäre des Planeten. Zweitens war die Entdeckung von Schwefeldioxid (bekannt durch den Geruch von verbrannten Streichhölzern) eine große Überraschung", so der Wiener Astrophysiker.
Dass es nun doch gefunden wurde, erklären sich die Forscher*innen dadurch, dass der Wirtsstern des Himmelskörpers zwar relativ wenige Lichtteilchen (Photonen) und damit auch wenig Energie zu "WASP-107b schickt, diese Energie dort aber tiefer Richtung Inneres vordringen kann, wodurch Schwefeldioxid offenbar doch entsteht.
Die Daten zeigen allerdings auch, dass hoch oben in der Atmosphäre liegende Wolken den Wasserdampf und das Schwefeldioxid teils überdecken. Diese sind aber gänzlich anders beschaffen als man es von der Erde kennt: Sie bestehen nämlich aus winzigen Silikatpartikeln - also dem Hauptbestandteil von Sand.
➤ Mehr lesen: “Wie ein Spiegel” - Extrem reflektierender Exoplanet entdeckt
Es regnet heißen Sand
"Die Entdeckung von Wolken aus Sand, Wasser und Schwefeldioxid auf diesem flauschigen Exoplaneten" sei ein "entscheidender Meilenstein". Die neuen Erkenntnisse verändern "unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Planeten und werfen ein neues Licht auf unser eigenes Sonnensystem", so Güdel.
Neben den Sandwolken fanden sich auch Hinweise auf Sand-Regen auf dem fernen Himmelskörper. Die Wolken lassen dort nämlich bei Temperaturen um rund 500 Grad Celsius Sandpartikel abregnen.
"Die Tatsache, dass wir diese Sandwolken hoch oben in der Atmosphäre sehen, muss bedeuten, dass die Sandregentropfen in tieferen, sehr heißen Schichten verdampfen und der dabei entstehende Silikatdampf effizient wieder nach oben transportiert wird, wo er sich erneut zu Silikatwolken verdichtet. Dies ist dem Wasserdampf- und Wolkenzyklus auf unserer Erde sehr ähnlich, allerdings mit Tröpfchen aus Sand", erklärte Min.
Kommentare