Weg mit der Kuh: Fleischersatz spart Milliarden Tonnen CO2 ein
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Wer sich ein bisschen dafür interessiert, wie er im privaten Bereich zum Klimaschutz beitragen kann, wird wahrscheinlich schon auf das Thema Ernährung gekommen sein. Indem man Fleisch und andere tierische Produkte durch pflanzliche Alternativen ersetzt, kann man den eigenen CO2-Fußabdruck enorm reduzieren. Auch in größeren Skalen wäre ein Umstieg lohnenswert. Investitionen in fleischlose Nahrung hätten laut dem Beratungsunernehmen Boston Consulting Group (BCG) einen überproportional großen Effekt auf den Klimaschutz.
Viel Fläche, wenig Protein
Weltweit ist die Nahrungsmittelproduktion für 26 Prozent aller Treibhausgasemissionen der Menschheit verantwortlich, tierische Produkte allein erzeugen 15 Prozent. Für die Nutztierhaltung werden rund 80 Prozent der weltweit verfügbaren landwirtschaftlichen Fläche verbraucht, tierische Produkte liefern aber nur 18 Prozent der Kalorien und 37 Prozent der Proteine.
Eine Billion Dollar
Die BCG hat herausgefunden, dass man 4,4 Milliarden Tonnen CO2 einsparen könnte, wenn man eine Billion Dollar in pflanzliche Proteine investiert. Der weltweite CO2-Ausstoß liegt bei rund 50 Milliarden Tonnen jährlich. Zum Vergleich: Investiert man genausoviel Geld in klimafreundlicheren Straßentransport, erzielt man eine Emissionsreduktion von 0,5 Mrd. Tonnen, steckt man das Geld in Gebäudetechnik, erhält man 0,6 Mrd. Tonnen. Investiert man in klimafreundlichen Zement, erspart man der Menschheit 1,5 Mrd. Tonnen CO2, der Investitionsertrag bei pflanzlicher Nahrung ist aber drei Mal so hoch.
Bisher wird allerdings viel mehr Geld in andere Bereiche investiert, wo mit weniger Ertrag im Sinne von Emissionsreduktion zu rechnen ist. Es zeichnet sich aber ein Wandel ab, pflanzliche Nahrung ist auf dem Vormarsch. Fleischersatzprodukte erreichen heute rund zwei Prozent der Verkaufszahlen von Fleisch und tierischen Produkten. Bis 2035 soll der Anteil laut Prognose auf 11 Prozent steigen. Bei dieser Veränderungsrate könnte der weltweite Treibhausgasausstoß im Jahr 2030 um 1,5 Prozent reduziert werden. Das entspräche einer beinahe kompletten Dekarbonisierung des Flugverkehrs auf der Erde.
Radikal und sanft
Die Erkenntnisse der BCG-Studie decken sich mit jenen von anderen Untersuchungen, die allesamt aufzeigen, welchen Einfluss Ernährung auf das Weltklima hat. Einer Studie der Stanford University zufolge könnte man 25 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen einsparen, wenn man fleischbasierte Nahrung innerhalb von 15 Jahren abschafft und die dafür benötigte landwirtschaftliche Fläche verwildern lässt. Wenn man nur Fleisch von Wiederkäuern wie Kühen, Schafen und Ziegen weglässt - sie produzieren große Mengen des starken Treibhausgases Methan - könnte man die Emissionen in der Tierhaltung um 90 Prozent reduzieren.
Ganz so radikal müsse es aber nicht ablaufen, meint Georg Zamecnik vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau Österreich. Wenn man den eigenen Fleischkonsum um die Hälfte bis zwei Drittel reduziere und ihn durch Fleischersatzprodukte und unverarbeitete Pflanzen ersetzt, hätte das bereits enorm positive Auswirkungen: "Fleisch zu produzieren bedeutet einfach eine ineffiziente Umwandlung. Für ein Kilogramm Fleisch braucht man drei bis fünf Kilo Futter, dadurch benötige ich auch mehr Fläche. Würde die frei werden, hätten wir hierzulande genug Fläche, um den Eigenbedarf an Nahrung abzudecken. Wir bräuchten dann keine zusätzlichen pflanzlichen Importe mehr."
Tiere haben schon noch einen Sinn
Auch in Hinblick auf die Folgen des Klimawandels sei es sinnvoll, alternative Ernährungsweisen zu fördern. Wenn etwa durch die zunehmenden Extremwetterereignisse Ernten ausfallen, mit dem verbliebenen Ertrag aber weiterhin Tiere gezüchtet werden, dann gefährde dies die Ernährungssicherheit. Für landwirtschaftliche Betriebe sei es sinnvoll, sich in Richtung pflanzlicher Produktion zu entwickeln. "Das heißt aber nicht, dass sie alle Tiere aufgeben müssten", meint Zamecnik. Mehr Kreislaufwirtschaft sei das Ziel.
In bestimmten Gebieten sei Tierhaltung auch der einzige Weg, um Land zu bewirtschaften, etwa in kargen Steppen, in denen Ziegen grasen, aber auch hoch in den Bergen. "Almen könnte man sonst nicht für die menschliche Ernährung verwenden. Außerdem sorgen die Tiere dafür, dass die Kulturlandschaft nicht zuwächst. Emissionen kann man also durchaus in Kauf nehmen, wenn Tiere andere positive Effekte haben."
Fakten
570 Millionen Bauernhöfe gibt es auf der Welt.
4 Mal mehr Fleisch wird heute im Vergleich zu 1961 produziert. Wachsender Wohlstand ließ die weltweite Produktion auf jährlich rund 340 Millionen Tonnen steigen. Hühner- und Schweinefleisch ist am verbreitetsten.
1.832 Quadratmeter Anbaufläche werden für eine Person mit durchschnittlicher österreichischer Ernährung pro Jahr benötigt. Vegetarier kommen auf 1.069 Quadratmeter, Veganer nur auf 629 Quadratmeter.
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