Ein Symbolbild des menschlichen Gehirns.

Mittels 256 Sensoren werden Signale im Gehirn in Sprache übersetzt. 

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Science

Hirnimplantat übersetzt Gedanken in Sprache

Neurowissenschaftler*innen der Duke University in North Carolina, USA, entwickeln ein Hirnimplantat, das Gedanken in Sprache umwandeln kann. Es soll vor allem Menschen, die aufgrund von neurologischen Erkrankungen nicht sprechen können, helfen wieder zu kommunizieren.

Darunter fallen etwa schwächende motorische Störungen wie ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) oder das Locked-in-Syndrom, bei dem Betroffene sich nicht bewegen und nicht sprechen können aber das Bewusstsein vollständig erhalten ist. Der berühmte Physiker Stephen Hawking litt etwa an ALS.

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"Die derzeit verfügbaren Hilfsmittel, mit denen sie kommunizieren können, sind im Allgemeinen sehr langsam und umständlich", sagt einer der leitenden Forscher des Projekts, Gregory Cogan, Neurologe an der School of Medicine der Duke University, gegenüber der Plattform Interesting Engineering.

Das Implantat besteht aus einem biegsamen Stück medizinischen Kunststoffs – etwa so groß wie eine Briefmarke – und ist mit 256 winzigen Sensoren ausgestattet. Bisher wurde es an 4 Patient*innen getestet.

Die Patient*innen mussten während einer Hirn-OP mit dem Implantat eine Aufgabe lösen

Dabei handelt es sich um Patient*innen, die sich aufgrund einer bestehenden Erkrankung, etwa zur Behandlung der Parkinson-Krankheit oder aufgrund eines Tumors, ohnehin einer Gehirnoperation unterziehen mussten. Sie erhielten während der Operation das Implantat und mussten damit eine Aufgabe lösen. Das alles geschah in einem kurzen Zeitfenster während der OP.

"Ich vergleiche es gerne mit einer NASCAR-Boxencrew", sagte Cogan in Anspielung auf den amerikanischen Motorsport. "Wir wollten keine zusätzliche Zeit für die Operation einplanen, also mussten wir innerhalb von 15 Minuten fertig sein. Sobald der Chirurg und das Ärzteteam 'Los!' sagten, stürzten wir uns in die Arbeit und der Patient führte die Aufgabe aus.“

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Bei der Aufgabe wurden die Patient*innen gebeten, bestimmte Laute zu wiederholen, während das Gerät die Bewegungen von rund 100 Muskeln koordinierte, die Lippen, Zunge, Kiefer und Kehlkopf bewegen. Das Gerät zeichnete auch die Aktivität des sprachmotorischen Kortex jeder Patient*in auf, die die Forschenden für ein System der Künstlichen Intelligenz nutzen wollen. Dieses würde den Patient*innen ermöglichen, die Laute zu vokalisieren.

Das Implantat war bis zu 84 Prozent genau

Um zu testen, wie gut ihr Algorithmus für maschinelles Lernen die Geräusche identifizieren konnte, die allein durch die Aufzeichnungen der Hirnaktivität erzeugt wurden, fütterten die Forschenden ihn mit den im Operationssaal erfassten neuronalen und sprachlichen Daten. Es zeigte sich, dass die Geräusche mit einer durchschnittlichen Genauigkeit von 40 Prozent entschlüsselt werden konnten. Einige Geräusche erreichten sogar eine Genauigkeit von bis zu 84 Prozent.

Diese Innovation hätte das Potenzial, unser Wissen über das Gehirn zu erweitern und die Lebensqualität von Menschen, die an einer Reihe von neurologischen Störungen leiden und dadurch nicht sprechen können, erheblich verbessern.

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Hirnimplantate erfordern allerdings invasive Eingriffe und können die Hirnfunktion beeinträchtigen, weshalb sie ethische, sicherheitstechnische und datenschutzrechtliche Fragen aufwerfen. Um zu gewährleisten, dass diese Geräte sowohl sicher als auch wirksam sind und dass ethische Erwägungen bei ihrem Einsatz berücksichtigt werden, arbeiten Forscher und Medizinexperten hart daran, ihre Geräte ständig anzupassen und zu verbessern.

Die Studie wurde im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht und kann hier nachgelesen werden.

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