Eine Skyline mit digitalem Overlay, das Netzwerksicherheit und Datenschutz darstellt.

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Science

Gut vorbereitet für die nächste Krise

„Es ist leider nicht möglich, alle künftigen Sicherheitsvorfälle vorherzusehen, aber wir können davon ausgehen, dass etwas passieren wird“, sagt Claudia Körmer. Sie leitet das Projekt zur Unterstützung kritischer Einrichtungen (PUKE) an der Hochschule Campus Wien, das Österreich besser auf Krisen aller Art vorbereiten soll. 

Um sicherzustellen, dass das gesellschaftliche Leben und die Wirtschaft auch in so einem Fall in der ganzen Europäischen Union aufrechterhalten werden kann, wurde im November 2022 die EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen beschlossen. Sie zielt auf die Aufrechterhaltung wesentlicher Dienste bei Störfällen bzw. Sicherheitsvorfällen ab, erklärt Körmer: „Das sind alle Dienste, die wichtige gesellschaftliche Funktionen bereitstellen.  Also Branchen wie Energieversorgung, Transport, Lagerkapazitäten für Lebensmittel, Wasserversorgung oder der Gesundheitsbereich.“

Verbindung von Praxis, Wissenschaft und Gesetzwerdung

Im Rahmen von PUKE erarbeitet die Soziologin gemeinsam mit ihrem Team Empfehlungen für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht sowie praxisrelevante Leitfäden zur Erhöhung der Resilienz betroffener kritischer Einrichtungen. Beauftragt wurde das Projekt vom Bundesministerium für Inneres und wird innerhalb des Sicherheitsforschungs-Förderprogramm KIRAS durch das Bundesministerium für Finanzen (BMF) gefördert.

Claudia Körmer.

FH-Professorin Claudia Körmer.

Das Projekt PUKE bietet die Möglichkeit, den Gesetzgebungsprozess mithilfe von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begleiten. „Als erster Schritt wurden auf Basis der Richtlinie die wissenschaftlichen Konzepte zu Resilienz aufgearbeitet und beschrieben.  Diese wissenschaftliche Vorgehensweise zur Unterstützung des Gesetzgebungsprozesses ist der Mehrwert von PUKE und ist ansonsten in der Gesetzgebung selten üblich“, sagt Körmer.

Resilienz ist mehr als Sicherheit

Resilienz sei als Konzept viel umfassender als Sicherheit, erläutert die FH-Professorin. Es gebe sie auf persönlicher Ebene, im Team, innerhalb einer Organisation und für eine ganze Gesellschaft. Sie wird durch Fähigkeiten wie Antizipation, Beobachtung sowie Antwort- und Lernfähigkeit ermöglicht.

Damit eine Gesellschaft resilient gegenüber Krisen sein kann, müssen vor allem kritische Einrichtungen ihre Resilienz sicherstellen. „Wenn z. B. die Wasserversorgung von einem Störfall betroffen ist, geht es darum, die Versorgung schnell wiederherzustellen. Hier zeigt sich, in welchem Ausmaß die zuvor genannten Fähigkeiten vorhanden sind, d. h. wie sehr man einerseits in der Lage ist, auf Pläne zurückzugreifen bzw. andererseits flexibel in der Situation zu reagieren und anschließend aus dem Vorfall zu lernen.“

Hierbei können ausreichend vorhandene Ressourcen wie zum Beispiel redundante Strukturen und Prozesse helfen. Im Idealfall kann etwa die Wasserversorgung über alternative Wege, wie andere Quellen oder Wasserreserven, die in Lagern bereitstehen, gewährleistet werden. 

Verhältnismäßige Vorschriften

„Wir als Forschungseinrichtung können uns Empfehlungen überlegen, wie die Anforderungen im Gesetz gestaltet werden könnten, damit kritische Einrichtungen praxisnahe Vorgaben erhalten, die sie dabei unterstützen, ihre Resilienz zu verbessern“, sagt die Soziologin. Denn praxisferne Maßnahmen, die betroffene Unternehmen etwa unverhältnismäßig finanziell belasten, würden deren Resilienz vermindern, da diese Ressourcen dann in anderen wichtigen Bereichen fehlen. 

Verbesserungsbedarf sieht sie unter anderem bei der Kommunikation der kritischen Einrichtungen untereinander und mit den zuständigen Behörden. „Dafür würden sich geeignete, beschränkt zugängliche Vernetzungsformate anbieten, die jederzeit die wichtigsten aktuellen Informationen liefern. Ausgedruckte Leitfäden und Checklisten, die in gemeinsamer Abstimmung erarbeitet wurden, können während eines Blackouts für die Aufrechterhaltung der Kommunikation hilfreich sein“, erklärt Körmer. 

Empfehlungen für das Innenministerium

Der Entwurf für das „Resilienz kritischer Einrichtungen-Gesetz“ (RKEG) wurde kürzlich als Regierungsvorlage im Ministerrat beschlossen. Er schlägt das Innenministerium als zuständige Behörde vor und verweist auf eine festzulegende Resilienzstrategie.

Empfehlungen für eine nationale Resilienzstrategie sowie Leitfäden und Checklisten für die Umsetzung der Maßnahmen zur Förderung der Resilienz in kritischen Einrichtungen werden durch das PUKE-Team in den nächsten Monaten bis zum Projektabschluss im Mai 2026 erarbeitet. Erste Zwischenergebnisse wurden bereits an die zuständigen Behörden in Österreich und EU-Institutionen weitergegeben, berichtet Körmer. 

Ausbildung für zukünftige Sicherheitschefs

Die FH-Professorin hofft, dass sich möglichst viele Empfehlungen aus dem PUKE-Projekt in den tatsächlichen Umsetzungsmaßnahmen niederschlagen werden. Gleichzeitig sieht sie eine besondere Verantwortung bei der Hochschule Campus Wien, im Rahmen des Bachelorstudiums Integriertes Sicherheitsmanagement zukünftige Sicherheitschefs wesentlicher Dienste auszubilden: „Unsere Absolvent*innen sind schon gut in der Wirtschaft angekommen und wissen genau, worauf es in der Sicherheit ankommt, es gibt hier eine gemeinsame Wissensbasis auf der aufgebaut werden kann.“ Das ermögliche eine gute Umsetzung der Vorschriften in die Praxis, meint Körmer. 

Sie ist überzeugt, dass unsere Gesellschaft noch resilienter gestaltet werden kann: „Aufgrund der aktuellen politischen Herausforderungen ist die Frage nach Resilienz drängender denn je. Dieses Projekt soll dazu dienen, die Resilienz der wesentlichen Dienste in Österreich zu fördern und damit unsere Gesellschaft besser zu schützen.“

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen der Hochschule Campus Wien und der futurezone entstanden.

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Jana Wiese

interessiert sich besonders für die gesellschaftlichen Auswirkungen von Technologie und Wissenschaft. Mag das offene Web, Podcasts und Kuchen, (food-)bloggt seit 2009.

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Jana Wiese

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