© M.Weiss/Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian

Science

Kannibalistischer Stern lässt seltenen Weißen Zwerg entstehen

Mit einer neuen astronomischen Entdeckung konnten Forscher*innen die Entstehung einer bisher kaum erforschten Sternenklasse nachweisen. In einem Doppelsternsystem (binäres Sternensystem) haben die Wissenschaftler*innen der des Center for Astrophysics des Havard und Smithsonian einen sehr seltenen Weißen Zwerg gefunden, dessen Existenz bisher ungeklärt war. 

Wenn ein Stern stirbt, wird er mit einer Wahrscheinlichkeit von 97 Prozent ein weißer Zwerg. Das sind kleine Objekte mit sehr hoher Dichte und Temperatur, aber geringer Leuchtkraft. In sehr seltenen Fällen wird aus dem toten Stern aber ein Weißer Zwerg der Klasse ELM (extremely low mass, engl. extrem geringe Masse). Diese Sterne haben weniger als ein Drittel der Sonnenmasse. 

Zu alt um zu existieren

Sie stellen Forscher*innen aber vor ein Problem. Wenn die Berechnungen der Sternenentwicklung seit dem Urknall korrekt sind, müssten alle ELM Weißen Zwerge mindestens 13,8 Milliarden Jahre alt sein. Damit wären einige älter als das Universum selbst und das ist physikalisch unmöglich. 

 

Weltraumteleskop Gaia

"Das Universum ist nicht alt genug, damit diese Sterne durch normale Evolution entstehen", sagt Kareem El-Badry der die Forschung leitet, in einem Statement. Deshalb gingen Astronom*innen davon aus, dass sich solche ELM-Weiße-Zwerge nur in Doppelsternsystemen bilden können. 

Kannibalen-Stern beschleunigt "Alterungsprozess"

Dabei drehen sich die beiden Sterne um ihren Gravitationsmittelpunkt. Ein Stern frisst nach und nach die Materie seines Begleiter aus, bis von diesem nur noch ein Weißer Zwerg übrig bleibt. So könnte die Zeitspanne von 13,8 Milliarden Jahren deutlich verkürzt werden. 

Bisher konnten zwar ELMs und Doppelsternsysteme mit normalen Weißen Zwergen beobachtet werden. Einen Moment, in dem sich ein Weißer Zwerg gerade in der Transformation zu einem ELM befindet, hatte man bisher aber nicht abgepasst. Neue Daten des ESA-Weltraumteleskops Gaia und der Zwicky Transient Facility von Caltech konnten 50 Kandidaten identifiziert werden, die zum ELM werden könnten. 

Eiförmiger Weißer Zwerg

21 dieser Kandidaten wurden nun untersucht. "100 Prozent von ihnen waren in jenem Vor-ELM-Stadium, nach dem wir gesucht hatten", sagt El-Baldry. Sie waren ein wenig stärker aufgeblasen als ELMs und befanden sich in Doppelsternsystemen, die als Kataklysmische Veränderliche bezeichnet werden. Hier ist die Schwerkraft ihres Begleitsterns ist so stark, dass sich der Weiße Zwerg eiförmig bzw. tropfenförmig verformt.

13 der identifizierten Sterne verlieren noch Masse an ihren Kompagnon. Die übrigen 8 Exemplare verlieren keine Masse mehr und waren heißer als alle anderen Kataklysmischen Veränderlichen, die bisher gefunden wurden. Mit der Entdeckung könnte eine Lücke in der Sternen-Evolutionstheorie geschlossen werden. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erschienen.

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