Die Mini-Rakete MHTK bei einem Test

Die Mini-Rakete MHTK bei einem Test

© Lockheed Martin

Science

Lockheed will Drohnen mit Mini-Raketen abschießen

Drohnen stellen eine zunehmende Gefahr am Schlachtfeld dar. Sie sind billig und einfach zu verwenden, weshalb sie in großer Stückzahl beschafft und auch von Amateuren eingesetzt werden können. Während Kameradrohnen zur Aufklärung genutzt werden, gibt es auch bestätigte Fälle, in denen Drohnen Handgranaten abgeworfen haben oder mit Sprengstoff bestückt wurden, um Kamikaze-Angriffe zu fliegen.

Aktuelle Drohnen-Abwehrsysteme, wie Netzwerfer oder gerichtete Störsender, haben meist eine kurze Reichweite und funktionieren nur dann gut, wenn die Drohne schwebt oder langsam fliegt. Bis Laser- und Mikrowellenkanonen, an denen gerade gearbeitet wird, fliegende Drohnen abwehren können, wird es vermutlich noch mehrere Jahre dauern.

Zu groß, zu teuer

Natürlich kann man die Drohnen genauso abfangen, wie Flugzeuge und Hubschrauber: mit Raketen. Israel setzt etwa das Kurzstrecken-Raketensystem Iron Dome ein, um Artilleriegranaten und andere Raketen aus dem Gazastreifen abzuwehren. Allerdings kostet eine Abschussanlage um die 50 Millionen US-Dollar und eine Rakete bis zu 50.000 US-Dollar. Damit auf eine 300-US-Dollar teure Drohne zu schießen, scheint kaum verhältnismäßig zu sein.

Lockheed Martin arbeitet deshalb an einer „Miniature Hit-to-Kill“-Rakete (MHTK). Die Entwicklung begann bereits vor mehreren Jahren. Ursprünglich sollten damit, wie beim Iron Dome, Raketen und Granaten abgewehrt werden. Aufgrund der geänderten Bedrohungslage sind jetzt auch Drohnen das Ziel der MHTK.

Kompakt

Die Mini-Rakete ist 72 cm lang und 2,2 Kilogramm leicht. Der Durchmesser beträgt etwa 4 cm. Zum Vergleich: Eine Rakete des Iron Dome wiegt 90 Kilogramm, ist drei Meter lang und hat einen Durchmesser von 16 cm. Außerdem soll die MHTK deutlich günstiger sein. Den Preis wollte Lockheed Martin noch nicht verraten, da das System für eine laufende Ausschreibung der US Armee entwickelt wird.

Die Idee zur Miniaturisierung kam durch Smartphones. Laut Lockheed Martin habe der private Sektor hier deutlich mehr Fortschritte als der militärische Sektor gemacht. „Es ist erstaunlich wie viele Komponenten auf wenig Platz in einem Smartphone sind, die sich nicht gegenseitig stören. Sie sind auch stabil. Ich gehe ziemlich grob mit meinen Smartphones um, üblicherweise werden sie nie kaputt“, so der Projektleiter von MHTK gegenüber Wired.

Auch aus dem Medizinbereich ließ sich Lockheed Martin inspirieren. Das Zielerfassungs-System der Rakete nutzt Technologien aus den Bereichen Röntgen, Ultraschall und Endoskopie. Als Beispiel sagt Lockheed Martin, dass man in der Medizin Platz sparen kann, wenn man Schallwellen zu Lichtsignalen umwandelt. Man könne dann dieselbe Art von Scans machen, aber mit kleineren Komponenten. Wie das in der Mini-Rakete umgesetzt ist, wird nicht verraten.

Hit-to-Kill

Ebenfalls konnte Platz gespart werden, weil die Rakete auf Hit-to-Kill setzt. Normale Luftabwehrraketen detonieren in der Nähe des Ziels, um mit Schrapnellen das Ziel zu zerstören. Bei Hit-to-Kill rammt die Rakete das Ziel, um es durch kinetische Energie zu vernichten. Dadurch sind kein Sprengsatz, Zünder und Sicherheitsmechanismus nötig, was Platz und Gewicht spart. Außerdem sinkt die Gefahr von Kollateralschäden. Gerade bei tief fliegenden Drohnen ist das wichtig.

Die Mini-Raketen sind sehr manövrierfähig, um auch schnell fliegende Drohnen zu erwischen. Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass weniger komplexe Abschussvorrichtungen nötig sind. Üblicherweise müssen die abgewinkelten Abschussvorrichtungen in Richtung Ziel gedreht werden. Bei der MHTK könnte man laut Lockheed Martin 36 Mini-Raketen in einen Würfel bündeln, von dem aus diese vertikal in die Höhe geschossen werden. Sobald die Mini-Rakete in der Luft ist, steuert sie automatisch auf das Ziel zu.

Solche Abschussvorrichtungen könnten etwa als automatische Abwehrsysteme von Militärbasen zum Einsatz kommen. Eine mobile Version der MHTK, etwa auf einem Truck oder Geländewagen montiert, ist ebenso möglich. Die US Armee will Anfang nächsten Jahres den Auftrag für solch ein Abwehrsystem vergeben. Dieser sieht vor, dass das System bis zum Jahr 2022 bereit für den Einsatz ist.

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