FILE PHOTO: Greenpeace's Arctic Sunrise ship navigates through floating ice in the Arctic Ocean
© REUTERS / NATALIE THOMAS

Science

Meereis in der Arktis auf zweitkleinste Fläche geschmolzen

Das Meereis in der Arktis ist auf die zweitniedrigste Ausdehnung seit Beginn der Messungen vor rund 40 Jahren geschrumpft. Mit 3,74 Millionen Quadratkilometern sei in der vergangenen Woche wahrscheinlich das Minimum für dieses Jahr erreicht worden, teilte das Nationale Schnee- und Eisdatenzentrum (NSIDC) der USA in Boulder im Bundesstaat Colorado am Montag (Ortszeit) mit.

Das verrückte Jahr 2020

„Es war ein verrücktes Jahr im Norden, mit Meereis in der Nähe eines Rekordtiefs, Hitzewellen mit knapp 40 Grad in Sibirien und massiven Waldbrände“, sagte NSIDC-Chef Mark Serreze.

„Das Jahr 2020 wird als Ausrufungszeichen in einem Abwärtstrend bei der Ausbreitung des arktischen Meereises stehen. Wir steuern auf einen saisonal eisfreien Arktischen Ozean zu, und dieses Jahr ist ein weiterer Nagel im Sarg.“

Greenpeace fordert mehr Meeresschutzgebiete

Das Schrumpfen des Meereises zeige, „wie massiv die Zerstörung unseres Planeten durch die Klimaerhitzung voranschreitet“, kommentierte der Meeresbiologe Christian Bussau von der Naturschutzorganisation Greenpeace. „Wenn die Arktis schmilzt, werden sich die Meere noch stärker erhitzen, das Artensterben wird rasanter zunehmen.

Die verheerenden Auswirkungen der Klimakrise können bald nicht mehr aufgehalten werden.“ Greenpeace fordert, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent der Meere zu Schutzgebieten erklärt werden.

Eindringliche Warnung von Wissenschaftern

Im November hatten Wissenschafter gewarnt, dass das Erdsystem schneller als bisher angenommen an verschiedenen Punkten kippen könnte. "Kritische Klimapunkte könnten bereits überschritten sein", schrieben die Forscher in einem Artikel im Wissenschaftsmagazin Nature. Damit sei das Risiko einer „existenziellen Bedrohung für die Zivilisation“ verbunden, schrieben die Wissenschaftler, die deshalb auch von einem „planetarischen Ausnahmezustand“ sprechen.

Bislang sei man davon ausgegangen, dass das Erreichen solcher Kipppunkte im Erdsystem – wie etwa der Verlust des Amazonas-Regenwaldes oder das Abschmelzen des Westantarktischen Eisschildes - nicht besonders wahrscheinlich sei, solange die globale Erwärmung nicht um 5 Grad ansteige.

Es gebe aber immer mehr Beweise dafür, dass solche Ereignisse bereits bei einer Erderwärmung zwischen 1 und 2 Grad Celsius eintreten könnten, heißt es in dem Artikel.

Kettenreaktionen in möglicherweise in Gang gesetzt

Langfristig hätte das unumkehrbare Folgen, denn solche Ereignisse seien über verschiedene biophysikalische Systeme miteinander verbunden und würden Effekte zeitigen, die mit umstürzenden Domino-Steinen vergleichbar seien. So könnte etwa das Schmelzen des arktischen Meereises die Erwärmung verstärken, in dem von den Ozeanen mehr Sonnenlicht absorbiert werde.

Dies könnte wiederum das Schmelzen von grönländischen Eis- und Permafrostböden beschleunigen. Das wiederum könnte sich auf den Monsun in Westafrika auswirken und auch die Feuchtigkeit im Amazonas beeinflussen. Mehrere Risiken könnten zusammenwirken, wobei eine Veränderung die andere verstärke. Eine Erderwärmung von nur ein oder zwei Grad könnte ausreichen, um dramatische Kaskadeneffekte zu erzielen, erläutern die Wissenschaftler.

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