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Science

Forscher rätseln über riesigen Hohlraum im All

Bei der Erstellung dreidimensionaler Karten der interstellaren Materie in der Milchstraße haben Astrophysiker*innen einen riesigen Hohlraum entdeckt. Das kugelförmige Gebilde hat einen Durchmesser von rund 500 Lichtjahren.

Wie das Forscherteam, dem Wissenschaftler*innen der Uni Wien angehören, im Fachjournal "Astrophysical Journal Letters" berichten, könnte der Hohlraum durch Sternenexplosionen (Supernovae) entstanden sein, an seiner Oberfläche entstehen wieder neue Sterne.

Während der Raum zwischen den Sternen meist völlig leer ist, finden sich in manchen Regionen des Alls riesige Gaswolken, wo sich aufgrund der dort vorherrschenden Materiedichte und Temperatur Moleküle und in weiterer Folge Sterne bilden können.

2 Theorien über Entstehung des Hohlraums

Auch bei den Molekülwolken in den Sternbildern Perseus und Taurus handelt es sich um solche stellare Kinderstuben mit zahlreichen neu gebildeten Sternen. Mit einer Entfernung von mehr als 400 Lichtjahren von der Erde zählen diese Wolken zu den nächstgelegenen großen Sternentstehungsregionen.

Die Astrophysiker*innen haben 2 Theorien, wie der Hohlraum entstanden sein könnte: "Entweder ist eine Supernova im Kern dieser Blase explodiert und hat Gas nach außen gedrückt, um sie zu bilden, oder eine Reihe von Supernovae, die sich über Millionen von Jahren ereignet haben, haben sie im Laufe der Zeit geschaffen", so Studienleiter Shmuel Bialy vom Center for Astrophysics.

Keine unabhängige Struktur

Die Forscher*innen gehen davon aus, dass die Perseus- und Taurus-Molekülwolken keine unabhängigen Strukturen im Weltraum sind, sondern aus derselben Supernova-Schockwelle entstanden. "Dies zeigt, dass der Tod eines Sterns durch eine Supernova eine Kette von Ereignissen auslöst, die schließlich zur Geburt neuer Sterne führen kann", so Bialy.

Mithilfe der nun erstmals zur Verfügung stehenden echten - und nicht simulierten 3D-Ansichten der Molekülwolken können die Wissenschaftler*innen ihre verschiedenen Theorien über die Bildung neuer Sterne aus dem Gas überprüfen. "3D verändert alles, es ist eine sehr aufregende Zeit für uns Astrophysiker", so Alves.

Detaillierte 3D-Karte

Die Perseus- und Taurus-Molekülwolken wurden in der Vergangenheit als Teil des "Gouldschen Gürtels" (Gould Belt) identifiziert, einer großräumigen Ansammlung junger Sterne und Sternentstehungsgebiete.

Erst im Vorjahr hat Joao Alves vom Institut für Astrophysik der Universität Wien gemeinsam mit Kollegen der Harvard University herausgefunden, dass die Molekülwolken Teil einer riesigen, gashaltigen Struktur ober- und unterhalb der galaktischen Scheibe sind. Bei dieser "Radcliffe-Welle" handelt es sich um eine wellenförmige Struktur im lokalen Arm der Milchstraße.

Die Wissenschaftler*innen hatten für ihre Arbeit Daten des europäischen Weltraumteleskops "Gaia" ausgewertet, das präzise die Position, Entfernung und Bewegung von Sternen vermisst. So konnten sie eine detaillierte 3D-Karte der interstellaren Materie in der Milchstraße erstellen.

3D-Karte statt Simulation

In der neuen Studie des US-amerikanischen Center for Astrophysics, an der auch Alves beteiligt war, wurden die Perseus- und Taurus-Molekülwolken mit Hilfe der "Gaia"-Daten zum ersten Mal in 3D kartiert.

In früheren, auf 2 Dimensionen beschränkten Bildern der Wolken sei nie deren wahre Form, Tiefe oder Dicke zu erkennen gewesen, betonen die Wissenschafter. "Jetzt wissen wir, wo sie mit einer Unsicherheit von nur einem Prozent liegen, was es uns ermöglicht, diesen Hohlraum zwischen ihnen zu erkennen", erklärte Catherine Zucker vom Center for Astrophysics, einer gemeinsamen Einrichtung des Smithsonian Astrophysical Observatory und des Harvard College Observatory. Zudem zeigte sich, dass an der Oberfläche des riesigen Hohlraums Hunderte von Sternen neu entstehen oder bereits existieren.

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