Der Satellit im Reinraum an der TU Graz

Der Satellit im Reinraum an der TU Graz

© Lunghammer / TU Graz

Science

Austro-Satellit PRETTY startet ins All: Das ist seine Aufgabe

Österreich schickt mit PRETTY (Passive REflectomeTry and dosimeTrY) bald seinen 5. eigenen Satelliten ins All. Am 4. Oktober wird der zu 100 Prozent in Österreich entwickelte und gebaute Satellit an Bord einer europäischen Vega-Rakete an seinen Einsatzort gebracht. In 550 km Höhe umkreist er dann die Erde. 

An Bord des 10 mal 10 mal 34 Zentimeter großen Nanosatelliten befinden sich 2 Instrumente, die einen wichtigen Beitrag zur internationalen Forschung leisten sollen. Hauptauftragnehmer Beyond Gravity entwickelte das erste, einen Reflektometer.

Klimadaten zu Ozeanen, Eisdecken und Bodenfeuchte

Das Instrument nutzt direkte Signale des europäischen Galileo-Navigationssystems sowie des US-amerikanischen GPS (insgesamt abgekürzt mit GNSS), um sie mit den reflektierten Signalen von der Erde zu vergleichen. Je nachdem, wie die Signale von der jeweiligen Oberfläche auf der Erde zurückgeworfen werden, können Aussagen über die Höhe, Windgeschwindigkeiten und Bodenfeuchte getroffen werden. So sind Höhenmessungen - beispielsweise einer Eisdecke - im Dezi- und Zentimeterbereich möglich.

Anhand der Differenz zwischen dem original GNSS-Signals und des reflektierten Signals können Informationen zur Höhe und Beschaffenheit von Boden, Eis und Ozeanen gesammelt werden

Ziel ist es, auf der gesamten Welt Klimadaten zu sammeln, etwa über die Dicke der Eisflächen und die Höhe der Ozeane. In 90 Minuten fliegt PRETTY einmal um die Erde, in 2 Wochen hat er die gesamte Erde vermessen. Er fliegt in einem sonnensychronen Orbit, also scannt einen Ort auf der Erde immer zur gleichen Ortszeit. Dadurch lassen sich die Daten später besser vergleichen. Auswerten wird sie ein internationales Team an Wissenschaftler*innen. Danach werden sie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Strom- und platzsparende Bauweise

Das Besondere an diesen Messungen ist auch die Methode. “Normalerweise nutzen Radartechnologien einen aktiven Transmitter, der entsprechende Leistung braucht. Das ist bei einem so kleinen Satelliten nur schwer zu implementieren”, erklärt Andreas Dielacher, Systemingenieur bei Beyond Gravity, gegenüber der futurezone. Da man aber auf GNSS zurückgreift, ist nur ein passiver Empfänger nötig.

So spart man Strom und verdeutlicht, dass auch Nanosatelliten mit geringeren Möglichkeiten einen wichtigen Beitrag für die Wissenschaft leisten können. Abgeleitet wurde die Technologie von den Navigationsreceivern, die Beyond Gravity regelmäßig für Satelliten von NASA oder ESA liefert. Sie sorgen dafür, dass deren genaue Position bestimmt werden kann.

Andreas Dielacher mit einem Modell von PRETTY

Das 2. Instrument, SATDOS, ist eine sogenannte Referenzdosimeter-Plattform. Sie soll in Zukunft für bessere und robustere Satellitensysteme sorgen. Entwickelt wurde es von Seibersdorf Laboratories. Es soll messen, wie sich extremes Weltraumwetter, wie beispielsweise Sonnenstürme, auf die Elektronik an Bord auswirkt.

Mehr Sicherheit für Mensch und Technik

Anhand der Daten will man ableiten, wie zuverlässig die verbaute Elektronik auch bei extremeren Ereignissen wie einem starken Sonnensturm ist. Bisher wurden noch nie so genaue Daten darüber gesammelt.

Die Erkenntnisse sollen dann dabei helfen, bei der Neuentwicklung von Satelliten und Raumschiffen besser auf die herausfordernden Bedingungen im All einzugehen. Das schützt nicht nur die Technik, sondern auch Astronaut*innen. 

So sieht SATDOS aus

2,5 Millionen aus dem ESA-Topf

Insgesamt kostete der Satellit 2,5 Millionen Euro. Finanziert wurde das durch das Klimaministerium aus dem ESA-Wahlbeitrag im Bereich Erdbeobachtung. “Weltraumtechnologie ist eine Schlüsseltechnologie im globalen Klimaschutz. Die Daten von PRETTY werden ein wirklicher Mehrwert im Kampf gegen den Klimawandel sein”, sagte Henriette Spyra aus dem Klimaministerium in einem Mediengespräch. 

Neben Beyond Gravity und Seibersdorf Laboratories war auch die TU Graz maßgeblich an der Entwicklung des Klimasatelliten beteiligt. Sie bringen dafür die Expertise mit, die sie bereits mit den Satelliten TUGSAT-1 und OPS-SAT (siehe Infobox) gewinnen konnten.

Satelliten made in Austria

PRETTY ist im All der 5. österreichische Kleinsatellit und wird in bester Gesellschaft sein:

  • TUGSAT-1 der Technischen Universität Graz
  • UniBRITE der Universität Wien, TUGSAT-1 und UniBRITE sind Teil einer Flotte von 5 Nanosatelliten, die Helligkeitsschwankungen von Sternen messen; seit 2013 im All
  • PEGASUS der FH Wiener Neustadt untersucht die Beschaffenheit der Erdatmosphäre; seit 2017 im All
  • OPS-SAT der TU-Graz ist die weltweit erste öffentlich zugängliche in-orbit Testplattform zur Erprobung neuer operationeller Technologien und Weltraumsoftware; erste ESOC Nanosatellitenmission; seit 2019 im All

Neben dem Klimaschutz steht auch die Förderung der österreichischen Raumfahrt im Vordergrund, betonte Stephan Mayer von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, die sich gemeinsam mit dem Klimaministerium um die Förderung kümmert.

“Ein wesentliches Ziel ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und das Schaffen von hoch qualifizierten Arbeitsplätzen.” Durch die Entwicklung von PRETTY sollen die mitwirkenden Unternehmen unterstützt werden. “Das ist ein gutes Beispiel, wie anwendungsorientierte Forschung zu Produkten und Dienstleistungen führen kann”. Seibersdorf Laboratories konnte beispielsweise schon weitere Kunden für SATDOS gewinnen.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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