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Science

Schlaue Stoffe messen Schweiß und Strom

Ein T-Shirt, das den Puls misst, ein Pyjama, der die Körperwerte im Schlaf aufzeichnet oder ein Handschuh mit Sensoren, der Leben retten soll. Smarte Textilien kommen in zahlreichen Branchen zur Anwendung. Durch Einbindung von Informationstechnologien werden Bekleidung oder Stoffe „intelligent“. Eingebaute Sensoren nehmen Veränderungen wahr und übermitteln die erhobenen Daten etwa über Apps.

Smarte Textilien versprechen großes Wachstumspotenzial. Für das Jahr 2030 wird ihr weltweites Marktvolumen auf 40 Milliarden US-Dollar geschätzt. Laut einer aktuellen Studie des Austrian Institute of Technology (AIT) bedeutet das auf Österreich heruntergebrochen eine jährliche Bruttowertschöpfung von 475 Millionen Euro. Größtes Potenzial sehen die Experten in den Bereichen Schutz- und Einsatzkleidung, medizinische und Pflege-Textilien sowie Sport- und Outdoorbekleidung. Daran wird in Österreich schon rege geforscht.

T-Shirt für Elektriker

Unter anderem entwickelt das Salzburger Unternehmen Adresys ein intelligentes T-Shirt, das bei Stromunfällen einen Notruf absetzen kann. Der Bedarf ist hoch: Laut einer Elektrounfallstatistik gab es in Österreich 2018 insgesamt 254 Elektrounfälle. Die durchschnittlichen Kosten eines solchen Unfalls belaufen sich auf 45.000 Euro. „Wir haben Elektroden in die Bündchen der Ärmel aufgebracht, die Hautkontakt herstellen.

Sollte ein Arbeiter mit einer Hand mit Strom in Berührung kommen, kann das T-Shirt über eine Datenverarbeitungseinheit einen Spannungsunterschied zwischen linkem und rechtem Bündchen erkennen und weiß: es fließt Strom durch den Körper“, sagt Silke Wohnsdorf, Textilingenieurin bei Adresys. Die Elektroden sind über Leiter im Shirt  mit der elektronischen Datenverarbeitungseinheit verbunden.
 

Das System ist über Bluetooth mit dem Smartphone verbunden und kann den Unfall melden. So wird die letzte bekannte GPS-Position sowie die Unfalldaten an Einsatzkräfte weitergeleitet. In vielen Fällen kann das System den Stromkreis bei Berührung innerhalb von Millisekunden sogar unterbrechen. Verletzungen, Herzkammerflimmern oder eine Blutvergiftung können so minimiert oder gar verhindert werden. Im Juni 2021 soll das Shirt auf den Markt kommen.

Kein Austausch

Laut Wohnsdorf gebe es neben dem enormen Potenzial smarter Textilien auch noch große Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich des Fertigungsprozesses. „Wie können wir Technologien oder die Funktionalität der Komponenten optimieren, dass sie auch ohne viel Handarbeit integriert werden können? Es gibt derzeit kaum ein Produkt, dass funktional, leistbar, waschbar, langlebig und gut ist. So weit sind wir noch nicht“, sagt die Expertin.

Viele Akteure  würden Forschungsergebnisse zudem nicht miteinander teilen. Überhaupt könnte die bessere Vernetzung von Betrieben in dem noch jungen Marktumfeld dafür sorgen, dass das Innovationspotenzial in Österreich noch besser ausgeschöpft werden kann.

Smarte Bettwäsche

Das von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützte Projekt Sweat-Tex setzt genau hier an. Es vernetzt Unternehmen und Forschungsinstitute aus den Bereichen textiler Forschung und Produktion sowie Elektronik und Software. Ziel ist die Entwicklung von intelligenten textilen Schweißsensoren für den Pflege- und Sportbereich. Im Letzteren gibt die Analyse von Schweiß wertvolle Hinweise auf die Kondition und den Zustand des Sportlers. Das ermöglicht eine gezieltere und effizientere Leistungsdiagnostik.

Im Pflegebereich sollen die Sensoren eine normalerweise nicht kontrollierbare Dehydrierung bei Pflegebedürftigen erkennen, sodass sie umgehend mit Flüssigkeit versorgt werden können. „Wir bauen bei dem System auf die Pflegeerfahrung auf, die wir bislang gemacht haben“, sagt Thomas Fröis, Geschäftsführer vom Vorarlberger Unternehmen Texible.

Dessen smarte Betteinlage Wisbi, die aus leitfähigen Garnen und Elektroden besteht, ist bereits seit Längerem im Pflegebereich im Einsatz. Sie nimmt Veränderungen auf der Oberfläche wahr, etwa bei Inkontinenz. Die Betteinlage gibt automatisch einen Alarm über die dazugehörige App ab, wenn sich eine betreute Person auf einer nassen Unterlage befindet oder das Bett verlässt. So kann sie richtig versorgt und die Sturzgefahr minimiert werden.

Ob das neue Sweat-Tex-Produkt in Wisbi integriert oder als T-Shirt, Socke oder  Armband entwickelt werden soll,  sei laut Fröis  noch offen. Marktreif soll es aber spätestens Ende 2022 sein.

Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung der Forschungsförderungsgesellschaft  (FFG).

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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