
Koronaler Regen
Bahnbrechende Technik zeigt Regen auf der Sonne so detailliert wie noch nie
Die Korona ist die äußerste Schicht der Atmosphäre der Sonne. Mit freiem Auge kann man sie nur bei einer totalen Sonnenfinsternis sehen.
Auch mit speziellen Teleskopen ist es schwer, die Korona zu untersuchen. Denn Turbolenzen in der Erdatmosphäre lassen die Bilder unscharf werden. Jetzt ist US-Forschern aber eine bahnbrechende Entwicklung gelungen, die das ändert, berichtet eurekalert.org.
Dabei handelt es sich um ein eine adaptive Optik-Technologie. Diese wurde beim 1,6 Meter Goode Solar Teleskop (GST) installiert. Das neue System kompensiert die Unschärfe, die durch die Luft-Turbolenzen der Erde entstehen.
Koronaler Regen
Dadurch werden neue Details sichtbar, die die Forscher in Bildern und kurzen Videos herzeigen. Eines zeigt etwa die turbulenten, internen Flüsse eine Protuberanz (Materiestrom auf der Sonne).
Ein anderes zeigt die feinen Fäden eines koronalen Regens. Bei diesem Phänomen steigt das Plasma auf, kühlt dabei ab, kondensiert und fällt zurück zur Oberfläche der Sonne. Durch das neue optische System ist dieser Regen so detailliert sichtbar wie noch nie zuvor.

Koronaler Regen
© Schmidt et al./NJIT/NSO/AURA/NSF
„Regentropfen in der Korona können enger als 20 km sein“, sagt Thomas Schad, Astronom des NSO (National Solar Observatory): „Diese unbezahlbaren Einblicke sind unerlässlich, um Computer-Modelle der koronalen Prozesse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.“
Protuberanz



3 Bilder
2.200 Anpassungen pro Sekunde
Um diesen bisher unerreichbaren Detailgrad zu erzielen, nutzt das System einen Spiegel, der die Turbolenzen der Erdatmosphäre ausgleicht. Dazu passt er sich selbstständig 2.200-mal pro Sekunde an. „Das System ist wie ein aufgepumpter Autofokus und Bildstabilisator deiner Smartphone-Kamera. Aber anstatt deine wackeligen Hände auszugleichen, gleicht es die Luftbewegungen der Atmosphäre aus“, erklärt Nicolas Gorceix, Chef-Beobachter des BBSO (Big Bear Solar Observatory).

Das neue adaptive optische System
© Schmidt et al./NJIT/NSO/AURA/NSF
Adaptive Optiken werden seit den frühen 2000er-Jahren in großen Sonnenteleskopen eingesetzt, damit diese das theoretische Limit ihre Auflösung erreichen können. Dennoch konnte mit diesen bisher nur begrenzt die Korona beobachtet werden – die Auflösung stagnierte bei etwa 1.000 Kilometer pro Pixel. Mit dem neuen System wird hingegen eine Auflösung von 63 Kilometer erreicht, was dem theoretischen Limit des Goode Solar Teleskops entspricht.
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„Diese Technologie ist ein Game Changer. Es gibt viel zu entdecken, wenn du deine Auflösung um den Faktor 10 verbesserst“, freut sich Dirk Schmidt vom NSO, der die Entwicklung des Systems geleitet hat. Im nächsten Schritt will das Forscher-Team das neue System beim Inouye Solar Teleskop in Hawaii installieren. Mit 4 Metern Durchmesser ist es das größte Sonnenteleskop der Welt und mit dem neuen System wird es noch mehr Details der Korona sichtbar machen.
Sonnenstürme besser vorhersagen
Die Forscher gehen davon aus, dass das neue System auf kurz oder lang bei allen Sonnenteleskopen auf der Erde installiert wird. Philip R. Goode, Co-Autor der Studie zu dem System und ehemaliger BBSO-Direktor, nennt es den Beginn einer neuen Ära der Sonnenphysik. Durch die verbesserte Beobachtung könnten physikalische Vorgänge der Sonne entschlüsselt werden, die wir Menschen bis heute nicht verstehen.
So wird etwa die Korona mehrere Millionen Grad heiß, was deutlich heißer als die Oberfläche der Sonne ist. Warum das so ist, ist bis heute nicht geklärt. Forscher glauben, dass sie das Rätsel lösen können, wenn sie ein anderes Sonnen-Rätsel entschlüsseln. Dabei handelt es sich um kühleres Sonnenplasma, das während einer Sonnenfinsternis rötlich-pink erscheint.

Pinkes Plasma bei einer Sonnenfinsternis
© NASA
Werden diese Rätsel gelöst, soll es laut Wissenschaftern einfacher werden, Sonneneruptionen und Masseauswürfe vorherzusagen. Diese sind dafür verantwortlich, dass es auf der Erde zu Sonnenstürmen kommen kann. Sonnenstürme können die Kommunikation lahmlegen und sogar Satelliten abstürzen lassen.
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