Vibrierender Anzug lässt Gehörlose Musik fühlen
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Gehörlose oder schwerhörige Personen erleben Live-Musik wenn überhaupt nur über Gebärdensprache. Manche Konzerte werden übersetzt, ansonsten bleibt betroffenen Personen nur das Fühlen der Vibrationen, die aus den Lautsprechern kommen, um den Rhythmus der Musik wahrzunehmen.
Diesen Umstand möchte das Lincoln Center for the Performing Arts ändern. Das New Yorker Veranstaltungszentrum hat einen vibrierenden Anzug entwickelt, der die Klänge für Gehörlose und Schwerhörige spürbar macht. Kürzlich hat das Lincoln Center eine Silent Disco veranstaltet, bei der die Anzüge im großen Stil eingesetzt wurden, wie NPR berichtet.
"Davor hielten sie Luftballons in der Hand, um die Vibrationen mit den Fingern zu spüren, oder sie gingen barfuß und drehten die Lautsprecher in Richtung Boden", so Daniel Belquer, Sprecher des Lincoln Center, über die Einschränkungen, die Gehörlose bei Live-Konzerten erfahren. "Das können wir besser machen."
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Musik fühlen statt hören
Der Anzug verfügt über 24 vibrierende Platten. 20 davon sind auf einer Weste angebracht, die wie ein Rucksack eng um den Oberkörper geschnallt wird, die übrigen Platten befinden sich an Hand- und Fußgelenken. "Es war ein bisschen schwieriger, als ich erwartet hatte", sagt Belquer in Bezug auf die Entwicklung der Anzüge. Über ein Jahr feilte er gemeinsam mit dem Elektronikunternehmen Avnet an den Vorrichtungen.
Die Anzüge übertragen dabei nicht nur die Bässe der Musik, sondern bieten auch ergänzende haptische Reize, die die Klänge unterstreichen sollen. Die Vibrationen werden von einem "Haptic DJ", im Vorfeld und während des Konzerts gemischt. Er oder sie steuert Ort, Frequenz und Intensität der Vibrationen an den Anzügen.
"Wir [...] können auswählen und mischen, was wir wollen, und es an verschiedene Teile des Körpers senden", sagt Paddy Hanlon - jener DJ, der im Lincoln Center die Silent Disco veranstaltete.
"Behinderung ist der Mittelpunkt der Party"
Die Anzüge konnten im Zuge der Silent Disco von sämtlichen Personen, ob gehörlos oder nicht, getestet werden. "Es ist cool, weil ich mir nie ganz sicher bin, ob ich das höre, was andere Leute hören", sagt Lily Lipman. Die Besucherin der Silent Disco leidet an einer auditiven Wahrnehmungsstörung. "Es ist erstaunlich, diese Feinheiten in meinem Körper zu spüren".
Es ist wichtig, dass Menschen wie Lipman gesehen und anerkannt werden, sagt Kevin Gotkin, einer der DJs des Abends und Kurator für Veranstaltungen zum Thema Behindertenkunst im Lincoln Center. "Dies ist eine Chance für uns, zusammen zu sein und Zugang zu erleben, der künstlerisch in eine Party integriert ist und nicht als eine Art Compliance-Sache", so Gotkin. "Behinderung ist der Mittelpunkt der Party."
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