Warum man das Handy immer noch täglich laden muss
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Mit einer Akku-Ladung 1.000 Kilometer mit dem Elektroauto fahren. Das Handy eine Woche lang nicht anstecken müssen. Solche und ähnliche Meldungen aus den Forschungslaboren der Welt machen uns in regelmäßigen Abständen den Mund wässrig. Im Alltag zeigt sich das eigene Smartphone von derartigen Versprechungen freilich unbeeindruckt. Verlässlich steuert es im Laufe des Tages auf das rote Batteriesymbol und alarmierend niedrige Prozentzahlen zu.
Dass die Fortschritte bei Lithium-Ionen-Akkus in den vergangenen Jahren überschaubar geblieben sind, ist Forschern zufolge aber ein falscher Eindruck. „Allein in den letzten Jahren hat sich die volumetrische Ausbeute drastisch erhöht“, sagt Batterieforscherin Katja Fröhlich vom Austrian Institute of Technology (AIT) zur futurezone. So habe der erste in einer Sony-Kamera verbaute Akku im Jahr 1991 etwa nur ein Viertel der Kapazität besessen, die Handy-Akkus mit vergleichbaren Abmessungen heute aufweisen.
Enorme Anforderungen
Dass das Handy dennoch am Ende des Tages leer ist, hat andere Gründe. Immer flachere und kompaktere Geräte bedingen, dass auch der Platz für die Batterie knapper wird. Nicht zuletzt deswegen sind die Hersteller dazu übergegangen, Akkus fix im Gehäuse zu verbauen und so Platz durch die nicht benötigte Einfassung und Anschlusselemente zu sparen.
Dazu kommt, dass große, hochauflösende Bildschirme, aber auch Apps, die ständig mit dem Internet verbunden sind und sich im Hintergrund aktualisieren, viel mehr Energie brauchen als die simpel gestrickte Handysoftware von vor zehn Jahren.
Nickel statt Cobalt
Experimentiert wird aber weiterhin viel – vor allem was das Innenleben der Batterie betrifft. Das neben Lithium enthaltene Schwermetall Cobalt, das größtenteils in Krisenregionen wie dem Kongo abgebaut wird, wird sukzessive durch Mangan und vor allem Nickel ersetzt. Neben Feststoffbatterien auf Lithium-Basis könnten künftig auch Natrium, Schwefel, Magnesium oder sogar Sauerstoff zum Einsatz kommen.
Und auch in der Produktion, etwa der Verarbeitung des aktiven Materials in der Batteriezelle, gibt es bei Lithium-Ionen-Batterien noch Luft nach oben, ist AIT-Forscherin Fröhlich überzeugt: „Von der theoretisch möglichen Energiedichte des Materials kann im verbauten Akku momentan nur ein Viertel ausgeschöpft werden. Hier sind – natürlich physikalisch begrenzt – noch Optimierungen möglich.“
Kein Wunderakku in Sicht
Dass moderate Effizienzsteigerungen gegenüber den spektakulären Meldungen über neue Akkuwundertechnologien unterzugehen drohen, liegt auf der Hand. Batterieforscher Markus Hagen vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT warnt im futurezone-Gespräch, derartige Forschungserfolge überzubewerten. Denn kommunzierte Durchbrüche würden sich meist nur auf einen Teilbereich und weniger auf das Gesamtsystem beziehen.
"Es gibt so viele Anforderungen, die eine Batterie erfüllen muss. Wenn man eine Eigenschaft verbessert, verschlechtert sich leider meist eine andere. Neben der Kapazität und der Leistung spielen die Sicherheit, aber auch die Produktionskosten und die Lebensdauer eine wichtige Rolle", sagt Hagen. Überlegungen, die aus dem Kohlenstoff Grafit bestehende Anode durch reines Lithium zu ersetzen und dadurch eine Hochenergiezelle zu schaffen, seien spannend.
"Aber was bringt es, wenn dadurch die Lebensdauer sinkt und die Batterie viel schneller getauscht werden muss. Oder die Produktionskosten durch das verwendete Material in die Höhe schießen. Es geht immer um das Gesamtsystem. Und hier ist der Lithium-Ionen-Akku – natürlich auch aufgrund der fortgeschrittenen Marktreife – im Moment einfach das beste und verlässlichste System und wird es wohl auch die nächsten zehn Jahre bleiben“, ist Hagen überzeugt.
Welche Batterietechnologie den Lithium-Ionen-Akku in Zukunft ablösen könnte, lest ihr im 1. Teil der Mini-Serie auf futurezone.at
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