Warum sollen Kinder Programmieren lernen?
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Ferienzeit ist Coder-Zeit. Vielerorts werden Workshops und Camps für Kinder und Jugendliche angeboten, in denen auf spielerische Weise ans Programmieren und Entwickeln von Apps herangeführt wird. Auch in Schulen kommen junge Menschen immer öfter mit externen Initiativen und Wettbewerben in Berührung. Doch wie sinnvoll sind solche Workshops überhaupt?
Warum sollen Kinder Programmieren lernen?
„Programmieren bzw. das dafür notwendige informatische Denken ist eine Kulturtechnik wie Lesen, Schreiben oder Rechnen. Das sollten alle lernen, ganz besonders Kinder und Jugendliche“, sagt Ronald Bieber von der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG). Dabei gehe es darum, komplexe Probleme zu analysieren und in Teilaspekte aufzuteilen, die jeweils für sich gelöst werden müssen. „Wer problemlösungsorientiertes Denken beherrscht, hat in vielen Berufen abseits der Computer- und Software-Branche klare Vorteile.“
Welches Alter eignet sich, um erste Schritte zu tun?
Im Lehrplan ist die „Digitale Grundausbildung“ für 10- bis 14-Jährige verankert. Experten und Pädagogen raten aber dazu, schon in der Volksschule, ab der zweiten oder dritten Klasse, damit anzufangen. Auch Wettbewerbe wie der „Biber der Informatik“, bei dem zuletzt 33.000 Schülerinnen und Schüler von 8 bis 18 Jahren mitgemacht haben, richten sich an Schüler ab diesem Alter.
Hängen Kinder dann nur mehr am Handy und Computer?
„Kinder wachsen von klein auf mit digitalen Geräten auf und kommen mit diesen auch gut zurecht. Gleichzeitig haben sie aber keinen blassen Schimmer, wie die Hardware, aber auch Programme funktionieren“, sagt Medienpädagogin Barbara Buchegger von Saferinternet.at. „Wenn ich durchschaue, wie ein Spiel konzipiert ist, das mich verleitet wiederholt zum Handy zu greifen, kann ich mich dem eher widersetzen. Oder zumindest bewusst die Entscheidung treffen, dass ich mich von diesen Mechanismen verführen lasse.“
Welche Rolle soll die Schule spielen?
„Es spricht zwar nichts dagegen, wenn Programmieren in den Freizeitbereich ausgelagert wird, zumal es auch Eigeninitiative von Kindern und Jugendlichen benötigt. Gleichzeitig ist es unbefriedigend, wenn nur jene solche Fähigkeiten erlernen können, deren Eltern sich die teils teuren Kurse leisten können. Alle sollten Zugang zu diesen Skills bekommen. Und das kann flächendeckend wohl nur über die Schule erreicht werden“, sagt Buchegger.
Sind die Schulen darauf vorbereitet?
Laut Ansicht der Experten sind die meisten Lehrpersonen mit Programmieren und Informatik überfordert – egal, ob jung oder alt. "Die jungen Lehrenden, die mit digitalen Medien aufgewachsen sind, haben diesbezüglich keinen Vorteil. Denn auch sie haben, wie die meisten Kinder und Jugendliche, keine Ahnung, wie Geräte funktionieren. Oftmals gibt es da sogar Ältere, die irgendwann mal eine Grafikkarte oder eine Festplatte in ihrem Computer ausgebaut und getauscht haben", berichtet Buchegger von ihren Erfahrungen aus dem Schulalltag.
Bieber plädiert dafür, dass moderne Informatik Teil der Grundausbildung werden soll und verweist auf die Schweiz. Diese schreibe mit dem sogenannten Lehrplan 21 dem Informatikunterricht eine weitaus wichtigere Rolle zu als der Lehrplan in Österreich, wo die "Digitale Grundausbildung" erst seit vergangenem Schuljahr in der Sekundarstufe I (AHS-Unterstufe und Neue Mittelschule) für 10- bis 14-Jährige verpflichtend eingeführt wurde.
Wie ist der Zugang von Mädchen und Burschen?
„Wie die Wettbewerbe zeigen, machen bis 14 Jahre genauso viele Mädchen wie Burschen mit, wobei die Mädchen oft sogar besser abschneiden. Wenn man jene für Technikberufe gewinnen könnte, wären einige Arbeitsmarktprobleme – Stichwort Fachkräftemangel – gelöst“, spricht sich Bieber für ein moderneres Rollenbild aus.
Auch Buchegger bestätigt diese Beobachtung. "Bis zur Pubertät sind Mädchen und Buben ähnlich interessiert oder nicht-interessiert an dem Thema. Danach gilt es bei Mädchen als weniger cool. Wir müssen diese mit dem Thema noch stärker im Alltag abholen."
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