Windenergie ist zwar CO2-neutral, kann aber chemische Belastungen für die Umwelt bedeuten (Symbolbild).
Windparks können Chemikalien ins Meer abgeben
Offshore-Windanlagen ermöglichen die Erzeugung erneuerbarer Energie in großem Maßstab und bieten nebenbei noch Vorteile für das Ökosystem im Meer: So können sich an den Strukturen künstliche Riffe bilden und sich die Bestände vieler Arten erholen, weil Fischerei in der Umgebung oftmals nicht erlaubt ist.
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Doch sie haben auch Nachteile, die teilweise noch nicht genau erforscht sind. Das deutsche Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat deshalb gemeinsam mit seiner französischen und belgischen Partnerbehörde die chemische Belastung untersucht, die von Offshore-Windrädern ausgeht. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Marine Pollution Bulletin vorgestellt.
228 Verbindungen festgestellt
Das Forschungsteam hat die Ergebnisse von 51 Studien und Datenblättern zur Chemikalien-Freisetzung in Windparks aus insgesamt 20 Jahren zusammengetragen. Dabei identifizierten sie 228 chemische Verbindungen, die möglicherweise von Offshore-Anlagen in die Umwelt gelangen.
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64 Prozent davon waren organisch, 19 Prozent anorganisch, dazu kamen komplexe Mischungen. 62 der gefundenen chemischen Verbindungen gelten als besonders umweltrelevant. Sie sind potenziell toxisch, hormonell wirksam oder krebserregend, oder können sich anreichern.
Verbreitung in Luft, Wasser, Boden und Nahrungsketten
Volatile Stoffe wie das Lösungsmittel Tolulol gelangen in die Luft und können dann über weite Strecken transportiert werden. Metalle könnten sich direkt im Wasser auflösen und von Strömungen weit verteilt werden.
Partikel mit hoher Dichte, wie sie etwa in Beschichtungen eingesetzt werden, können zum Meeresgrund sinken und sich dort anreichern. Und besonders beständige Substanzen, etwa PFAS (Ewigkeitschemikalien) können sich in der Nahrungskette anreichern.
Beschichtungen und Schmierstoffe
Der Großteil, nämlich 58 Prozent der freigesetzten Stoffe stammt demnach aus Beschichtungen. Diese sind unter den aggressiven Bedingungen auf See sehr wichtig, um Stahl vor Korrosion zu schützen.
Schmierstoffe gelangen vor allem beim Bau und bei Instandhaltungsarbeiten der Offshore-Windparks in die Umwelt. Löschmittel, Diesel und Abwasser von bemannten Plattformen bilden weitere Schadstoff-Quellen.
Einheitliche Regelungen gefordert
Die Forscherinnen und Forscher fordern eine systematische Überwachung der Umgebung von Offshore-Windrädern auf Chemikalien. „Um zuverlässige Daten zu diesen potenziell freigesetzten Stoffen zu erhalten, benötigen wir modernste Analysemethoden, die sehr niedrige Nachweisgrenzen erreichen“, sagt Co-Autor Pablo Zapata Corella in einer Aussendung.
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Möglich wäre, die Konzentration besonders heikler Stoffe vor dem Bau und während des Betriebs zu messen, um etwaige Veränderungen aufzuzeichnen. Wichtig seien auch einheitliche Regelungen zum Einsatz bestimmter Stoffe. Anders als in der Schifffahrt, wo umweltfreundlichere Alternativen vorgeschrieben seien, gebe es für Offshore-Windparks noch keine branchenspezifischen Standards.
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