So werden Schneekanonen umweltfreundlicher
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Kaum ein Schigebiet kommt ohne künstliche Beschneiung aus. Der Saisonbeginn Anfang Dezember, die Weihnachtsgäste, die lange Saison, es sei alles exakt getimed, sagt Michael Warscher: "Man kann es sich eigentlich nicht mehr leisten, nur mit Naturschnee auszukommen."
Gemeinsam mit Florian Hanzer und Ulrich Strasser hat der Wissenschaftler das Start-up lumiosys gegründet und die Software Schneeprophet entwickelt, die Beschneiungsvorhersagen simuliert und Schigebieten so hilft, Energie und Wasser zu sparen.
Enormer Ressourcenverbrauch
Der Ressourcenverbrauch bei der künstlichen Beschneiung ist groß. Eine Schneekanone benötige im Betrieb bis zu 30 kW. In einem großen Schigebiet gebe es über 1.000 Schneeerzeuger, rechnet lumiosys-Mitgründer Hanzer vor: "Es sind enorme Mengen an Energie, die da reinfließen."
Wie viel Strom kann mit der Software eingespart werden? Viele Schigebiete seien für Einsparungen beim Ressourcenverbrauch bereits sensibilisiert und würden sich viel Mühe geben, nicht zu viel zu beschneien, meint der Gründer. Mit der Software seien dann immer noch Einsparungen zwischen 5 und 10 Prozent realistisch, in manchen Fällen sogar bis zu 40 Prozent.
Wie funktioniert das Programm?
Neben Wetterprognosen und Klimadaten werden für die Vorhersagen Daten aus den Schigebieten, etwa Schneehöhenmessungen, herangezogen. Kund*innen des Start-ups können über ein Webinterface Daten zur Schneedecke abrufen und einzelne Punkte auf den Pisten anklicken und sehen, wie sich die Schneedecke, je nach Beschneiungsstrategie, in den nächsten 15 Tagen entwickeln wird.
Angegeben werde auch, wie sich die unterschiedlichen Szenarien auf den Energie- und Wasserverbrauch auswirken, sagt Hanzer: "So können sie die jeweils optimale Beschneiungsstrategie identifizieren."
Mit der Software können die Strategien auch für die Vergangenheit berechnet werden, sagt Warscher: "Wir können simulieren, wie der Schnee auf der Piste in der vergangenen Saison gewesen wäre, wenn man etwa gar nicht oder nur die Hälfte beschneit hätte."
Piloteinsatz
Im vergangenen Winter kam die Software in 2 Schigebieten - im Vorarlberger Gargellen und im Tiroler Lienz - bei Pilotprojekten zum Einsatz. "Wir haben gemeinsam mit den Schigebieten die Benutzeroberfläche entwickelt und optimiert", erzählt Hanzer: "Jetzt sind wir so weit, dass wir auf den Markt gehen können." Die Preise für die Software beginnen bei einem „fünfstelligen Jahresbetrag“ und skalieren je nach Größe des Schigebiets.
Aus Forschungsprojekten hervorgegangen
Hervorgegangen ist die Prognosesoftware aus einem Forschungsprojekt der Universität Innsbruck, bei dem Klimawandelszenarien durchgespielt und entsprechende Entwicklungen der Schneedecke bis 2050 simuliert wurden.
"Wir kamen auf die Idee, dass man nicht nur den Naturschnee, sondern auch die technische Beschneiung und das Schigebietsmangament mitsimuliert", erzählt Hanzer. Ein weiteres Forschungsprojekt, das saisonale Prognosen für Schigebiete zum Thema hatte, führte schließlich zur Überlegung, ein solches Vorhersagesystem nicht nur der Forschung, sondern auch den Skigebieten zur Verfügung zu stellen.
Anfang 2021 wurde das Start-up schließlich gegründet. Finanziert wurde das Spin-off der Uni Innsbruck unter anderem aus Förderungen der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws). Investor*innen suche man vorerst nicht, sagt Warscher: "Unser Plan ist es, zunächst einmal organisch zu wachsen."
Bedingt durch die Klimakrise und die durch den Krieg in der Ukraine stark steigenden Energiekosten, sei die Nachfrage nach solchen Lösungen groß, sagen die Gründer. Vorerst wollen sie sich beim Vertrieb ihrer Lösung auf den deutschsprachigen Alpenraum konzentrieren. Neben heimischen Schigebieten sei mam auch mit Betreibern in der Schweiz, Südtirol und Bayern in Gesprächen.
In der kommenden Wintersaison soll die Lösung bereits in 3 bis 5 Schigebieten zum Einsatz kommen. Pro Jahr sollen 5 weitere dazukommen. "Uns ist wichtig, dass wir ehrliche Nachhaltigkeit betreiben und nicht auf Teufel komm raus ein Riesenwachstum hinlegen", meint Warscher: "Wir wollen vernünftig beratend und wirklich sinnvoll mit den Schigebieten zusammenarbeiten."
Zahlen
15.000 kWh bis 20.000 kWh
beträgt laut Schätzungen der jährliche Energieverbrauch pro Hektar künstlich beschneiter Piste
23.700 Hektar
Pistenfläche gibt es in Österreich insgesamt
70 bis 75 Prozent
davon werden regelmäßig künstlich beschneit
55.000 bis 80.000 Haushalte
mit einem Durchschnittsverbrauch von 4.500 kWh könnten mit dem für die Beschneiung aufgewandten Strom ein Jahr lang versorgt werden
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).
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