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Start-ups

Start-up entwickelt neuartige Windräder für das Gebirge

Um die Klimaziele zu erreichen müssten in Österreich bis 2030 1.000 bis 1.500 zusätzliche Windräder aufgestellt werden, sagt Philip Krammer. Gebiete, in denen gute Verhältnisse für die Gewinnung von Windenergie vorherrschen, seien aber schon weitgehend verbaut. Einen wesentlichen Beitrag könnten Bergregionen liefern, die heute noch kaum für die Gewinnung von Windstrom genutzt würden, sagt der Gründer. Sein Start-up Terawind arbeitet an Anlagen, mit denen solche komplexen Gebiete für die Windkraft erschlossen werden könnten.

Die Windräder von Terawind sollen mit kleineren Rotordurchmessern als herkömmliche Anlagen ausgeführt werden. Um die geringere Größe auszugleichen werden aber auch Winde mit höheren Windgeschwindigkeiten vollständig in nutzbare Energie umgewandelt. Die Energieumwandlung erfolgt hydraulisch-elektrisch. "Der Windkraftanlage wird in der Lage sein, Strom direkt in das Netz einzuspeisen sowie anteilsmäßig Energie in Langzeit-Energiespeicher zu speichern ", erläutert Krammer, der Flugzeugbau in Hamburg studierte und am University College London in Energiewirtschaft (Energy Economics) promoviert hat.

Geringere Montagekosten

Je nach Topografie können mehrere Rotoren miteinander systemisch verbunden werden und einen Energiespeicher gemeinsam bedienen. Durch die geringere Größe der Anlagen könnten nicht nur die Kosten für Transport und Montage gesenkt werden, die Windräder seien auch nicht anfällig für Turbulenzen.

Die im Gebirge häufig auftretenden Windböen könnten mit der Technik des Start-ups in Energie umgewandelt werden, erklärt Krammer: "Konventionelle Anlagen können das nicht, weil sie zu träge sind und mit einer konstanten Drehzahl laufen. Bei uns beschleunigt der Rotor kurzzeitig und wandelt das Potenzial in Energie um."

Terawind-Gründer Philip Krammer

Das Start-up will auch den Dual-Rotor, der in den Anlagen zum Einsatz kommt, aerodynamisch optimieren und damit die Kapazität weiter erhöhen. „Das Gesamtkonzept aus höherer Leistungserbringung aus Starkwinden und Langzeit-Energiespeicherung lässt auf eine preiswerte Grundlastversorgung aus Windenergie hoffen“, sagt Krammer.

Um Vögel zu schützen, sollen die Windräder mit Sensoren und künstlicher Intelligenz ausgestattet werden. "Ein Algorithmus erkennt, wenn ein Vogel auf den Rotor zufliegt und stoppt ihn", sagt Krammer. Damit die Stromzufuhr dadurch nicht unterbrochen wird, soll der in die Anlage integrierter Energiespeicher den Generator weiter betreiben.

"Nordsee im Gebirge"

Die Alpenregion sei vom Windenergie-Potenzial durchaus mit der Nordsee vergleichbar, meint der Gründer. Im Gebirge, etwa am Hochschwab, sei die Leistungsdichte mit 600 Watt pro Quadratmeter (bezogen auf die Rotorfläche) fast so hoch wie an der Nordsee (750 Watt/m2). Krammer: "Bei uns ist die Nordsee im Gebirge."

Zum Einsatz kommen könnten die Anlagen des Start-ups aber auch in Gegenden mit starken Fallwinden. Als Beispiele nennt Krammer Gebiete in Kroatien, in denen die Bora weht, oder Gegenden in Frankreich, in denen der Mistral bläst. "Das sind alles Gebiete mit sehr hohem Windenergiepotenzial, die für die Windenergieerzeugung bisher jedoch kaum genutzt werden."

Erste Prototypen in Arbeit

Derzeit arbeitet das Start-up, das von der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) im Rahmen des Förderprogramms aws Seedfinancing unterstützt wird, an Prototypen in kleinerem Maßstab für seine Windkraftanlagen. In zwei Jahren könnte der erste maßstabgetreue Prototyp in einer österreichischen Bergregion erprobt werden, sagt Krammer. Auf den Markt kommen sollen die ersten Windräder des Start-ups voraussichtlich 2025.

Windkraft in Österreich

1359 Windräder sollten laut Prognosen des Branchenverbandes IG Windkraft bis Ende 2021 in Österreich stehen. Wie viele es genau sind, lässt sich nicht sagen, weil derzeit noch intensiv an einigen gebaut wird.

3396 Megawatt soll die Gesamtleistung dieser Anlagen betragen.

141 Meter beträgt der durchschnittliche Rotordurchmesser. Der Wert steigt kontinuierlich an.

Prognose

In den nächsten zweieinhalb Jahren sollten viele weitere Anlagen entstehen. Danach ist aufgrund von Förderbestimmungen eine Lücke zu erwarten. Die Branche hofft darauf, dass das Erneuerbare-Ausbau-Gesetz ab Sommer 2022 wirksam wird und Baupläne fixiert werden können.

Smartes Laden

Digitale Lösungen für den Stromhandel auf dem durch Anbieter erneuerbarer Energien wie Windkraft oder Photovoltaik immer kleinteiliger werdenden Strommarkt bietet das Wiener Start-up enspired. Die vollautomatisierte Handelslösung des jungen Unternehmens ermöglicht Firmen überschüssige Energie kurzfristig zu verkaufen und zu kaufen und so Preisschwankungen für sich zu nutzen.

Charging point for electric car

Davon können auch Elektroautobesitzer profitieren. Etwa wenn sie ihre Autos dann aufladen, wenn zuviel Strom im Netz ist. Dann seien auch die Preise günstiger, sagt enspired-Gründer Jürgen Mayerhofer. An entsprechenden Lademanagement-Lösungen arbeitet das Start-up bereits gemeinsam mit dem Ladestationenbetreiber has.to.be und war damit auch für den futurezone Award nominiert.

Die Pläne des Start-ups gehen aber noch weiter. Künftig sollen Ladestationen und Elektroautos auch zum "virtuellen Kraftwerk" werden. Dann sollen die Fahrzeuge nicht nur intelligent ge-, sondern auch entladen werden, können um kurzfristig Energie zur Verfügung zu stellen und Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Das trage zur Stabilität im Stromnetz bei und senke die Ladekosten weiter, sagt Mayerhofer.

Batterietest für E-Autos

Auf die Bewertung des Zustands von Akkus für Elektroautos hat sich das Start-up Aviloo aus Wiener Neudorf spezialisiert. Mit seiner Lösung, die heuer fertig entwickelt wurde, will das 2018 gegründete Unternehmen Elektroautos für den Gebrauchtwagenmarkt attraktiv machen.

E-Auto-Fahrer*innen schließen dabei eine Box des Start-ups an der OBD-Schnittstelle ihres Autos an. Die Daten zum Akkustand werden dann automatisch ausgelesen. Um den Zustand des Akkus diagnostizieren zu können, müsse er innerhalb einer Woche von 100 auf 10 Prozent entladen werden, sagt Aviloo-CEO Wolfgang Berger.

Aviloo-Gründer: Marcus Berger, Nikolaus Mayerhofer und Wolfgang Berger

Der Test, der 99 Euro kostet, kommt unter anderem bereits beim ÖAMTC und beim Automobilclub der Schweiz (ACS) zum Einsatz. Auf Know-how und Testdaten des Start-ups, die dazu beitragen Akkus zu optimieren, greifen auch große Batteriezellenhersteller, darunter LG zu.

Vor kurzem konnte sich Aviloo über die Crowdinvestmentplattform Green Rocket ein Investement von 1,25 Millionen Euro sichern. Eine weitere Finanzierungsrunde ist in Vorbereitung. Mit dem Geld soll die Internationalisierung vorangetrieben werden. Schon bald soll die Lösung des niederösterreichischen Start-ups auch in Deutschland, den Niederlanden, Norwegen und Schweden erhältlich sein. Berger: "Wir stehen kurz vor dem internationalen Markteintritt."

Förderung für Green Techs

Unterstützt werden Terawind, Enspired und Aviloo von Austria Wirtschaftsservice (aws).

Seit Februar bietet die Förderbank im Rahmen ihres Programms aws Seedfinancing mit Green Seedfinancing einen neuen Schwerpunkt an, um junge Unternehmen mit Fokus auf Klimaschutztechnologien zu fördern. Dabei stehen jährlich zusätzlich 5 Millionen Euro für Start-ups aus dem Green-Tech-Bereich zur Verfügung.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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